Pfarrer. Hast du denn wirklich Jemand ge- sehen? Hat dich Jemand angegriffen?
Vogt. Ich sah ihn -- ich sah ihn, wie er auf mich zulief. -- Es war ein grosser schwarzer Mann, und er hatte Feuer auf seinem Kopfe -- er ist mir nachgelaufen bis unten an den Berg.
Pfarrer. Warum blutest du am Kopf?
Vogt. Ich bin im Herunterlaufen gefal- len.
Pfarrer. Es hat dich also Niemand mit kei- ner Hand angerührt?
Vogt. Nein, aber gesehen habe ich ihn mit meinen Augen.
Pfarrer. Nun Vogt! wir wollen uns nicht dabey aufhalten. Ich kann nicht begreifen, was es eigentlich war. Es mag aber gewesen seyn, was es will, so ist es gleich viel; denn, Untervogt! es ist eine Ewigkeit, wo ohne einigen Zweifel die Gottlosen in seine Klauen fallen werden; und diese Ewigkeit und die Gefahr, nach deinem Tode in seine Klauen zu fallen, sollte dich bey deinem Alter und bey deinem Leben freylich unruhig und sorgenvoll machen.
Vogt. O Herr Pfarrer! ich weiß vor Sor- gen und Unruhe nicht, was ich thue. Um Gottes willen! was kann, was soll ich machen, daß ich
vom
U 2
Vogt. Oben auf dem Berge.
Pfarrer. Haſt du denn wirklich Jemand ge- ſehen? Hat dich Jemand angegriffen?
Vogt. Ich ſah ihn — ich ſah ihn, wie er auf mich zulief. — Es war ein groſſer ſchwarzer Mann, und er hatte Feuer auf ſeinem Kopfe — er iſt mir nachgelaufen bis unten an den Berg.
Pfarrer. Warum bluteſt du am Kopf?
Vogt. Ich bin im Herunterlaufen gefal- len.
Pfarrer. Es hat dich alſo Niemand mit kei- ner Hand angeruͤhrt?
Vogt. Nein, aber geſehen habe ich ihn mit meinen Augen.
Pfarrer. Nun Vogt! wir wollen uns nicht dabey aufhalten. Ich kann nicht begreifen, was es eigentlich war. Es mag aber geweſen ſeyn, was es will, ſo iſt es gleich viel; denn, Untervogt! es iſt eine Ewigkeit, wo ohne einigen Zweifel die Gottloſen in ſeine Klauen fallen werden; und dieſe Ewigkeit und die Gefahr, nach deinem Tode in ſeine Klauen zu fallen, ſollte dich bey deinem Alter und bey deinem Leben freylich unruhig und ſorgenvoll machen.
Vogt. O Herr Pfarrer! ich weiß vor Sor- gen und Unruhe nicht, was ich thue. Um Gottes willen! was kann, was ſoll ich machen, daß ich
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U 2
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Vogt. Oben auf dem Berge.
Pfarrer. Haſt du denn wirklich Jemand ge-
ſehen? Hat dich Jemand angegriffen?
Vogt. Ich ſah ihn — ich ſah ihn, wie er
auf mich zulief. — Es war ein groſſer ſchwarzer
Mann, und er hatte Feuer auf ſeinem Kopfe —
er iſt mir nachgelaufen bis unten an den Berg.
Pfarrer. Warum bluteſt du am Kopf?
Vogt. Ich bin im Herunterlaufen gefal-
len.
Pfarrer. Es hat dich alſo Niemand mit kei-
ner Hand angeruͤhrt?
Vogt. Nein, aber geſehen habe ich ihn mit
meinen Augen.
Pfarrer. Nun Vogt! wir wollen uns nicht
dabey aufhalten. Ich kann nicht begreifen, was
es eigentlich war. Es mag aber geweſen ſeyn, was
es will, ſo iſt es gleich viel; denn, Untervogt!
es iſt eine Ewigkeit, wo ohne einigen Zweifel
die Gottloſen in ſeine Klauen fallen werden; und
dieſe Ewigkeit und die Gefahr, nach deinem Tode
in ſeine Klauen zu fallen, ſollte dich bey deinem
Alter und bey deinem Leben freylich unruhig und
ſorgenvoll machen.
Vogt. O Herr Pfarrer! ich weiß vor Sor-
gen und Unruhe nicht, was ich thue. Um Gottes
willen! was kann, was ſoll ich machen, daß ich
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/332>, abgerufen am 16.02.2025.
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