ten, u. seiner Jrrthümmer, bis an die Grän- zen der Verzweiflung gebracht worden.
O ihr Menschen! was soll ich mehr sagen? Mein Herz ist bewegt von innigem Mitleiden gegen ihn, und ich kann nichts mehr sagen als dieses; Handle doch keiner von euch an ihm, wie man gemeiniglich an den Unglüklichen handelt, die in die Hand der Oberkeit gerathen.
O ihr Menschen! die Geschlechter der Erde handeln nicht recht an diesen Elenden; sie neh- men zuerst Theil an ihren Greuelthaten, sie spielen mit ihnen die Spiele ihres Lebens, sie reizen sie zu ihren Verbrechen, sie pflanzen in ihnen den Unsinn ihrer Sitten, und näh- ren in ihnen die Keime der Laster.
Dann aber, wenn sie unglüklich werden, und in die Hand der Oberkeit gerathen, ver- lassen sie dieselbe, und handeln in ihrem Elend gegen sie, als ob sie dieselbe nicht kennten, und nie mit ihnen die Spiele des Muthwil- lens gespielt hätten, durch welche diese Elende verheeret worden. -- O ihr Menschen! dann werden diese Unglükliche in ihrem Jnnern wie wüthend über ihr hartes Geschlecht, schlüken in sich Verachtung und Menschenhaß u. Rach- grimm, und werden zehnfach abscheulicher als sie vorher waren. -- Liebe Menschen! ich rede sonst selten, und nicht gern mit euch vom Menschengeschlecht und von mehr Leuten,
als
ten, u. ſeiner Jrrthuͤm̃er, bis an die Graͤn- zen der Verzweiflung gebracht worden.
O ihr Menſchen! was ſoll ich mehr ſagen? Mein Herz iſt bewegt von innigem Mitleiden gegen ihn, und ich kann nichts mehr ſagen als dieſes; Handle doch keiner von euch an ihm, wie man gemeiniglich an den Ungluͤklichen handelt, die in die Hand der Oberkeit gerathen.
O ihr Menſchen! die Geſchlechter der Erde handeln nicht recht an dieſen Elenden; ſie neh- men zuerſt Theil an ihren Greuelthaten, ſie ſpielen mit ihnen die Spiele ihres Lebens, ſie reizen ſie zu ihren Verbrechen, ſie pflanzen in ihnen den Unſinn ihrer Sitten, und naͤh- ren in ihnen die Keime der Laſter.
Dann aber, wenn ſie ungluͤklich werden, und in die Hand der Oberkeit gerathen, ver- laſſen ſie dieſelbe, und handeln in ihrem Elend gegen ſie, als ob ſie dieſelbe nicht kennten, und nie mit ihnen die Spiele des Muthwil- lens geſpielt haͤtten, durch welche dieſe Elende verheeret worden. — O ihr Menſchen! dañ werden dieſe Ungluͤkliche in ihrem Jñern wie wuͤthend uͤber ihr hartes Geſchlecht, ſchluͤken in ſich Verachtung und Menſchenhaß u. Rach- grim̃, und werden zehnfach abſcheulicher als ſie vorher waren. — Liebe Menſchen! ich rede ſonſt ſelten, und nicht gern mit euch vom Menſchengeſchlecht und von mehr Leuten,
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ten, u. ſeiner Jrrthuͤm̃er, bis an die Graͤn-
zen der Verzweiflung gebracht worden.
O ihr Menſchen! was ſoll ich mehr ſagen?
Mein Herz iſt bewegt von innigem Mitleiden
gegen ihn, und ich kann nichts mehr ſagen als
dieſes; Handle doch keiner von euch an ihm,
wie man gemeiniglich an den Ungluͤklichen
handelt, die in die Hand der Oberkeit gerathen.
O ihr Menſchen! die Geſchlechter der Erde
handeln nicht recht an dieſen Elenden; ſie neh-
men zuerſt Theil an ihren Greuelthaten, ſie
ſpielen mit ihnen die Spiele ihres Lebens, ſie
reizen ſie zu ihren Verbrechen, ſie pflanzen
in ihnen den Unſinn ihrer Sitten, und naͤh-
ren in ihnen die Keime der Laſter.
Dann aber, wenn ſie ungluͤklich werden,
und in die Hand der Oberkeit gerathen, ver-
laſſen ſie dieſelbe, und handeln in ihrem Elend
gegen ſie, als ob ſie dieſelbe nicht kennten,
und nie mit ihnen die Spiele des Muthwil-
lens geſpielt haͤtten, durch welche dieſe Elende
verheeret worden. — O ihr Menſchen! dañ
werden dieſe Ungluͤkliche in ihrem Jñern wie
wuͤthend uͤber ihr hartes Geſchlecht, ſchluͤken
in ſich Verachtung und Menſchenhaß u. Rach-
grim̃, und werden zehnfach abſcheulicher als
ſie vorher waren. — Liebe Menſchen! ich
rede ſonſt ſelten, und nicht gern mit euch vom
Menſchengeſchlecht und von mehr Leuten,
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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/370>, abgerufen am 27.11.2024.
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