Da brachte der Kienholz den Versammel- ten den Vorschlag vor, aber weil er Geld kostete, war nicht alles einer Meynung. Hie und da rief einer überlaut: Bey meiner Seele, ich gebe keinen Häller dran, und der Rabser sagte deutsch: Wenn er ihn vor sich zu Hunger sterben sähe, er gäb ihm kein Stük Brod: Aber man fuhr ihm übers Maul: Du Narr, du must das Stük Brod dir selber und nicht ihm geben -- sagte der Hügi, und der Kienholz sezte hinzu: Jhr Donnern, es merkt etwa ein Jeder, was auf uns wartet, wenn wir ihm das Maul nicht zuthun.
Man wird uns nicht alle hängen, erwie- derte der eisgraue Mooßbauer, ders mit dem Rabser hielte.
Wenn ihr allein wäret, ihr könntets un- serthalben probieren. -- Aber wir wollen nicht mithalten, sagten die andern.
Es ist da nichts anders, sagte der Hügi, wenns fehlt, sind dann die Großmäuler die ersten, die sich die Haar aus dem Kopf her- aus rauffen wollen.
Ja
§. 13. Ein Bauren-Rath.
Da brachte der Kienholz den Verſammel- ten den Vorſchlag vor, aber weil er Geld koſtete, war nicht alles einer Meynung. Hie und da rief einer uͤberlaut: Bey meiner Seele, ich gebe keinen Haͤller dran, und der Rabſer ſagte deutſch: Wenn er ihn vor ſich zu Hunger ſterben ſaͤhe, er gaͤb ihm kein Stuͤk Brod: Aber man fuhr ihm uͤbers Maul: Du Narr, du muſt das Stuͤk Brod dir ſelber und nicht ihm geben — ſagte der Huͤgi, und der Kienholz ſezte hinzu: Jhr Donnern, es merkt etwa ein Jeder, was auf uns wartet, wenn wir ihm das Maul nicht zuthun.
Man wird uns nicht alle haͤngen, erwie- derte der eisgraue Mooßbauer, ders mit dem Rabſer hielte.
Wenn ihr allein waͤret, ihr koͤnntets un- ſerthalben probieren. — Aber wir wollen nicht mithalten, ſagten die andern.
Es iſt da nichts anders, ſagte der Huͤgi, wenns fehlt, ſind dann die Großmaͤuler die erſten, die ſich die Haar aus dem Kopf her- aus rauffen wollen.
Ja
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0061"n="43"/><divn="2"><head>§. 13.<lb/>
Ein Bauren-Rath.</head><lb/><p><hirendition="#in">D</hi>a brachte der Kienholz den Verſammel-<lb/>
ten den Vorſchlag vor, aber weil er<lb/>
Geld koſtete, war nicht alles einer Meynung.<lb/>
Hie und da rief einer uͤberlaut: Bey meiner<lb/>
Seele, ich gebe keinen Haͤller dran, und<lb/>
der Rabſer ſagte deutſch: Wenn er ihn vor<lb/>ſich zu Hunger ſterben ſaͤhe, er gaͤb ihm kein<lb/>
Stuͤk Brod: Aber man fuhr ihm uͤbers<lb/>
Maul: Du Narr, du muſt das Stuͤk Brod<lb/>
dir ſelber und nicht ihm geben —ſagte der<lb/>
Huͤgi, und der Kienholz ſezte hinzu: Jhr<lb/>
Donnern, es merkt etwa ein Jeder, was<lb/>
auf uns wartet, wenn wir ihm das Maul<lb/>
nicht zuthun.</p><lb/><p>Man wird uns nicht alle haͤngen, erwie-<lb/>
derte der eisgraue Mooßbauer, ders mit<lb/>
dem Rabſer hielte.</p><lb/><p>Wenn ihr allein waͤret, ihr koͤnntets un-<lb/>ſerthalben probieren. — Aber wir wollen<lb/>
nicht mithalten, ſagten die andern.</p><lb/><p>Es iſt da nichts anders, ſagte der Huͤgi,<lb/>
wenns fehlt, ſind dann die Großmaͤuler die<lb/>
erſten, die ſich die Haar aus dem Kopf her-<lb/>
aus rauffen wollen.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Ja</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[43/0061]
§. 13.
Ein Bauren-Rath.
Da brachte der Kienholz den Verſammel-
ten den Vorſchlag vor, aber weil er
Geld koſtete, war nicht alles einer Meynung.
Hie und da rief einer uͤberlaut: Bey meiner
Seele, ich gebe keinen Haͤller dran, und
der Rabſer ſagte deutſch: Wenn er ihn vor
ſich zu Hunger ſterben ſaͤhe, er gaͤb ihm kein
Stuͤk Brod: Aber man fuhr ihm uͤbers
Maul: Du Narr, du muſt das Stuͤk Brod
dir ſelber und nicht ihm geben — ſagte der
Huͤgi, und der Kienholz ſezte hinzu: Jhr
Donnern, es merkt etwa ein Jeder, was
auf uns wartet, wenn wir ihm das Maul
nicht zuthun.
Man wird uns nicht alle haͤngen, erwie-
derte der eisgraue Mooßbauer, ders mit
dem Rabſer hielte.
Wenn ihr allein waͤret, ihr koͤnntets un-
ſerthalben probieren. — Aber wir wollen
nicht mithalten, ſagten die andern.
Es iſt da nichts anders, ſagte der Huͤgi,
wenns fehlt, ſind dann die Großmaͤuler die
erſten, die ſich die Haar aus dem Kopf her-
aus rauffen wollen.
Ja
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/61>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.