hierüber unachtsam bald mehr, bald weniger gebraucht, ohne es zu wissen -- Solche Sachen sind es, welche hundertmal machen, daß eine Frau mit dem besten Herzen ins gröste Elend kommt, und ihren Mann und ihre Kinder darein bringt; Und ich muß dir sagen, -- du weist wohl, daß ich es ihr nicht in böser Meinung nachrede, -- deine Frau ist gar nicht zur Hausordnung gezo- gen worden; ich kannte des alten Schoders -- es ist mehr in ihrer Haushaltung ver- faulet, und zu Grund gegangen, als recht ist und als man sagen darf.
Rudi. Sie ist in der Jugend zu viel im Pfarrhaus gestekt.
Gertrud. Auch das ist wahr.
Rudi. Es hat mir hundertmal die Au- gen übertrieben, wenn sie das Bethbuch oder die neue Erklärung der Offenbarung in die Hand nahm, und die Kinder nicht gewa- schen und nicht gestrehlt waren, und ich sel- ber alle Tage in die Kuche mußte, das Feuer auf dem Heerd zu schürgen, wenn ich nicht gefahren wollte, daß sie mir mit ihrer Ver- geßlosigkeit noch das Haus anzünde.
Gertrud. Wenn mans mit den Büchern recht macht, so müßen die Bücher einer Frauen seyn wie der Sonntagsrok -- und die Arbeit wie die Werktagsjüppe.
Ru-
hieruͤber unachtſam bald mehr, bald weniger gebraucht, ohne es zu wiſſen — Solche Sachen ſind es, welche hundertmal machen, daß eine Frau mit dem beſten Herzen ins groͤſte Elend kommt, und ihren Mann und ihre Kinder darein bringt; Und ich muß dir ſagen, — du weiſt wohl, daß ich es ihr nicht in boͤſer Meinung nachrede, — deine Frau iſt gar nicht zur Hausordnung gezo- gen worden; ich kannte des alten Schoders — es iſt mehr in ihrer Haushaltung ver- faulet, und zu Grund gegangen, als recht iſt und als man ſagen darf.
Rudi. Sie iſt in der Jugend zu viel im Pfarrhaus geſtekt.
Gertrud. Auch das iſt wahr.
Rudi. Es hat mir hundertmal die Au- gen uͤbertrieben, wenn ſie das Bethbuch oder die neue Erklaͤrung der Offenbarung in die Hand nahm, und die Kinder nicht gewa- ſchen und nicht geſtrehlt waren, und ich ſel- ber alle Tage in die Kuche mußte, das Feuer auf dem Heerd zu ſchuͤrgen, wenn ich nicht gefahren wollte, daß ſie mir mit ihrer Ver- geßloſigkeit noch das Haus anzuͤnde.
Gertrud. Wenn mans mit den Buͤchern recht macht, ſo muͤßen die Buͤcher einer Frauen ſeyn wie der Sonntagsrok — und die Arbeit wie die Werktagsjuͤppe.
Ru-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0044"n="26"/>
hieruͤber unachtſam bald mehr, bald weniger<lb/>
gebraucht, ohne es zu wiſſen — Solche<lb/>
Sachen ſind es, welche hundertmal machen,<lb/>
daß eine Frau mit dem beſten Herzen ins<lb/>
groͤſte Elend kommt, und ihren Mann und<lb/>
ihre Kinder darein bringt; Und ich muß dir<lb/>ſagen, — du weiſt wohl, daß ich es ihr<lb/>
nicht in boͤſer Meinung nachrede, — deine<lb/>
Frau iſt gar nicht zur Hausordnung gezo-<lb/>
gen worden; ich kannte des alten Schoders<lb/>— es iſt mehr in ihrer Haushaltung ver-<lb/>
faulet, und zu Grund gegangen, als recht<lb/>
iſt und als man ſagen darf.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Rudi.</hi> Sie iſt in der Jugend zu viel im<lb/>
Pfarrhaus geſtekt.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Gertrud.</hi> Auch das iſt wahr.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Rudi.</hi> Es hat mir hundertmal die Au-<lb/>
gen uͤbertrieben, wenn ſie das Bethbuch oder<lb/>
die neue Erklaͤrung der Offenbarung in die<lb/>
Hand nahm, und die Kinder nicht gewa-<lb/>ſchen und nicht geſtrehlt waren, und ich ſel-<lb/>
ber alle Tage in die Kuche mußte, das Feuer<lb/>
auf dem Heerd zu ſchuͤrgen, wenn ich nicht<lb/>
gefahren wollte, daß ſie mir mit ihrer Ver-<lb/>
geßloſigkeit noch das Haus anzuͤnde.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Gertrud.</hi> Wenn mans mit den Buͤchern<lb/>
recht macht, ſo muͤßen die Buͤcher einer<lb/>
Frauen ſeyn wie der Sonntagsrok — und<lb/>
die Arbeit wie die Werktagsjuͤppe.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">Ru-</hi></fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[26/0044]
hieruͤber unachtſam bald mehr, bald weniger
gebraucht, ohne es zu wiſſen — Solche
Sachen ſind es, welche hundertmal machen,
daß eine Frau mit dem beſten Herzen ins
groͤſte Elend kommt, und ihren Mann und
ihre Kinder darein bringt; Und ich muß dir
ſagen, — du weiſt wohl, daß ich es ihr
nicht in boͤſer Meinung nachrede, — deine
Frau iſt gar nicht zur Hausordnung gezo-
gen worden; ich kannte des alten Schoders
— es iſt mehr in ihrer Haushaltung ver-
faulet, und zu Grund gegangen, als recht
iſt und als man ſagen darf.
Rudi. Sie iſt in der Jugend zu viel im
Pfarrhaus geſtekt.
Gertrud. Auch das iſt wahr.
Rudi. Es hat mir hundertmal die Au-
gen uͤbertrieben, wenn ſie das Bethbuch oder
die neue Erklaͤrung der Offenbarung in die
Hand nahm, und die Kinder nicht gewa-
ſchen und nicht geſtrehlt waren, und ich ſel-
ber alle Tage in die Kuche mußte, das Feuer
auf dem Heerd zu ſchuͤrgen, wenn ich nicht
gefahren wollte, daß ſie mir mit ihrer Ver-
geßloſigkeit noch das Haus anzuͤnde.
Gertrud. Wenn mans mit den Buͤchern
recht macht, ſo muͤßen die Buͤcher einer
Frauen ſeyn wie der Sonntagsrok — und
die Arbeit wie die Werktagsjuͤppe.
Ru-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/44>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.