deinem neuen Handwerk nicht mehr Lehrbub bist. -- Und sie haben sicher recht, glaub mir Vogt, und sey nur gutes Muths. -- Ja, fluchten die andern, der Hügi hat recht, du wirst innert Jahrsfrist gewiß ein so diken Bauch bekommen, daß alles hinein mag; und thu nur ordentlich auf unsre Gefahr hin, was wir sagen, und was wir wollen.
Obs ihm in Kopf wollte oder nicht, das war gleichviel, sie übertäubten ihn mit Wor- ten und Sachen, bis er ihnen versprochen zu thun, was sie wollten. --
§. 22. Erziehungs- und Haushaltungs- Grundsäze.
Die einzige Hütte, die an der Unruh und den Müheseligkeiten dieses Thoren-Le- bens keinen Theil nahm, war die Hütte der Gertrud.
Zu erklären, wie das möglich gewesen, muß ich sagen: Diese Frau hatte nach alter Großmutter-Art ihre kurze Sprüchlin, mit denen sie gemeiniglich im Augenblik den rech- ten Weg fand, wo andre Leut, die sonst sich viel gescheider glaubten, als sie, bey
Stund
F 2
deinem neuen Handwerk nicht mehr Lehrbub biſt. — Und ſie haben ſicher recht, glaub mir Vogt, und ſey nur gutes Muths. — Ja, fluchten die andern, der Huͤgi hat recht, du wirſt innert Jahrsfriſt gewiß ein ſo diken Bauch bekommen, daß alles hinein mag; und thu nur ordentlich auf unſre Gefahr hin, was wir ſagen, und was wir wollen.
Obs ihm in Kopf wollte oder nicht, das war gleichviel, ſie uͤbertaͤubten ihn mit Wor- ten und Sachen, bis er ihnen verſprochen zu thun, was ſie wollten. —
§. 22. Erziehungs- und Haushaltungs- Grundſaͤze.
Die einzige Huͤtte, die an der Unruh und den Muͤheſeligkeiten dieſes Thoren-Le- bens keinen Theil nahm, war die Huͤtte der Gertrud.
Zu erklaͤren, wie das moͤglich geweſen, muß ich ſagen: Dieſe Frau hatte nach alter Großmutter-Art ihre kurze Spruͤchlin, mit denen ſie gemeiniglich im Augenblik den rech- ten Weg fand, wo andre Leut, die ſonſt ſich viel geſcheider glaubten, als ſie, bey
Stund
F 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0101"n="83"/>
deinem neuen Handwerk nicht mehr Lehrbub<lb/>
biſt. — Und ſie haben ſicher recht, glaub<lb/>
mir Vogt, und ſey nur gutes Muths. —<lb/>
Ja, fluchten die andern, der Huͤgi hat recht,<lb/>
du wirſt innert Jahrsfriſt gewiß ein ſo diken<lb/>
Bauch bekommen, daß alles hinein mag;<lb/>
und thu nur ordentlich auf unſre Gefahr<lb/>
hin, was wir ſagen, und was wir wollen.</p><lb/><p>Obs ihm in Kopf wollte oder nicht, das<lb/>
war gleichviel, ſie uͤbertaͤubten ihn mit Wor-<lb/>
ten und Sachen, bis er ihnen verſprochen<lb/>
zu thun, was ſie wollten. —</p></div><lb/><divn="2"><head>§. 22.<lb/>
Erziehungs- und Haushaltungs-<lb/>
Grundſaͤze.</head><lb/><p><hirendition="#in">D</hi>ie einzige Huͤtte, die an der Unruh und<lb/>
den Muͤheſeligkeiten dieſes Thoren-Le-<lb/>
bens keinen Theil nahm, war die Huͤtte der<lb/>
Gertrud.</p><lb/><p>Zu erklaͤren, wie das moͤglich geweſen,<lb/>
muß ich ſagen: Dieſe Frau hatte nach alter<lb/>
Großmutter-Art ihre kurze Spruͤchlin, mit<lb/>
denen ſie gemeiniglich im Augenblik den rech-<lb/>
ten Weg fand, wo andre Leut, die ſonſt<lb/>ſich viel geſcheider glaubten, als ſie, bey<lb/><fwplace="bottom"type="sig">F 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">Stund</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[83/0101]
deinem neuen Handwerk nicht mehr Lehrbub
biſt. — Und ſie haben ſicher recht, glaub
mir Vogt, und ſey nur gutes Muths. —
Ja, fluchten die andern, der Huͤgi hat recht,
du wirſt innert Jahrsfriſt gewiß ein ſo diken
Bauch bekommen, daß alles hinein mag;
und thu nur ordentlich auf unſre Gefahr
hin, was wir ſagen, und was wir wollen.
Obs ihm in Kopf wollte oder nicht, das
war gleichviel, ſie uͤbertaͤubten ihn mit Wor-
ten und Sachen, bis er ihnen verſprochen
zu thun, was ſie wollten. —
§. 22.
Erziehungs- und Haushaltungs-
Grundſaͤze.
Die einzige Huͤtte, die an der Unruh und
den Muͤheſeligkeiten dieſes Thoren-Le-
bens keinen Theil nahm, war die Huͤtte der
Gertrud.
Zu erklaͤren, wie das moͤglich geweſen,
muß ich ſagen: Dieſe Frau hatte nach alter
Großmutter-Art ihre kurze Spruͤchlin, mit
denen ſie gemeiniglich im Augenblik den rech-
ten Weg fand, wo andre Leut, die ſonſt
ſich viel geſcheider glaubten, als ſie, bey
Stund
F 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pestalozzi, Johann Heinrich: Lienhard und Gertrud. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1783, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard02_1783/101>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.