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Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783.

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der verirret, oder du habest ihn nicht recht
verstanden" -- sagte der Hügi.

"Jch kann nicht helffen," erwiederte der
Vogt.

Aber es wollte keiner an Tanz weder zum
Angeben, noch zum Unterschreiben, bis er
zulezt den Rodel wieder unter den Arm nahm,
das Dintenfaß in Sak schobe, und sagte:
Mir ist zulezt gleichviel, wenn ihr nicht
wollet, so sag ichs nur wieder dem Junker,
mach' er dann meinethalben, was er wolle.

Da begriffen sie doch, daß es besser sey,
sie bestätigen, was nun einmal gelogen, und
[l]assen es ordentlich unterschreiben. -- Ueber-
haupt aber war ihnen angst; dennoch trieben
auch izt noch einige den Narren, und der
Mooßbauer sagte überlaut: "Aber wenn
mein Flek heut kalbert, so hab ich noch ein
Stük Vieh mehr im Stall, du kannst ihm
das noch mündlich beyfügen." --

Der Waibel, der als Zeugen unterschrieb,
und so sehr er dem Vogt häßig, sich dennoch
[n]ie in nichts verfängliches hineinließ, sagte
[i]hnen aber doch: Es werde gut seyn, wenn
[e]s beym Schreiben bleibe, denn wenn es zum
Reden kommen sollte, so möchte es fehlen.

Der Hügi rieff dem Vogt, als er fort-
g[i]eng, noch nach, er sollte doch machen,
d[a]ß der Junker izt mit diesem genug habe. --

"Jch
K 4

der verirret, oder du habeſt ihn nicht recht
verſtanden“ — ſagte der Huͤgi.

„Jch kann nicht helffen,“ erwiederte der
Vogt.

Aber es wollte keiner an Tanz weder zum
Angeben, noch zum Unterſchreiben, bis er
zulezt den Rodel wieder unter den Arm nahm,
das Dintenfaß in Sak ſchobe, und ſagte:
Mir iſt zulezt gleichviel, wenn ihr nicht
wollet, ſo ſag ichs nur wieder dem Junker,
mach' er dann meinethalben, was er wolle.

Da begriffen ſie doch, daß es beſſer ſey,
ſie beſtaͤtigen, was nun einmal gelogen, und
[l]aſſen es ordentlich unterſchreiben. — Ueber-
haupt aber war ihnen angſt; dennoch trieben
auch izt noch einige den Narren, und der
Mooßbauer ſagte uͤberlaut: „Aber wenn
mein Flek heut kalbert, ſo hab ich noch ein
Stuͤk Vieh mehr im Stall, du kannſt ihm
das noch muͤndlich beyfuͤgen.“ —

Der Waibel, der als Zeugen unterſchrieb,
und ſo ſehr er dem Vogt haͤßig, ſich dennoch
[n]ie in nichts verfaͤngliches hineinließ, ſagte
[i]hnen aber doch: Es werde gut ſeyn, wenn
[e]s beym Schreiben bleibe, denn wenn es zum
Reden kommen ſollte, ſo moͤchte es fehlen.

Der Huͤgi rieff dem Vogt, als er fort-
g[i]eng, noch nach, er ſollte doch machen,
d[a]ß der Junker izt mit dieſem genug habe. —

„Jch
K 4
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[151/0169] der verirret, oder du habeſt ihn nicht recht verſtanden“ — ſagte der Huͤgi. „Jch kann nicht helffen,“ erwiederte der Vogt. Aber es wollte keiner an Tanz weder zum Angeben, noch zum Unterſchreiben, bis er zulezt den Rodel wieder unter den Arm nahm, das Dintenfaß in Sak ſchobe, und ſagte: Mir iſt zulezt gleichviel, wenn ihr nicht wollet, ſo ſag ichs nur wieder dem Junker, mach' er dann meinethalben, was er wolle. Da begriffen ſie doch, daß es beſſer ſey, ſie beſtaͤtigen, was nun einmal gelogen, und laſſen es ordentlich unterſchreiben. — Ueber- haupt aber war ihnen angſt; dennoch trieben auch izt noch einige den Narren, und der Mooßbauer ſagte uͤberlaut: „Aber wenn mein Flek heut kalbert, ſo hab ich noch ein Stuͤk Vieh mehr im Stall, du kannſt ihm das noch muͤndlich beyfuͤgen.“ — Der Waibel, der als Zeugen unterſchrieb, und ſo ſehr er dem Vogt haͤßig, ſich dennoch nie in nichts verfaͤngliches hineinließ, ſagte ihnen aber doch: Es werde gut ſeyn, wenn es beym Schreiben bleibe, denn wenn es zum Reden kommen ſollte, ſo moͤchte es fehlen. Der Huͤgi rieff dem Vogt, als er fort- gieng, noch nach, er ſollte doch machen, daß der Junker izt mit dieſem genug habe. — „Jch K 4

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Zitationshilfe: Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/169>, abgerufen am 23.11.2024.