Aber der Junker setzte den Hut auf, sah et- was ernsthaft umher, und sagte: Nachbaren! Ihr bra[uc]htet eben keinen Redner für diese Dohr- heit -- Die Sache selber und die Erscheinung des Teufels ist Irrthum; und euer Herr Pfarrer ist einer der verständigsten Geistlichen. Ihr solltet euch schämen, ihn so durch einen armen Tropf, wie euer Ehegaumer da ist, beschimpfen zu wollen. Hättet ihr gebührende Achtung für seine vernünf- tigen Lehren, so würdet ihr verständiger werden, euern alten Weiberglauben ablegen, und nicht al- len vernünftigen Leuten zum Trotze Meynungen beybehalten wollen, die weder Hände noch Füsse haben.
Die Bauern redeten zu Dutzenden: Offenbar ist doch diese Nacht der Teufel dem Vogt erschie- nen, und hat ihn nehmen wollen.
Junker. Ihr seyd im Irrthum, Nachbaren! und ihr werdet euch noch vor dem Nachtessen eu- rer Dummheit schämen müssen; aber ich hoffe, ihr seyd doch auch nicht alle gleich verhärtet in
eurer
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§. 91. Des Junkers Antwort.
Aber der Junker ſetzte den Hut auf, ſah et- was ernſthaft umher, und ſagte: Nachbaren! Ihr bra[uc]htet eben keinen Redner fuͤr dieſe Dohr- heit — Die Sache ſelber und die Erſcheinung des Teufels iſt Irrthum; und euer Herr Pfarrer iſt einer der verſtaͤndigſten Geiſtlichen. Ihr ſolltet euch ſchaͤmen, ihn ſo durch einen armen Tropf, wie euer Ehegaumer da iſt, beſchimpfen zu wollen. Haͤttet ihr gebuͤhrende Achtung fuͤr ſeine vernuͤnf- tigen Lehren, ſo wuͤrdet ihr verſtaͤndiger werden, euern alten Weiberglauben ablegen, und nicht al- len vernuͤnftigen Leuten zum Trotze Meynungen beybehalten wollen, die weder Haͤnde noch Fuͤſſe haben.
Die Bauern redeten zu Dutzenden: Offenbar iſt doch dieſe Nacht der Teufel dem Vogt erſchie- nen, und hat ihn nehmen wollen.
Junker. Ihr ſeyd im Irrthum, Nachbaren! und ihr werdet euch noch vor dem Nachteſſen eu- rer Dummheit ſchaͤmen muͤſſen; aber ich hoffe, ihr ſeyd doch auch nicht alle gleich verhaͤrtet in
eurer
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§. 91.
Des Junkers Antwort.
Aber der Junker ſetzte den Hut auf, ſah et-
was ernſthaft umher, und ſagte: Nachbaren!
Ihr brauchtet eben keinen Redner fuͤr dieſe Dohr-
heit — Die Sache ſelber und die Erſcheinung des
Teufels iſt Irrthum; und euer Herr Pfarrer iſt
einer der verſtaͤndigſten Geiſtlichen. Ihr ſolltet euch
ſchaͤmen, ihn ſo durch einen armen Tropf, wie
euer Ehegaumer da iſt, beſchimpfen zu wollen.
Haͤttet ihr gebuͤhrende Achtung fuͤr ſeine vernuͤnf-
tigen Lehren, ſo wuͤrdet ihr verſtaͤndiger werden,
euern alten Weiberglauben ablegen, und nicht al-
len vernuͤnftigen Leuten zum Trotze Meynungen
beybehalten wollen, die weder Haͤnde noch Fuͤſſe
haben.
Die Bauern redeten zu Dutzenden: Offenbar
iſt doch dieſe Nacht der Teufel dem Vogt erſchie-
nen, und hat ihn nehmen wollen.
Junker. Ihr ſeyd im Irrthum, Nachbaren!
und ihr werdet euch noch vor dem Nachteſſen eu-
rer Dummheit ſchaͤmen muͤſſen; aber ich hoffe,
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/378>, abgerufen am 22.11.2024.
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