Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

sicher und richtig wisse, wie eins auf das
andere gefolgt.

Die Unordnung seines Hauswesens war
aber auch so, daß er nicht mit den Leuten
in der Ordnung hätte rechnen können, wenn
er auch hätte wollen; -- bald schrieb er ins
Buch, und die Frau an die Wand, und
am Samstag kam's dann natürlich, wenn
man die Wand abwischen wollte, doppelt ins
Buch.

Wenn ihm in seiner Einbildung in Sinn
kam, er habe dieß oder jenes aufzuschreiben
vergessen, (und dieß geschah nur gar zu oft,
insonderheit in Nächten, wo er nicht wohl
schlafen konnte) so machte er kurz weg in
seinem Buch aus einer 0. ein 6. aus einem
7. ein 9. oder sezte einen Zehner voraus,
oder eine 0. hinten an, wie er meynte, daß
es gehen möchte. Er ließ im Buch und in
den Handschriften auf Gefehrd hin Lükken
aus, daß er hinein schreiben und verfälschen
konnte, was er wollte. Er gab die alten
und bezahlten Handschriften, wo er immer
konnte, nicht heraus, verlaugnete sie, be-
hauptete, sie wären zerrissen, verbrannt oder
verloren. Wenn er dann aber mit jemand
Streit bekam, so nahm er solche Papiere
allemal wieder hervor, und brauchte sie wie
gute.

Wen

ſicher und richtig wiſſe, wie eins auf das
andere gefolgt.

Die Unordnung ſeines Hausweſens war
aber auch ſo, daß er nicht mit den Leuten
in der Ordnung haͤtte rechnen koͤnnen, wenn
er auch haͤtte wollen; — bald ſchrieb er ins
Buch, und die Frau an die Wand, und
am Samſtag kam's dann natuͤrlich, wenn
man die Wand abwiſchen wollte, doppelt ins
Buch.

Wenn ihm in ſeiner Einbildung in Sinn
kam, er habe dieß oder jenes aufzuſchreiben
vergeſſen, (und dieß geſchah nur gar zu oft,
inſonderheit in Naͤchten, wo er nicht wohl
ſchlafen konnte) ſo machte er kurz weg in
ſeinem Buch aus einer 0. ein 6. aus einem
7. ein 9. oder ſezte einen Zehner voraus,
oder eine 0. hinten an, wie er meynte, daß
es gehen moͤchte. Er ließ im Buch und in
den Handſchriften auf Gefehrd hin Luͤkken
aus, daß er hinein ſchreiben und verfaͤlſchen
konnte, was er wollte. Er gab die alten
und bezahlten Handſchriften, wo er immer
konnte, nicht heraus, verlaugnete ſie, be-
hauptete, ſie waͤren zerriſſen, verbrannt oder
verloren. Wenn er dann aber mit jemand
Streit bekam, ſo nahm er ſolche Papiere
allemal wieder hervor, und brauchte ſie wie
gute.

Wen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0324" n="306"/>
&#x017F;icher und richtig wi&#x017F;&#x017F;e, wie eins auf das<lb/>
andere gefolgt.</p><lb/>
          <p>Die Unordnung &#x017F;eines Hauswe&#x017F;ens war<lb/>
aber auch &#x017F;o, daß er nicht mit den Leuten<lb/>
in der Ordnung ha&#x0364;tte rechnen ko&#x0364;nnen, wenn<lb/>
er auch ha&#x0364;tte wollen; &#x2014; bald &#x017F;chrieb er ins<lb/>
Buch, und die Frau an die Wand, und<lb/>
am Sam&#x017F;tag kam's dann natu&#x0364;rlich, wenn<lb/>
man die Wand abwi&#x017F;chen wollte, doppelt ins<lb/>
Buch.</p><lb/>
          <p>Wenn ihm in &#x017F;einer Einbildung in Sinn<lb/>
kam, er habe dieß oder jenes aufzu&#x017F;chreiben<lb/>
verge&#x017F;&#x017F;en, (und dieß ge&#x017F;chah nur gar zu oft,<lb/>
in&#x017F;onderheit in Na&#x0364;chten, wo er nicht wohl<lb/>
&#x017F;chlafen konnte) &#x017F;o machte er kurz weg in<lb/>
&#x017F;einem Buch aus einer 0. ein 6. aus einem<lb/>
7. ein 9. oder &#x017F;ezte einen Zehner voraus,<lb/>
oder eine 0. hinten an, wie er meynte, daß<lb/>
es gehen mo&#x0364;chte. Er ließ im Buch und in<lb/>
den Hand&#x017F;chriften auf Gefehrd hin Lu&#x0364;kken<lb/>
aus, daß er hinein &#x017F;chreiben und verfa&#x0364;l&#x017F;chen<lb/>
konnte, was er wollte. Er gab die alten<lb/>
und bezahlten Hand&#x017F;chriften, wo er immer<lb/>
konnte, nicht heraus, verlaugnete &#x017F;ie, be-<lb/>
hauptete, &#x017F;ie wa&#x0364;ren zerri&#x017F;&#x017F;en, verbrannt oder<lb/>
verloren. Wenn er dann aber mit jemand<lb/>
Streit bekam, &#x017F;o nahm er &#x017F;olche Papiere<lb/>
allemal wieder hervor, und brauchte &#x017F;ie wie<lb/>
gute.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Wen</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[306/0324] ſicher und richtig wiſſe, wie eins auf das andere gefolgt. Die Unordnung ſeines Hausweſens war aber auch ſo, daß er nicht mit den Leuten in der Ordnung haͤtte rechnen koͤnnen, wenn er auch haͤtte wollen; — bald ſchrieb er ins Buch, und die Frau an die Wand, und am Samſtag kam's dann natuͤrlich, wenn man die Wand abwiſchen wollte, doppelt ins Buch. Wenn ihm in ſeiner Einbildung in Sinn kam, er habe dieß oder jenes aufzuſchreiben vergeſſen, (und dieß geſchah nur gar zu oft, inſonderheit in Naͤchten, wo er nicht wohl ſchlafen konnte) ſo machte er kurz weg in ſeinem Buch aus einer 0. ein 6. aus einem 7. ein 9. oder ſezte einen Zehner voraus, oder eine 0. hinten an, wie er meynte, daß es gehen moͤchte. Er ließ im Buch und in den Handſchriften auf Gefehrd hin Luͤkken aus, daß er hinein ſchreiben und verfaͤlſchen konnte, was er wollte. Er gab die alten und bezahlten Handſchriften, wo er immer konnte, nicht heraus, verlaugnete ſie, be- hauptete, ſie waͤren zerriſſen, verbrannt oder verloren. Wenn er dann aber mit jemand Streit bekam, ſo nahm er ſolche Papiere allemal wieder hervor, und brauchte ſie wie gute. Wen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/324
Zitationshilfe: Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/324>, abgerufen am 22.11.2024.