§. 60. Wer von Herzen gut ist, richtet mit den Leuten aus, was er will, und bringt sie, wozu er will.
Der Treufaug schnurrte den Pfarrer an, und fragte ihn zum Willkomm, was er izt heute noch bey ihm wolle?
"Euch für einst einen guten Abend wün- schen, wenn ihrs wohl leiden möget," er- wiederte der Pfarrer, und sah ihn steif an.
Der Doktor ward sogleich freundlicher, leerte einen Stuhl von Kräutern u. Schach- teln, die darauf lagen, und machte den Pfarrer sizen.
Dieser fieng dann sogleich an, von der Vögtin zu reden. Der Doktor kam aber im Augenblik in Eifer, behauptete wie wild, er sey unschuldig, und man thue ihm Un- recht, sagte, es könne keiner nichts wider den Tod; es sterben den andern Doktern auch Leute wie ihm, oder noch mehrere.
Der Pfarrer sagte ihm, seine Arzneyen sezen die Menschen zwischen Leben und Tod.
Der Treufaug erwiederte: Er schulmei- stere über etwas, davon er nichts verstehe -- alle gute Arzneyen müssen angreiffen.
Der
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§. 60. Wer von Herzen gut iſt, richtet mit den Leuten aus, was er will, und bringt ſie, wozu er will.
Der Treufaug ſchnurrte den Pfarrer an, und fragte ihn zum Willkomm, was er izt heute noch bey ihm wolle?
„Euch fuͤr einſt einen guten Abend wuͤn- ſchen, wenn ihrs wohl leiden moͤget,“ er- wiederte der Pfarrer, und ſah ihn ſteif an.
Der Doktor ward ſogleich freundlicher, leerte einen Stuhl von Kraͤutern u. Schach- teln, die darauf lagen, und machte den Pfarrer ſizen.
Dieſer fieng dann ſogleich an, von der Voͤgtin zu reden. Der Doktor kam aber im Augenblik in Eifer, behauptete wie wild, er ſey unſchuldig, und man thue ihm Un- recht, ſagte, es koͤnne keiner nichts wider den Tod; es ſterben den andern Doktern auch Leute wie ihm, oder noch mehrere.
Der Pfarrer ſagte ihm, ſeine Arzneyen ſezen die Menſchen zwiſchen Leben und Tod.
Der Treufaug erwiederte: Er ſchulmei- ſtere uͤber etwas, davon er nichts verſtehe — alle gute Arzneyen muͤſſen angreiffen.
Der
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§. 60.
Wer von Herzen gut iſt, richtet
mit den Leuten aus, was er will,
und bringt ſie, wozu er will.
Der Treufaug ſchnurrte den Pfarrer an,
und fragte ihn zum Willkomm, was er
izt heute noch bey ihm wolle?
„Euch fuͤr einſt einen guten Abend wuͤn-
ſchen, wenn ihrs wohl leiden moͤget,“ er-
wiederte der Pfarrer, und ſah ihn ſteif an.
Der Doktor ward ſogleich freundlicher,
leerte einen Stuhl von Kraͤutern u. Schach-
teln, die darauf lagen, und machte den
Pfarrer ſizen.
Dieſer fieng dann ſogleich an, von der
Voͤgtin zu reden. Der Doktor kam aber im
Augenblik in Eifer, behauptete wie wild,
er ſey unſchuldig, und man thue ihm Un-
recht, ſagte, es koͤnne keiner nichts wider
den Tod; es ſterben den andern Doktern
auch Leute wie ihm, oder noch mehrere.
Der Pfarrer ſagte ihm, ſeine Arzneyen
ſezen die Menſchen zwiſchen Leben und Tod.
Der Treufaug erwiederte: Er ſchulmei-
ſtere uͤber etwas, davon er nichts verſtehe —
alle gute Arzneyen muͤſſen angreiffen.
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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/233>, abgerufen am 22.07.2024.
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