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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783.

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nicht recht verstanden, und er habe vielleicht
nicht den Nußbaum gemeynt, den er ange-
griffen. Das kann wohl seyn, sagte der
Pfarrer: -- Und der Kalberleder -- ich will
ihn doch, eh' ich ihn vollends umhaue, noch
einmal fragen.

Du thust ihm recht, sagte der Pfarrer,
merkte aber doch, daß etwas krummes um
den Weg war.

Die Vorgesezten aber wunderten gar sehr,
wie es mit diesem Vorhaben gehe, und stuhn-
den mit Ungeduld wartend hinter den Häu-
sern und Zäunen, wo man gegen dem Pfarr-
haus sieht; Der Spekmolch kroch sogar mit
seinem großen Bauch über Garben und Heu-
stok unter das Dachloch, um von da hinun-
ter zu sehen, wie es dem Kalberleder gehe,
und wenn er wieder heimkäme. Aber die
hinter den Heken, und der unter dem Tag-
loch wurden übel getröstet, da sie sahen, wie
er den Kopf hängte, und die Hände lam-
pen (fallen) ließ, als er wieder zum Pfarr-
haus hinaus gieng.

Sie eilten aber doch zu seinem Vater, den
Bericht ganz zu vernehmen; dieser wollte noch
dik thun, und zum voraus rühmen, was
sein Sohn ausgericht. -- Sie aber stopften
ihm das Maul, und schwuren zum voraus,
was er heimbringe, sey ein hinkender Bott.

Jhr
D 3

nicht recht verſtanden, und er habe vielleicht
nicht den Nußbaum gemeynt, den er ange-
griffen. Das kann wohl ſeyn, ſagte der
Pfarrer: — Und der Kalberleder — ich will
ihn doch, eh' ich ihn vollends umhaue, noch
einmal fragen.

Du thuſt ihm recht, ſagte der Pfarrer,
merkte aber doch, daß etwas krummes um
den Weg war.

Die Vorgeſezten aber wunderten gar ſehr,
wie es mit dieſem Vorhaben gehe, und ſtuhn-
den mit Ungeduld wartend hinter den Haͤu-
ſern und Zaͤunen, wo man gegen dem Pfarr-
haus ſieht; Der Spekmolch kroch ſogar mit
ſeinem großen Bauch uͤber Garben und Heu-
ſtok unter das Dachloch, um von da hinun-
ter zu ſehen, wie es dem Kalberleder gehe,
und wenn er wieder heimkaͤme. Aber die
hinter den Heken, und der unter dem Tag-
loch wurden uͤbel getroͤſtet, da ſie ſahen, wie
er den Kopf haͤngte, und die Haͤnde lam-
pen (fallen) ließ, als er wieder zum Pfarr-
haus hinaus gieng.

Sie eilten aber doch zu ſeinem Vater, den
Bericht ganz zu vernehmen; dieſer wollte noch
dik thun, und zum voraus ruͤhmen, was
ſein Sohn ausgericht. — Sie aber ſtopften
ihm das Maul, und ſchwuren zum voraus,
was er heimbringe, ſey ein hinkender Bott.

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[53/0071] nicht recht verſtanden, und er habe vielleicht nicht den Nußbaum gemeynt, den er ange- griffen. Das kann wohl ſeyn, ſagte der Pfarrer: — Und der Kalberleder — ich will ihn doch, eh' ich ihn vollends umhaue, noch einmal fragen. Du thuſt ihm recht, ſagte der Pfarrer, merkte aber doch, daß etwas krummes um den Weg war. Die Vorgeſezten aber wunderten gar ſehr, wie es mit dieſem Vorhaben gehe, und ſtuhn- den mit Ungeduld wartend hinter den Haͤu- ſern und Zaͤunen, wo man gegen dem Pfarr- haus ſieht; Der Spekmolch kroch ſogar mit ſeinem großen Bauch uͤber Garben und Heu- ſtok unter das Dachloch, um von da hinun- ter zu ſehen, wie es dem Kalberleder gehe, und wenn er wieder heimkaͤme. Aber die hinter den Heken, und der unter dem Tag- loch wurden uͤbel getroͤſtet, da ſie ſahen, wie er den Kopf haͤngte, und die Haͤnde lam- pen (fallen) ließ, als er wieder zum Pfarr- haus hinaus gieng. Sie eilten aber doch zu ſeinem Vater, den Bericht ganz zu vernehmen; dieſer wollte noch dik thun, und zum voraus ruͤhmen, was ſein Sohn ausgericht. — Sie aber ſtopften ihm das Maul, und ſchwuren zum voraus, was er heimbringe, ſey ein hinkender Bott. Jhr D 3

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Zitationshilfe: Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/71>, abgerufen am 23.11.2024.