bringen würden, so ließ ers doch nicht ge- schehen.
Er hinderte die Gemeindsgenossen immer, die neuen Feuerstellen auf den Zelgen außert dem Dorf zu errichten, und da man ihm an der Gemeind sagte, es wäre doch wegen Feuersgefahr besser, gab er zur Antwort: es seye noch kein Dorf verbrunnen, man habe es auch wieder aufgebaut; und warum man doch alles anders haben wolle, als die Alten. Jndessen stuhnd sein Haus allein, und hatte nicht die gleiche Gefahr wie die andern, und er gesteht izt selber, daß er al- lemal, wenn der Wirth von Leibach und Hirzingen, welche beyde Dörfer bey seinem Denken abgebrannt, zu ihm gekommen, und erzählt, was für gute Zeiten sie nach diesen Brunsten gehabt, so seye ihm allemal der Gedanke aufgestiegen: wenn er dieses Glük nur auch einmal hätte!
Jch bin müde, von ihm als Vogt zu re- den -- noch einen Augenblik muß ich von ihm als Wirth und Müller erzählen. --
Er machte mit niemand nie frischen Tisch, und es war immer mit allen Leuten, die in seinem Buch standen, ein ewiges Hangwe- sen; er trachtete immer, daß jedermann, mit dem er in Rechnung stand, nicht mehr
si-
U
bringen wuͤrden, ſo ließ ers doch nicht ge- ſchehen.
Er hinderte die Gemeindsgenoſſen immer, die neuen Feuerſtellen auf den Zelgen außert dem Dorf zu errichten, und da man ihm an der Gemeind ſagte, es waͤre doch wegen Feuersgefahr beſſer, gab er zur Antwort: es ſeye noch kein Dorf verbrunnen, man habe es auch wieder aufgebaut; und warum man doch alles anders haben wolle, als die Alten. Jndeſſen ſtuhnd ſein Haus allein, und hatte nicht die gleiche Gefahr wie die andern, und er geſteht izt ſelber, daß er al- lemal, wenn der Wirth von Leibach und Hirzingen, welche beyde Doͤrfer bey ſeinem Denken abgebrannt, zu ihm gekommen, und erzaͤhlt, was fuͤr gute Zeiten ſie nach dieſen Brunſten gehabt, ſo ſeye ihm allemal der Gedanke aufgeſtiegen: wenn er dieſes Gluͤk nur auch einmal haͤtte!
Jch bin muͤde, von ihm als Vogt zu re- den — noch einen Augenblik muß ich von ihm als Wirth und Muͤller erzaͤhlen. —
Er machte mit niemand nie friſchen Tiſch, und es war immer mit allen Leuten, die in ſeinem Buch ſtanden, ein ewiges Hangwe- ſen; er trachtete immer, daß jedermann, mit dem er in Rechnung ſtand, nicht mehr
ſi-
U
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0323"n="305"/>
bringen wuͤrden, ſo ließ ers doch nicht ge-<lb/>ſchehen.</p><lb/><p>Er hinderte die Gemeindsgenoſſen immer,<lb/>
die neuen Feuerſtellen auf den Zelgen außert<lb/>
dem Dorf zu errichten, und da man ihm an<lb/>
der Gemeind ſagte, es waͤre doch wegen<lb/>
Feuersgefahr beſſer, gab er zur Antwort:<lb/>
es ſeye noch kein Dorf verbrunnen, man<lb/>
habe es auch wieder aufgebaut; und warum<lb/>
man doch alles anders haben wolle, als die<lb/>
Alten. Jndeſſen ſtuhnd ſein Haus allein,<lb/>
und hatte nicht die gleiche Gefahr wie die<lb/>
andern, und er geſteht izt ſelber, daß er al-<lb/>
lemal, wenn der Wirth von Leibach und<lb/>
Hirzingen, welche beyde Doͤrfer bey ſeinem<lb/>
Denken abgebrannt, zu ihm gekommen, und<lb/>
erzaͤhlt, was fuͤr gute Zeiten ſie nach dieſen<lb/>
Brunſten gehabt, ſo ſeye ihm allemal der<lb/>
Gedanke aufgeſtiegen: wenn er dieſes Gluͤk<lb/>
nur auch einmal haͤtte!</p><lb/><p>Jch bin muͤde, von ihm als Vogt zu re-<lb/>
den — noch einen Augenblik muß ich von<lb/>
ihm als Wirth und Muͤller erzaͤhlen. —</p><lb/><p>Er machte mit niemand nie friſchen Tiſch,<lb/>
und es war immer mit allen Leuten, die in<lb/>ſeinem Buch ſtanden, ein ewiges Hangwe-<lb/>ſen; er trachtete immer, daß jedermann,<lb/>
mit dem er in Rechnung ſtand, nicht mehr<lb/><fwplace="bottom"type="sig">U</fw><fwplace="bottom"type="catch">ſi-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[305/0323]
bringen wuͤrden, ſo ließ ers doch nicht ge-
ſchehen.
Er hinderte die Gemeindsgenoſſen immer,
die neuen Feuerſtellen auf den Zelgen außert
dem Dorf zu errichten, und da man ihm an
der Gemeind ſagte, es waͤre doch wegen
Feuersgefahr beſſer, gab er zur Antwort:
es ſeye noch kein Dorf verbrunnen, man
habe es auch wieder aufgebaut; und warum
man doch alles anders haben wolle, als die
Alten. Jndeſſen ſtuhnd ſein Haus allein,
und hatte nicht die gleiche Gefahr wie die
andern, und er geſteht izt ſelber, daß er al-
lemal, wenn der Wirth von Leibach und
Hirzingen, welche beyde Doͤrfer bey ſeinem
Denken abgebrannt, zu ihm gekommen, und
erzaͤhlt, was fuͤr gute Zeiten ſie nach dieſen
Brunſten gehabt, ſo ſeye ihm allemal der
Gedanke aufgeſtiegen: wenn er dieſes Gluͤk
nur auch einmal haͤtte!
Jch bin muͤde, von ihm als Vogt zu re-
den — noch einen Augenblik muß ich von
ihm als Wirth und Muͤller erzaͤhlen. —
Er machte mit niemand nie friſchen Tiſch,
und es war immer mit allen Leuten, die in
ſeinem Buch ſtanden, ein ewiges Hangwe-
ſen; er trachtete immer, daß jedermann,
mit dem er in Rechnung ſtand, nicht mehr
ſi-
U
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/323>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.