Hummel. Du thust mir Unrecht, Gertrud! Es ist wahr, dein Mann ist etwas liederlich; Ich habe es ihm auch schon gesagt, aber in meinem Wirthshause muß ich in Gottes Namen einem jeden, der's will, Essen und Trinken geben; -- das thut ja jedermann --
Gertrud. Ja -- aber nicht jedermann drohet einem unglücklichen armen Mann mit den Rechten, wann er nicht alle Jahre seine Schuld wieder doppelt groß macht.
Nun konnte sich der Vogt nicht mehr halten; mit Wuth fuhr er den Lienhard an --
Bist du so ein Gesell Lienhard, daß du solches von mir redest? -- Muß ich noch in meinen Bart hinein hören, wie ihr Lumpenvolk mich alten Mann um Ehr und guten Namen bringen wollt? -- Hab' ich nicht jeweilen vor Vorgesetzten mit dir gerech- net? gut, daß deine Zedel fein alle noch bey mir und in meinen Handen sind -- Willt du mir et- wan gar meine Anforderung läugnen, Lienhard? --
Es ist ganz nicht die Rede hievon -- sagte Lienhard: Gertrud sucht nur, daß ich ferner nicht neue Schulden mache --
Der Vogt besann sich schon wieder, milderte den Ton und sagte: Das ist endlich nicht so gar übel, doch bist du der Mann -- sie wird dich nicht wollen in ein Bockshorn hineinschieben --
Ger-
Hummel. Du thuſt mir Unrecht, Gertrud! Es iſt wahr, dein Mann iſt etwas liederlich; Ich habe es ihm auch ſchon geſagt, aber in meinem Wirthshauſe muß ich in Gottes Namen einem jeden, der’s will, Eſſen und Trinken geben; — das thut ja jedermann —
Gertrud. Ja — aber nicht jedermann drohet einem ungluͤcklichen armen Mann mit den Rechten, wann er nicht alle Jahre ſeine Schuld wieder doppelt groß macht.
Nun konnte ſich der Vogt nicht mehr halten; mit Wuth fuhr er den Lienhard an —
Biſt du ſo ein Geſell Lienhard, daß du ſolches von mir redeſt? — Muß ich noch in meinen Bart hinein hoͤren, wie ihr Lumpenvolk mich alten Mann um Ehr und guten Namen bringen wollt? — Hab’ ich nicht jeweilen vor Vorgeſetzten mit dir gerech- net? gut, daß deine Zedel fein alle noch bey mir und in meinen Handen ſind — Willt du mir et- wan gar meine Anforderung laͤugnen, Lienhard? —
Es iſt ganz nicht die Rede hievon — ſagte Lienhard: Gertrud ſucht nur, daß ich ferner nicht neue Schulden mache —
Der Vogt beſann ſich ſchon wieder, milderte den Ton und ſagte: Das iſt endlich nicht ſo gar uͤbel, doch biſt du der Mann — ſie wird dich nicht wollen in ein Bockshorn hineinſchieben —
Ger-
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Hummel. Du thuſt mir Unrecht, Gertrud!
Es iſt wahr, dein Mann iſt etwas liederlich;
Ich habe es ihm auch ſchon geſagt, aber in
meinem Wirthshauſe muß ich in Gottes Namen
einem jeden, der’s will, Eſſen und Trinken geben; —
das thut ja jedermann —
Gertrud. Ja — aber nicht jedermann drohet
einem ungluͤcklichen armen Mann mit den Rechten,
wann er nicht alle Jahre ſeine Schuld wieder
doppelt groß macht.
Nun konnte ſich der Vogt nicht mehr halten;
mit Wuth fuhr er den Lienhard an —
Biſt du ſo ein Geſell Lienhard, daß du ſolches
von mir redeſt? — Muß ich noch in meinen Bart
hinein hoͤren, wie ihr Lumpenvolk mich alten Mann
um Ehr und guten Namen bringen wollt? — Hab’
ich nicht jeweilen vor Vorgeſetzten mit dir gerech-
net? gut, daß deine Zedel fein alle noch bey mir
und in meinen Handen ſind — Willt du mir et-
wan gar meine Anforderung laͤugnen, Lienhard? —
Es iſt ganz nicht die Rede hievon — ſagte
Lienhard: Gertrud ſucht nur, daß ich ferner nicht
neue Schulden mache —
Der Vogt beſann ſich ſchon wieder, milderte
den Ton und ſagte: Das iſt endlich nicht ſo gar
uͤbel, doch biſt du der Mann — ſie wird dich nicht
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/43>, abgerufen am 21.11.2024.
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