da der Vogt falsche Zeugen fand, die einen Eid gegen mich thaten? Der gute alte Gnädige Herr hat mir hernach, wo er mich sah, Allmosen ge- geben; und auf alle Feste sandte er mir in meinem Elend allemal Fleisch, Wein und Brod -- daß ihm's Gott lohne, dem alten lieben Gnädigen Herrn! wie oft er meine arme Haushaltung er- quickt hat.
Der Rudi hatte Thränen in den Augen, und sagte dann weiters: Ach Gott, Junker! wenn er nur auch so allein mit uns geredt hätte, wie ihr, es wäre vieles, vieles nicht begegnet; aber die Blut- sauger waren immer, immer wo man ihn sah, um ihn her, und verdrehten alles.
Junker. Du mußst jezt das vergessen, Rudi! die Matte ist wieder dein; ich habe den Vogt in dem Protocoll durchstreichen lassen, und ich wün- sche dir von Herzen Glück dazu, Rudi!
Der Rudi zittert -- stammelt -- Ich kann euch nicht danken, Gnädiger Herr!
Der Junker antwortet: Du hast mir nichts zu danken, Rudi! die Matten ist von Gott und Rechts- wegen dein.
Jezt schlägt der Rudi die Hände zusammen, weint laut, und sagt dann: O! meiner, meiner Mutter Segen ist über mir! Schluchzet dann wie- der, und sagt: Gnädiger Herr! sie ist am Frey-
tag
da der Vogt falſche Zeugen fand, die einen Eid gegen mich thaten? Der gute alte Gnaͤdige Herr hat mir hernach, wo er mich ſah, Allmoſen ge- geben; und auf alle Feſte ſandte er mir in meinem Elend allemal Fleiſch, Wein und Brod — daß ihm’s Gott lohne, dem alten lieben Gnaͤdigen Herrn! wie oft er meine arme Haushaltung er- quickt hat.
Der Rudi hatte Thraͤnen in den Augen, und ſagte dann weiters: Ach Gott, Junker! wenn er nur auch ſo allein mit uns geredt haͤtte, wie ihr, es waͤre vieles, vieles nicht begegnet; aber die Blut- ſauger waren immer, immer wo man ihn ſah, um ihn her, und verdrehten alles.
Junker. Du mußſt jezt das vergeſſen, Rudi! die Matte iſt wieder dein; ich habe den Vogt in dem Protocoll durchſtreichen laſſen, und ich wuͤn- ſche dir von Herzen Gluͤck dazu, Rudi!
Der Rudi zittert — ſtammelt — Ich kann euch nicht danken, Gnaͤdiger Herr!
Der Junker antwortet: Du haſt mir nichts zu danken, Rudi! die Matten iſt von Gott und Rechts- wegen dein.
Jezt ſchlaͤgt der Rudi die Haͤnde zuſammen, weint laut, und ſagt dann: O! meiner, meiner Mutter Segen iſt uͤber mir! Schluchzet dann wie- der, und ſagt: Gnaͤdiger Herr! ſie iſt am Frey-
tag
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da der Vogt falſche Zeugen fand, die einen Eid
gegen mich thaten? Der gute alte Gnaͤdige Herr
hat mir hernach, wo er mich ſah, Allmoſen ge-
geben; und auf alle Feſte ſandte er mir in meinem
Elend allemal Fleiſch, Wein und Brod — daß
ihm’s Gott lohne, dem alten lieben Gnaͤdigen
Herrn! wie oft er meine arme Haushaltung er-
quickt hat.
Der Rudi hatte Thraͤnen in den Augen, und
ſagte dann weiters: Ach Gott, Junker! wenn er
nur auch ſo allein mit uns geredt haͤtte, wie ihr,
es waͤre vieles, vieles nicht begegnet; aber die Blut-
ſauger waren immer, immer wo man ihn ſah,
um ihn her, und verdrehten alles.
Junker. Du mußſt jezt das vergeſſen, Rudi!
die Matte iſt wieder dein; ich habe den Vogt in
dem Protocoll durchſtreichen laſſen, und ich wuͤn-
ſche dir von Herzen Gluͤck dazu, Rudi!
Der Rudi zittert — ſtammelt — Ich kann euch
nicht danken, Gnaͤdiger Herr!
Der Junker antwortet: Du haſt mir nichts zu
danken, Rudi! die Matten iſt von Gott und Rechts-
wegen dein.
Jezt ſchlaͤgt der Rudi die Haͤnde zuſammen,
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der, und ſagt: Gnaͤdiger Herr! ſie iſt am Frey-
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/392>, abgerufen am 22.11.2024.
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