lebe und Vogt bin, sagt er, wischt den Schweiß von der Stirne -- hustet -- räuspert -- fängt wie- der an -- Es ist erschrecklich -- --
Arner. Du bist unruhig, Vogt! Die Frage ist einfältig. Ist's wahr, daß du arme Leute drän- gest, in Verwirrungen bringest, und ihnen in dei- nem Wirthshause Fallstricke legest, die ihre Haus- haltungen unglücklich machen?
Vogt. Nein, gewiß nicht, Gnädiger Herr! Das ist der Lohn, wenn man Lumpenleuten dient; ich hätte es vorher denken sollen. Man hat alle- mal einen solchen Dank, anstatt der Bezahlung.
Arner. Mache dir vor die Bezahlung keine Sorge; es ist nur die Frage, ob dieses Weib lüge.
Vogt. Ja gewiß, Gnädiger Herr! ich will es tausendfach beweisen.
Arner. Es ist genug am einfachen, Vogt! Aber nimm dich in Acht. Du sagtest gestern, Gertrud sey eine brave, stille, arbeitsame Frau und gar keine Schwätzerinn.
Ich weiß nicht -- ich - - - ich - - - besinne - - - Sie haben mich - - - ich habe sie - - - ich habe sie - - dafür angesehen -- sagte der keichende Vogt --
Arner. Du bist auf eine Art unruhig, Vogt! daß man jezt nicht mit dir reden kann; es ist am besten, ich erkundige mich gerade da bey diesen da stehenden Nachbaren. Und sogleich wandte er sich
zu
lebe und Vogt bin, ſagt er, wiſcht den Schweiß von der Stirne — huſtet — raͤuſpert — faͤngt wie- der an — Es iſt erſchrecklich — —
Arner. Du biſt unruhig, Vogt! Die Frage iſt einfaͤltig. Iſt’s wahr, daß du arme Leute draͤn- geſt, in Verwirrungen bringeſt, und ihnen in dei- nem Wirthshauſe Fallſtricke legeſt, die ihre Haus- haltungen ungluͤcklich machen?
Vogt. Nein, gewiß nicht, Gnaͤdiger Herr! Das iſt der Lohn, wenn man Lumpenleuten dient; ich haͤtte es vorher denken ſollen. Man hat alle- mal einen ſolchen Dank, anſtatt der Bezahlung.
Arner. Mache dir vor die Bezahlung keine Sorge; es iſt nur die Frage, ob dieſes Weib luͤge.
Vogt. Ja gewiß, Gnaͤdiger Herr! ich will es tauſendfach beweiſen.
Arner. Es iſt genug am einfachen, Vogt! Aber nimm dich in Acht. Du ſagteſt geſtern, Gertrud ſey eine brave, ſtille, arbeitſame Frau und gar keine Schwaͤtzerinn.
Ich weiß nicht — ich ‒ ‒ ‒ ich ‒ ‒ ‒ beſinne ‒ ‒ ‒ Sie haben mich ‒ ‒ ‒ ich habe ſie ‒ ‒ ‒ ich habe ſie ‒ ‒ dafuͤr angeſehen — ſagte der keichende Vogt —
Arner. Du biſt auf eine Art unruhig, Vogt! daß man jezt nicht mit dir reden kann; es iſt am beſten, ich erkundige mich gerade da bey dieſen da ſtehenden Nachbaren. Und ſogleich wandte er ſich
zu
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lebe und Vogt bin, ſagt er, wiſcht den Schweiß
von der Stirne — huſtet — raͤuſpert — faͤngt wie-
der an — Es iſt erſchrecklich — —
Arner. Du biſt unruhig, Vogt! Die Frage
iſt einfaͤltig. Iſt’s wahr, daß du arme Leute draͤn-
geſt, in Verwirrungen bringeſt, und ihnen in dei-
nem Wirthshauſe Fallſtricke legeſt, die ihre Haus-
haltungen ungluͤcklich machen?
Vogt. Nein, gewiß nicht, Gnaͤdiger Herr!
Das iſt der Lohn, wenn man Lumpenleuten dient;
ich haͤtte es vorher denken ſollen. Man hat alle-
mal einen ſolchen Dank, anſtatt der Bezahlung.
Arner. Mache dir vor die Bezahlung keine
Sorge; es iſt nur die Frage, ob dieſes Weib
luͤge.
Vogt. Ja gewiß, Gnaͤdiger Herr! ich will
es tauſendfach beweiſen.
Arner. Es iſt genug am einfachen, Vogt!
Aber nimm dich in Acht. Du ſagteſt geſtern,
Gertrud ſey eine brave, ſtille, arbeitſame Frau und
gar keine Schwaͤtzerinn.
Ich weiß nicht — ich ‒ ‒ ‒ ich ‒ ‒ ‒ beſinne ‒ ‒ ‒
Sie haben mich ‒ ‒ ‒ ich habe ſie ‒ ‒ ‒ ich habe ſie ‒ ‒
dafuͤr angeſehen — ſagte der keichende Vogt —
Arner. Du biſt auf eine Art unruhig, Vogt!
daß man jezt nicht mit dir reden kann; es iſt am
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/54>, abgerufen am 17.07.2024.
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