Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

1000. fl. geschwinnen, und der Träubeli ha-
be von allem, was man ihm vorgelesen,
nichts begriffen, als daß einmal er das Geld
nicht empfangen, welches mangle. Am End
fragte ihn der Junker Oberamtmann, was
er izt zu dieser Rechnung sage? Es dünkt
mich halt, erwiederte Träubeli, wenn der
Teufel gevogtet würde, so käm er um die
Höll. --

Und so ist's in Gottes Namen, mit dem
Vogtwesen (Vormundschaft), sagte dann
der Hummel, in der Welt allenthalben; er re-
dete aber auch aus Erfahrung, und ich habe
nicht nöthig, euch zu erzählen, wie er mit
dem Gut der Waisen umgegangen, ihr wißt
es selber; -- er redte nur darum wider das
Vogtwesen, weil sein oberstes Ziel immer
war, alle Leute so lang aussaugen zu können,
als sie noch etwas hätten, und hiezu waren
ihm immer die Liederlichen und die so in Ver-
wirrung lebten, am tauglichsten; er ließ da-
rum auch keine Haushaltung mehr in der
stillen eingeschrankten ehrenfesten Ruhe und
Eingezogenheit, die unsere Alten so glüklich
machte -- wo ein Haus noch so lebte, so
ruhete er nicht, bis er Streit und Verwir-
rung in dasselbe hineingebracht, und sagte
offentlich, wo Fried ist, und alles gut mit

ein-
T 5

1000. fl. geſchwinnen, und der Traͤubeli ha-
be von allem, was man ihm vorgeleſen,
nichts begriffen, als daß einmal er das Geld
nicht empfangen, welches mangle. Am End
fragte ihn der Junker Oberamtmann, was
er izt zu dieſer Rechnung ſage? Es duͤnkt
mich halt, erwiederte Traͤubeli, wenn der
Teufel gevogtet wuͤrde, ſo kaͤm er um die
Hoͤll. —

Und ſo iſt's in Gottes Namen, mit dem
Vogtweſen (Vormundſchaft), ſagte dann
der Hummel, in der Welt allenthalben; er re-
dete aber auch aus Erfahrung, und ich habe
nicht noͤthig, euch zu erzaͤhlen, wie er mit
dem Gut der Waiſen umgegangen, ihr wißt
es ſelber; — er redte nur darum wider das
Vogtweſen, weil ſein oberſtes Ziel immer
war, alle Leute ſo lang auſſaugen zu koͤnnen,
als ſie noch etwas haͤtten, und hiezu waren
ihm immer die Liederlichen und die ſo in Ver-
wirrung lebten, am tauglichſten; er ließ da-
rum auch keine Haushaltung mehr in der
ſtillen eingeſchrankten ehrenfeſten Ruhe und
Eingezogenheit, die unſere Alten ſo gluͤklich
machte — wo ein Haus noch ſo lebte, ſo
ruhete er nicht, bis er Streit und Verwir-
rung in daſſelbe hineingebracht, und ſagte
offentlich, wo Fried iſt, und alles gut mit

ein-
T 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0315" n="297"/>
1000. fl. ge&#x017F;chwinnen, und der Tra&#x0364;ubeli ha-<lb/>
be von allem, was man ihm vorgele&#x017F;en,<lb/>
nichts begriffen, als daß einmal er das Geld<lb/>
nicht empfangen, welches mangle. Am End<lb/>
fragte ihn der Junker Oberamtmann, was<lb/>
er izt zu die&#x017F;er Rechnung &#x017F;age? Es du&#x0364;nkt<lb/>
mich halt, erwiederte Tra&#x0364;ubeli, wenn der<lb/>
Teufel gevogtet wu&#x0364;rde, &#x017F;o ka&#x0364;m er um die<lb/>
Ho&#x0364;ll. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Und &#x017F;o i&#x017F;t's in Gottes Namen, mit dem<lb/>
Vogtwe&#x017F;en (Vormund&#x017F;chaft), &#x017F;agte dann<lb/>
der Hummel, in der Welt allenthalben; er re-<lb/>
dete aber auch aus Erfahrung, und ich habe<lb/>
nicht no&#x0364;thig, euch zu erza&#x0364;hlen, wie er mit<lb/>
dem Gut der Wai&#x017F;en umgegangen, ihr wißt<lb/>
es &#x017F;elber; &#x2014; er redte nur darum wider das<lb/>
Vogtwe&#x017F;en, weil &#x017F;ein ober&#x017F;tes Ziel immer<lb/>
war, alle Leute &#x017F;o lang au&#x017F;&#x017F;augen zu ko&#x0364;nnen,<lb/>
als &#x017F;ie noch etwas ha&#x0364;tten, und hiezu waren<lb/>
ihm immer die Liederlichen und die &#x017F;o in Ver-<lb/>
wirrung lebten, am tauglich&#x017F;ten; er ließ da-<lb/>
rum auch keine Haushaltung mehr in der<lb/>
&#x017F;tillen einge&#x017F;chrankten ehrenfe&#x017F;ten Ruhe und<lb/>
Eingezogenheit, die un&#x017F;ere Alten &#x017F;o glu&#x0364;klich<lb/>
machte &#x2014; wo ein Haus noch &#x017F;o lebte, &#x017F;o<lb/>
ruhete er nicht, bis er Streit und Verwir-<lb/>
rung in da&#x017F;&#x017F;elbe hineingebracht, und &#x017F;agte<lb/>
offentlich, wo Fried i&#x017F;t, und alles gut mit<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">T 5</fw><fw place="bottom" type="catch">ein-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[297/0315] 1000. fl. geſchwinnen, und der Traͤubeli ha- be von allem, was man ihm vorgeleſen, nichts begriffen, als daß einmal er das Geld nicht empfangen, welches mangle. Am End fragte ihn der Junker Oberamtmann, was er izt zu dieſer Rechnung ſage? Es duͤnkt mich halt, erwiederte Traͤubeli, wenn der Teufel gevogtet wuͤrde, ſo kaͤm er um die Hoͤll. — Und ſo iſt's in Gottes Namen, mit dem Vogtweſen (Vormundſchaft), ſagte dann der Hummel, in der Welt allenthalben; er re- dete aber auch aus Erfahrung, und ich habe nicht noͤthig, euch zu erzaͤhlen, wie er mit dem Gut der Waiſen umgegangen, ihr wißt es ſelber; — er redte nur darum wider das Vogtweſen, weil ſein oberſtes Ziel immer war, alle Leute ſo lang auſſaugen zu koͤnnen, als ſie noch etwas haͤtten, und hiezu waren ihm immer die Liederlichen und die ſo in Ver- wirrung lebten, am tauglichſten; er ließ da- rum auch keine Haushaltung mehr in der ſtillen eingeſchrankten ehrenfeſten Ruhe und Eingezogenheit, die unſere Alten ſo gluͤklich machte — wo ein Haus noch ſo lebte, ſo ruhete er nicht, bis er Streit und Verwir- rung in daſſelbe hineingebracht, und ſagte offentlich, wo Fried iſt, und alles gut mit ein- T 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/315
Zitationshilfe: Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/315>, abgerufen am 23.11.2024.