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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

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er bezahlt seyn wird, nicht mehr drängen und pla-
gen dörfe --

Arner hatte längst einen Verdacht auf Hummel --
Er erkannte sogleich die Wahrheit dieser Klage,
und die Weisheit der Bitte -- Er nahm eine Schale
Thee, die vor ihm stund, und sagte: Du bist nüch-
tern, Gertrud? Trink diesen Thee, und gieb dei-
nem schönen Kind von dieser Milch.

Erröthend stand Gertrud da -- Diese Vater-
güte gieng ihr ans Herz, daß sie ihre Thränen nicht
halten konnte --

Und Arner ließ sie jezt die Thaten des Vogts
und seiner Mitgesellen und die Noth und die Sor-
gen vieler Jahre erzählen; hörte aufmerksam zu,
und einmal fragte er sie -- Wie hast du, Gertrud!
das Spargeld deiner Kinder retten können in aller
dieser Noth?

Da antwortete Gertrud -- Das war wohl
schwer, Gnädiger Herr! aber es mußte mir seyn,
als ob das Geld nicht mein wäre, als ob es ein
Sterbender mir auf seinem Todbethe gegeben hätte,
daß ich es seinen Kindern aufbehalten sollte. So,
fast ganz so sah ich es an -- Wenn ich zu Zeiten
in der dringendsten Noth den Kindern Brod dar-
aus kaufen mußte, so ruhete ich nicht, bis ich mit
Nachtarbeit wieder so viel nebenhin erspart und den
Kindern wieder erstattet hätte.

War

er bezahlt ſeyn wird, nicht mehr draͤngen und pla-
gen doͤrfe —

Arner hatte laͤngſt einen Verdacht auf Hum̃el —
Er erkannte ſogleich die Wahrheit dieſer Klage,
und die Weisheit der Bitte — Er nahm eine Schale
Thee, die vor ihm ſtund, und ſagte: Du biſt nuͤch-
tern, Gertrud? Trink dieſen Thee, und gieb dei-
nem ſchoͤnen Kind von dieſer Milch.

Erroͤthend ſtand Gertrud da — Dieſe Vater-
guͤte gieng ihr ans Herz, daß ſie ihre Thraͤnen nicht
halten konnte —

Und Arner ließ ſie jezt die Thaten des Vogts
und ſeiner Mitgeſellen und die Noth und die Sor-
gen vieler Jahre erzaͤhlen; hoͤrte aufmerkſam zu,
und einmal fragte er ſie — Wie haſt du, Gertrud!
das Spargeld deiner Kinder retten koͤnnen in aller
dieſer Noth?

Da antwortete Gertrud — Das war wohl
ſchwer, Gnaͤdiger Herr! aber es mußte mir ſeyn,
als ob das Geld nicht mein waͤre, als ob es ein
Sterbender mir auf ſeinem Todbethe gegeben haͤtte,
daß ich es ſeinen Kindern aufbehalten ſollte. So,
faſt ganz ſo ſah ich es an — Wenn ich zu Zeiten
in der dringendſten Noth den Kindern Brod dar-
aus kaufen mußte, ſo ruhete ich nicht, bis ich mit
Nachtarbeit wieder ſo viel nebenhin erſpart und den
Kindern wieder erſtattet haͤtte.

War
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[13/0036] er bezahlt ſeyn wird, nicht mehr draͤngen und pla- gen doͤrfe — Arner hatte laͤngſt einen Verdacht auf Hum̃el — Er erkannte ſogleich die Wahrheit dieſer Klage, und die Weisheit der Bitte — Er nahm eine Schale Thee, die vor ihm ſtund, und ſagte: Du biſt nuͤch- tern, Gertrud? Trink dieſen Thee, und gieb dei- nem ſchoͤnen Kind von dieſer Milch. Erroͤthend ſtand Gertrud da — Dieſe Vater- guͤte gieng ihr ans Herz, daß ſie ihre Thraͤnen nicht halten konnte — Und Arner ließ ſie jezt die Thaten des Vogts und ſeiner Mitgeſellen und die Noth und die Sor- gen vieler Jahre erzaͤhlen; hoͤrte aufmerkſam zu, und einmal fragte er ſie — Wie haſt du, Gertrud! das Spargeld deiner Kinder retten koͤnnen in aller dieſer Noth? Da antwortete Gertrud — Das war wohl ſchwer, Gnaͤdiger Herr! aber es mußte mir ſeyn, als ob das Geld nicht mein waͤre, als ob es ein Sterbender mir auf ſeinem Todbethe gegeben haͤtte, daß ich es ſeinen Kindern aufbehalten ſollte. So, faſt ganz ſo ſah ich es an — Wenn ich zu Zeiten in der dringendſten Noth den Kindern Brod dar- aus kaufen mußte, ſo ruhete ich nicht, bis ich mit Nachtarbeit wieder ſo viel nebenhin erſpart und den Kindern wieder erſtattet haͤtte. War

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/36>, abgerufen am 24.11.2024.