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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783.

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Der Werth dieses Schilds ist allen ge-
waltthätigen und ungerechten Menschen, die
auf den Dörfern in Ehr und Ansehen stehen,
unbezahlbar; auch bedienen sich die wohlge-
ehrten Blutsauger bald allenthalben desselben
je länger je schamloser.

Frage links und rechts, und du wirst hö-
ren: wenn gemeine Leute allenthalben hun-
dertmal eher Unrecht leiden, und sich bey ih-
rem besten Recht lieber wohl und wehe thun
lassen, als es in ihren Streitsachen auf ei-
nen Eid ankommen lassen, so sezen hingegen
die Vorgesezten ihren Eid so kurz weg und
unbesonnen zu allem, was sie oft auch im
Rausch reden und thun, daß es einen schau-
ren macht.

Das ist aber auch die erste, des vielen
Elends und Leidens, das diese Leute inwen-
dig haben, so wie des häuslichen Unglüks,
in dem viele leben, und noch mehrere ihre
Kinder hineinstürzen.

Da man nämlich um ihrer Eide willen
fast gar nicht hinter ihre Betriegereyen kom-
men kann, und ihre Weiber und Kinder
alle Tag sehen, daß jedermann dem Vater
seine Lügen als Wahrheit gelten lassen muß,
so werden auch sie eben so gewaltthätig und
ungerecht, verlernen alle Art und Weise mit
ihren Nebenmenschen als mit ihres gleichen

um-

Der Werth dieſes Schilds iſt allen ge-
waltthaͤtigen und ungerechten Menſchen, die
auf den Doͤrfern in Ehr und Anſehen ſtehen,
unbezahlbar; auch bedienen ſich die wohlge-
ehrten Blutſauger bald allenthalben deſſelben
je laͤnger je ſchamloſer.

Frage links und rechts, und du wirſt hoͤ-
ren: wenn gemeine Leute allenthalben hun-
dertmal eher Unrecht leiden, und ſich bey ih-
rem beſten Recht lieber wohl und wehe thun
laſſen, als es in ihren Streitſachen auf ei-
nen Eid ankommen laſſen, ſo ſezen hingegen
die Vorgeſezten ihren Eid ſo kurz weg und
unbeſonnen zu allem, was ſie oft auch im
Rauſch reden und thun, daß es einen ſchau-
ren macht.

Das iſt aber auch die erſte, des vielen
Elends und Leidens, das dieſe Leute inwen-
dig haben, ſo wie des haͤuslichen Ungluͤks,
in dem viele leben, und noch mehrere ihre
Kinder hineinſtuͤrzen.

Da man naͤmlich um ihrer Eide willen
faſt gar nicht hinter ihre Betriegereyen kom-
men kann, und ihre Weiber und Kinder
alle Tag ſehen, daß jedermann dem Vater
ſeine Luͤgen als Wahrheit gelten laſſen muß,
ſo werden auch ſie eben ſo gewaltthaͤtig und
ungerecht, verlernen alle Art und Weiſe mit
ihren Nebenmenſchen als mit ihres gleichen

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[283/0301] Der Werth dieſes Schilds iſt allen ge- waltthaͤtigen und ungerechten Menſchen, die auf den Doͤrfern in Ehr und Anſehen ſtehen, unbezahlbar; auch bedienen ſich die wohlge- ehrten Blutſauger bald allenthalben deſſelben je laͤnger je ſchamloſer. Frage links und rechts, und du wirſt hoͤ- ren: wenn gemeine Leute allenthalben hun- dertmal eher Unrecht leiden, und ſich bey ih- rem beſten Recht lieber wohl und wehe thun laſſen, als es in ihren Streitſachen auf ei- nen Eid ankommen laſſen, ſo ſezen hingegen die Vorgeſezten ihren Eid ſo kurz weg und unbeſonnen zu allem, was ſie oft auch im Rauſch reden und thun, daß es einen ſchau- ren macht. Das iſt aber auch die erſte, des vielen Elends und Leidens, das dieſe Leute inwen- dig haben, ſo wie des haͤuslichen Ungluͤks, in dem viele leben, und noch mehrere ihre Kinder hineinſtuͤrzen. Da man naͤmlich um ihrer Eide willen faſt gar nicht hinter ihre Betriegereyen kom- men kann, und ihre Weiber und Kinder alle Tag ſehen, daß jedermann dem Vater ſeine Luͤgen als Wahrheit gelten laſſen muß, ſo werden auch ſie eben ſo gewaltthaͤtig und ungerecht, verlernen alle Art und Weiſe mit ihren Nebenmenſchen als mit ihres gleichen um-

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Zitationshilfe: Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/301>, abgerufen am 22.11.2024.