Gertrud. Nichts weniger, Vogt! ich möch- te ihn gern aus dem Bockshorn, darinn er steckt, heraus bringen -- und das ist dein Buch, Vogt, und seine schönen Zedel --
Hummel. Er hat mich nur zu bezahlen; so ist er augenblicklich aus diesem Bockshorn, wie du's heissest --
Gertrud. Das wird er wohl thun können -- wenn er nichts Neues mehr macht --
Hummel. Du bist stolz, Gertrud -- es wird sich zeigen -- Gelt Gertrud, du willst lieber mit deinem Mann daheim allein bröselen *), als ihm ein Glas Wein bey mir gönnen.
Gertrud. Du bist niederträchtig, Vogt! aber deine Rede thut mir nicht weh.
Hummel konnte diese Sprache nicht länger aushalten. Er empfand, daß etwas vorgefallen seyn mußte, das dieses Weib so kühn machte. Darum durfte er nicht seinen Muth kühlen, und nahm Abschied.
Hast du sonst was zu befehlen, sagte Ger- trud.
Nichts, wenn's so gemeynt ist, antwortete Hummel.
Wie gemeynt? erwiederte Gertrud lächelnd -- und sah ihm steif ins Gesicht. Das verwirrte den
Vogt
*) euch was zu gut thun.
B 3
Gertrud. Nichts weniger, Vogt! ich moͤch- te ihn gern aus dem Bockshorn, darinn er ſteckt, heraus bringen — und das iſt dein Buch, Vogt, und ſeine ſchoͤnen Zedel —
Hummel. Er hat mich nur zu bezahlen; ſo iſt er augenblicklich aus dieſem Bockshorn, wie du’s heiſſeſt —
Gertrud. Das wird er wohl thun koͤnnen — wenn er nichts Neues mehr macht —
Hummel. Du biſt ſtolz, Gertrud — es wird ſich zeigen — Gelt Gertrud, du willſt lieber mit deinem Mann daheim allein broͤſelen *), als ihm ein Glas Wein bey mir goͤnnen.
Gertrud. Du biſt niedertraͤchtig, Vogt! aber deine Rede thut mir nicht weh.
Hummel konnte dieſe Sprache nicht laͤnger aushalten. Er empfand, daß etwas vorgefallen ſeyn mußte, das dieſes Weib ſo kuͤhn machte. Darum durfte er nicht ſeinen Muth kuͤhlen, und nahm Abſchied.
Haſt du ſonſt was zu befehlen, ſagte Ger- trud.
Nichts, wenn’s ſo gemeynt iſt, antwortete Hummel.
Wie gemeynt? erwiederte Gertrud laͤchelnd — und ſah ihm ſteif ins Geſicht. Das verwirrte den
Vogt
*) euch was zu gut thun.
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Gertrud. Nichts weniger, Vogt! ich moͤch-
te ihn gern aus dem Bockshorn, darinn er ſteckt,
heraus bringen — und das iſt dein Buch, Vogt,
und ſeine ſchoͤnen Zedel —
Hummel. Er hat mich nur zu bezahlen; ſo
iſt er augenblicklich aus dieſem Bockshorn, wie
du’s heiſſeſt —
Gertrud. Das wird er wohl thun koͤnnen —
wenn er nichts Neues mehr macht —
Hummel. Du biſt ſtolz, Gertrud — es wird
ſich zeigen — Gelt Gertrud, du willſt lieber mit
deinem Mann daheim allein broͤſelen *), als ihm
ein Glas Wein bey mir goͤnnen.
Gertrud. Du biſt niedertraͤchtig, Vogt! aber
deine Rede thut mir nicht weh.
Hummel konnte dieſe Sprache nicht laͤnger
aushalten. Er empfand, daß etwas vorgefallen
ſeyn mußte, das dieſes Weib ſo kuͤhn machte.
Darum durfte er nicht ſeinen Muth kuͤhlen, und
nahm Abſchied.
Haſt du ſonſt was zu befehlen, ſagte Ger-
trud.
Nichts, wenn’s ſo gemeynt iſt, antwortete
Hummel.
Wie gemeynt? erwiederte Gertrud laͤchelnd —
und ſah ihm ſteif ins Geſicht. Das verwirrte den
Vogt
*) euch was zu gut thun.
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/44>, abgerufen am 16.07.2024.
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