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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

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Das müßt ihr dem lieben Vater singen, wenn
er heimkommen wird, sagte sie den Kindern, und
die Kinder lernten gern, was den Vater freuen
würde, wenn er heim käme.

Mitten in ihrer Arbeit, ohne Müh', ohne Ver-
säumniß, ohne Buch sangen sie es der Mutter nach,
bis sie es konnten.

Und da der Vater jezt heim kam, grüßte ihn
die Mutter, und sang dann, und alle Kinder san-
gen mit ihr.

Der du von dem Himmel bist,
Kummer, Leid und Schmerzen stillest;
Den, der doppelt elend ist,
Doppelt mit Erquickung füllest.
Ach! ich bin des Umtriebs müde, *)
Bangen Schmerzens, wilder Lust?
Süsser Friede!
Komm, ach komm in meine Brust.

Eine Thräne schoß Lienhard ins Auge, da die
Mutter und die Kinder alle so heiter und ruhig ihm
entgegen sangen.

Daß euch Gott segne, ihr Lieben! daß dich
Gott segne, du Liebe! sagte er mit inniger Bewe-
gung zu ihnen.

Lieber!
*) Müde vom Unruhe und Begierden, von Hoff-
nung und Sorgen, immer ohne feste innere Zu-
friedenheit umher getrieben zu werden.
E 4

Das muͤßt ihr dem lieben Vater ſingen, wenn
er heimkommen wird, ſagte ſie den Kindern, und
die Kinder lernten gern, was den Vater freuen
wuͤrde, wenn er heim kaͤme.

Mitten in ihrer Arbeit, ohne Muͤh’, ohne Ver-
ſaͤumniß, ohne Buch ſangen ſie es der Mutter nach,
bis ſie es konnten.

Und da der Vater jezt heim kam, gruͤßte ihn
die Mutter, und ſang dann, und alle Kinder ſan-
gen mit ihr.

Der du von dem Himmel biſt,
Kummer, Leid und Schmerzen ſtilleſt;
Den, der doppelt elend iſt,
Doppelt mit Erquickung fuͤlleſt.
Ach! ich bin des Umtriebs muͤde, *)
Bangen Schmerzens, wilder Luſt?
Suͤſſer Friede!
Komm, ach komm in meine Bruſt.

Eine Thraͤne ſchoß Lienhard ins Auge, da die
Mutter und die Kinder alle ſo heiter und ruhig ihm
entgegen ſangen.

Daß euch Gott ſegne, ihr Lieben! daß dich
Gott ſegne, du Liebe! ſagte er mit inniger Bewe-
gung zu ihnen.

Lieber!
*) Muͤde vom Unruhe und Begierden, von Hoff-
nung und Sorgen, immer ohne feſte innere Zu-
friedenheit umher getrieben zu werden.
E 4
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[71/0096] Das muͤßt ihr dem lieben Vater ſingen, wenn er heimkommen wird, ſagte ſie den Kindern, und die Kinder lernten gern, was den Vater freuen wuͤrde, wenn er heim kaͤme. Mitten in ihrer Arbeit, ohne Muͤh’, ohne Ver- ſaͤumniß, ohne Buch ſangen ſie es der Mutter nach, bis ſie es konnten. Und da der Vater jezt heim kam, gruͤßte ihn die Mutter, und ſang dann, und alle Kinder ſan- gen mit ihr. Der du von dem Himmel biſt, Kummer, Leid und Schmerzen ſtilleſt; Den, der doppelt elend iſt, Doppelt mit Erquickung fuͤlleſt. Ach! ich bin des Umtriebs muͤde, *) Bangen Schmerzens, wilder Luſt? Suͤſſer Friede! Komm, ach komm in meine Bruſt. Eine Thraͤne ſchoß Lienhard ins Auge, da die Mutter und die Kinder alle ſo heiter und ruhig ihm entgegen ſangen. Daß euch Gott ſegne, ihr Lieben! daß dich Gott ſegne, du Liebe! ſagte er mit inniger Bewe- gung zu ihnen. Lieber! *) Muͤde vom Unruhe und Begierden, von Hoff- nung und Sorgen, immer ohne feſte innere Zu- friedenheit umher getrieben zu werden. E 4

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/96>, abgerufen am 24.11.2024.