Hans Wüst hat die acht Gulden zurückgebracht, den Bogt. Er stuhnd eine Weile, starrte mit halbgeöff- netem Mund die Frau an, und sagte dann: Wo ist das Geld? Wo sind die acht Gulden? Die Frau stellt's in einem zerbrochenen Trinkglas auf den Tisch. Der Vogt starrt eine Weile das Geld an, zählt's nicht, und sagt dann: Es ist nicht aus dem Schloß; der Junker giebt keine ungesönderten Sorten.
Vögtinn. Ich bin froh, daß es nicht aus dem Schlosse ist.
Vogt. Es steckt doch etwas darhinter; du hät- test es ihm nicht abnehmen sollen.
Vögtinn. Warum das?
Vögt. Ich hätte ihn ausforschen mögen, wo- her er's habe.
Vögtinn. Ich habe wohl daran gedacht; aber er wollte nicht warten, und ich glaube nicht, daß du etwas heraus gebracht hättest. Er war so kurz und abgebrochen, als man nur seyn kann.
Vogt. Es stürmt alles auf mich los; ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht -- Gieb mir zu trin- ken -- (sie stellt ihm den Krug dar) und er geht mit wilder Wuth die Stube hinauf und hinunter, schnaufet, trinkt, und redt mit sich selber: Ich will den Mäurer verderben, das ist das erste, so seyn muß. Wenn's mich hundert Thaler kostet -- Der Michel muß ihn verderben; und dann will ich
auch
Hans Wuͤſt hat die acht Gulden zuruͤckgebracht, den Bogt. Er ſtuhnd eine Weile, ſtarrte mit halbgeoͤff- netem Mund die Frau an, und ſagte dann: Wo iſt das Geld? Wo ſind die acht Gulden? Die Frau ſtellt’s in einem zerbrochenen Trinkglas auf den Tiſch. Der Vogt ſtarrt eine Weile das Geld an, zaͤhlt’s nicht, und ſagt dann: Es iſt nicht aus dem Schloß; der Junker giebt keine ungeſoͤnderten Sorten.
Voͤgtinn. Ich bin froh, daß es nicht aus dem Schloſſe iſt.
Vogt. Es ſteckt doch etwas darhinter; du haͤt- teſt es ihm nicht abnehmen ſollen.
Voͤgtinn. Warum das?
Voͤgt. Ich haͤtte ihn ausforſchen moͤgen, wo- her er’s habe.
Voͤgtinn. Ich habe wohl daran gedacht; aber er wollte nicht warten, und ich glaube nicht, daß du etwas heraus gebracht haͤtteſt. Er war ſo kurz und abgebrochen, als man nur ſeyn kann.
Vogt. Es ſtuͤrmt alles auf mich los; ich weiß nicht, wo mir der Kopf ſteht — Gieb mir zu trin- ken — (ſie ſtellt ihm den Krug dar) und er geht mit wilder Wuth die Stube hinauf und hinunter, ſchnaufet, trinkt, und redt mit ſich ſelber: Ich will den Maͤurer verderben, das iſt das erſte, ſo ſeyn muß. Wenn’s mich hundert Thaler koſtet — Der Michel muß ihn verderben; und dann will ich
auch
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Hans Wuͤſt hat die acht Gulden zuruͤckgebracht, den
Bogt. Er ſtuhnd eine Weile, ſtarrte mit halbgeoͤff-
netem Mund die Frau an, und ſagte dann: Wo
iſt das Geld? Wo ſind die acht Gulden? Die
Frau ſtellt’s in einem zerbrochenen Trinkglas auf
den Tiſch. Der Vogt ſtarrt eine Weile das Geld
an, zaͤhlt’s nicht, und ſagt dann: Es iſt nicht aus
dem Schloß; der Junker giebt keine ungeſoͤnderten
Sorten.
Voͤgtinn. Ich bin froh, daß es nicht aus
dem Schloſſe iſt.
Vogt. Es ſteckt doch etwas darhinter; du haͤt-
teſt es ihm nicht abnehmen ſollen.
Voͤgtinn. Warum das?
Voͤgt. Ich haͤtte ihn ausforſchen moͤgen, wo-
her er’s habe.
Voͤgtinn. Ich habe wohl daran gedacht; aber
er wollte nicht warten, und ich glaube nicht, daß
du etwas heraus gebracht haͤtteſt. Er war ſo kurz
und abgebrochen, als man nur ſeyn kann.
Vogt. Es ſtuͤrmt alles auf mich los; ich weiß
nicht, wo mir der Kopf ſteht — Gieb mir zu trin-
ken — (ſie ſtellt ihm den Krug dar) und er geht
mit wilder Wuth die Stube hinauf und hinunter,
ſchnaufet, trinkt, und redt mit ſich ſelber: Ich
will den Maͤurer verderben, das iſt das erſte, ſo
ſeyn muß. Wenn’s mich hundert Thaler koſtet —
Der Michel muß ihn verderben; und dann will ich
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/321>, abgerufen am 22.11.2024.
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