Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

zen, der Winkel zwischen dem Wald schike
sich gar wohl zum vertheilen.

Und er kommt mit der Antwort: der Junker
sage, er seye zum vertheilen nichts werth.

Er hätte ihm sollen einschwazen, sie hätten
gar viel Vieh, und wenig Futtter: -- Und
kommt mit der Antwort: Er müße das Vieh
zählen, und das Futter messen.

Er hätte sollen den Junker über den Pfar-
rer aufbringen: Und der Junker wird über
das Anbringen aufgebracht.

Er hätt' ihn sollen herum führen, wie
wenn er ein Narr wär: Und dieser pakt das
Geschäft an, wie wenn sie Schelmen wären.

Sie staunten und zankten izt bald mit ein-
ander, bald mit dem Vogt; dieser aber ließ
sie sizen, und gieng fort, den Waibel zu su-
chen, der ihm sollte helffen das Heu messen.

Da er fort war, sagte der Hügi: "Wir
sizen izt da bey einander wie im nassen Jahr-
gang."

Es hatte nämlich 1759. in der Erndt
vier Wochen nach einander geregnet, und es
ist ihnen fast alles Korn auf dem Feld wie-
der ausgewachsen; da sind sie auch so viel
bey einander gesessen, und alle Augenblike
hat Einer den Andern gefragt: Wills denn
auch nicht enden das Wetter? Und ist denn
auch gar nichts zu machen? -- Und daran
erinnerte sich izt der Hügi. --


§. 36.

zen, der Winkel zwiſchen dem Wald ſchike
ſich gar wohl zum vertheilen.

Und er kom̃t mit der Antwort: der Junker
ſage, er ſeye zum vertheilen nichts werth.

Er haͤtte ihm ſollen einſchwazen, ſie haͤtten
gar viel Vieh, und wenig Futtter: — Und
kommt mit der Antwort: Er muͤße das Vieh
zaͤhlen, und das Futter meſſen.

Er haͤtte ſollen den Junker uͤber den Pfar-
rer aufbringen: Und der Junker wird uͤber
das Anbringen aufgebracht.

Er haͤtt' ihn ſollen herum fuͤhren, wie
wenn er ein Narr waͤr: Und dieſer pakt das
Geſchaͤft an, wie wenn ſie Schelmen waͤren.

Sie ſtaunten und zankten izt bald mit ein-
ander, bald mit dem Vogt; dieſer aber ließ
ſie ſizen, und gieng fort, den Waibel zu ſu-
chen, der ihm ſollte helffen das Heu meſſen.

Da er fort war, ſagte der Huͤgi: „Wir
ſizen izt da bey einander wie im naſſen Jahr-
gang.“

Es hatte naͤmlich 1759. in der Erndt
vier Wochen nach einander geregnet, und es
iſt ihnen faſt alles Korn auf dem Feld wie-
der ausgewachſen; da ſind ſie auch ſo viel
bey einander geſeſſen, und alle Augenblike
hat Einer den Andern gefragt: Wills denn
auch nicht enden das Wetter? Und iſt denn
auch gar nichts zu machen? — Und daran
erinnerte ſich izt der Huͤgi. —


§. 36.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0152" n="134"/>
zen, der Winkel zwi&#x017F;chen dem Wald &#x017F;chike<lb/>
&#x017F;ich gar wohl zum vertheilen.</p><lb/>
          <p>Und er kom&#x0303;t mit der Antwort: der Junker<lb/>
&#x017F;age, er &#x017F;eye zum vertheilen nichts werth.</p><lb/>
          <p>Er ha&#x0364;tte ihm &#x017F;ollen ein&#x017F;chwazen, &#x017F;ie ha&#x0364;tten<lb/>
gar viel Vieh, und wenig Futtter: &#x2014; Und<lb/>
kommt mit der Antwort: Er mu&#x0364;ße das Vieh<lb/>
za&#x0364;hlen, und das Futter me&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Er ha&#x0364;tte &#x017F;ollen den Junker u&#x0364;ber den Pfar-<lb/>
rer aufbringen: Und der Junker wird u&#x0364;ber<lb/>
das Anbringen aufgebracht.</p><lb/>
          <p>Er ha&#x0364;tt' ihn &#x017F;ollen herum fu&#x0364;hren, wie<lb/>
wenn er ein Narr wa&#x0364;r: Und die&#x017F;er pakt das<lb/>
Ge&#x017F;cha&#x0364;ft an, wie wenn &#x017F;ie Schelmen wa&#x0364;ren.</p><lb/>
          <p>Sie &#x017F;taunten und zankten izt bald mit ein-<lb/>
ander, bald mit dem Vogt; die&#x017F;er aber ließ<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;izen, und gieng fort, den Waibel zu &#x017F;u-<lb/>
chen, der ihm &#x017F;ollte helffen das Heu me&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Da er fort war, &#x017F;agte der Hu&#x0364;gi: &#x201E;Wir<lb/>
&#x017F;izen izt da bey einander wie im na&#x017F;&#x017F;en Jahr-<lb/>
gang.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Es hatte na&#x0364;mlich 1759. in der Erndt<lb/>
vier Wochen nach einander geregnet, und es<lb/>
i&#x017F;t ihnen fa&#x017F;t alles Korn auf dem Feld wie-<lb/>
der ausgewach&#x017F;en; da &#x017F;ind &#x017F;ie auch &#x017F;o viel<lb/>
bey einander ge&#x017F;e&#x017F;&#x017F;en, und alle Augenblike<lb/>
hat Einer den Andern gefragt: Wills denn<lb/>
auch nicht enden das Wetter? Und i&#x017F;t denn<lb/>
auch gar nichts zu machen? &#x2014; Und daran<lb/>
erinnerte &#x017F;ich izt der Hu&#x0364;gi. &#x2014;</p>
        </div>
        <fw place="bottom" type="catch">§. 36.</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[134/0152] zen, der Winkel zwiſchen dem Wald ſchike ſich gar wohl zum vertheilen. Und er kom̃t mit der Antwort: der Junker ſage, er ſeye zum vertheilen nichts werth. Er haͤtte ihm ſollen einſchwazen, ſie haͤtten gar viel Vieh, und wenig Futtter: — Und kommt mit der Antwort: Er muͤße das Vieh zaͤhlen, und das Futter meſſen. Er haͤtte ſollen den Junker uͤber den Pfar- rer aufbringen: Und der Junker wird uͤber das Anbringen aufgebracht. Er haͤtt' ihn ſollen herum fuͤhren, wie wenn er ein Narr waͤr: Und dieſer pakt das Geſchaͤft an, wie wenn ſie Schelmen waͤren. Sie ſtaunten und zankten izt bald mit ein- ander, bald mit dem Vogt; dieſer aber ließ ſie ſizen, und gieng fort, den Waibel zu ſu- chen, der ihm ſollte helffen das Heu meſſen. Da er fort war, ſagte der Huͤgi: „Wir ſizen izt da bey einander wie im naſſen Jahr- gang.“ Es hatte naͤmlich 1759. in der Erndt vier Wochen nach einander geregnet, und es iſt ihnen faſt alles Korn auf dem Feld wie- der ausgewachſen; da ſind ſie auch ſo viel bey einander geſeſſen, und alle Augenblike hat Einer den Andern gefragt: Wills denn auch nicht enden das Wetter? Und iſt denn auch gar nichts zu machen? — Und daran erinnerte ſich izt der Huͤgi. — §. 36.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/152
Zitationshilfe: Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/152>, abgerufen am 21.11.2024.