Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

Hans Wüst hat die acht Gulden zurückgebracht, den
Bogt. Er stuhnd eine Weile, starrte mit halbgeöff-
netem Mund die Frau an, und sagte dann: Wo
ist das Geld? Wo sind die acht Gulden? Die
Frau stellt's in einem zerbrochenen Trinkglas auf
den Tisch. Der Vogt starrt eine Weile das Geld
an, zählt's nicht, und sagt dann: Es ist nicht aus
dem Schloß; der Junker giebt keine ungesönderten
Sorten.

Vögtinn. Ich bin froh, daß es nicht aus
dem Schlosse ist.

Vogt. Es steckt doch etwas darhinter; du hät-
test es ihm nicht abnehmen sollen.

Vögtinn. Warum das?

Vögt. Ich hätte ihn ausforschen mögen, wo-
her er's habe.

Vögtinn. Ich habe wohl daran gedacht; aber
er wollte nicht warten, und ich glaube nicht, daß
du etwas heraus gebracht hättest. Er war so kurz
und abgebrochen, als man nur seyn kann.

Vogt. Es stürmt alles auf mich los; ich weiß
nicht, wo mir der Kopf steht -- Gieb mir zu trin-
ken -- (sie stellt ihm den Krug dar) und er geht
mit wilder Wuth die Stube hinauf und hinunter,
schnaufet, trinkt, und redt mit sich selber: Ich
will den Mäurer verderben, das ist das erste, so
seyn muß. Wenn's mich hundert Thaler kostet --
Der Michel muß ihn verderben; und dann will ich

auch

Hans Wuͤſt hat die acht Gulden zuruͤckgebracht, den
Bogt. Er ſtuhnd eine Weile, ſtarrte mit halbgeoͤff-
netem Mund die Frau an, und ſagte dann: Wo
iſt das Geld? Wo ſind die acht Gulden? Die
Frau ſtellt’s in einem zerbrochenen Trinkglas auf
den Tiſch. Der Vogt ſtarrt eine Weile das Geld
an, zaͤhlt’s nicht, und ſagt dann: Es iſt nicht aus
dem Schloß; der Junker giebt keine ungeſoͤnderten
Sorten.

Voͤgtinn. Ich bin froh, daß es nicht aus
dem Schloſſe iſt.

Vogt. Es ſteckt doch etwas darhinter; du haͤt-
teſt es ihm nicht abnehmen ſollen.

Voͤgtinn. Warum das?

Voͤgt. Ich haͤtte ihn ausforſchen moͤgen, wo-
her er’s habe.

Voͤgtinn. Ich habe wohl daran gedacht; aber
er wollte nicht warten, und ich glaube nicht, daß
du etwas heraus gebracht haͤtteſt. Er war ſo kurz
und abgebrochen, als man nur ſeyn kann.

Vogt. Es ſtuͤrmt alles auf mich los; ich weiß
nicht, wo mir der Kopf ſteht — Gieb mir zu trin-
ken — (ſie ſtellt ihm den Krug dar) und er geht
mit wilder Wuth die Stube hinauf und hinunter,
ſchnaufet, trinkt, und redt mit ſich ſelber: Ich
will den Maͤurer verderben, das iſt das erſte, ſo
ſeyn muß. Wenn’s mich hundert Thaler koſtet —
Der Michel muß ihn verderben; und dann will ich

auch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0321" n="296"/>
Hans Wu&#x0364;&#x017F;t hat die acht Gulden zuru&#x0364;ckgebracht, den<lb/>
Bogt. Er &#x017F;tuhnd eine Weile, &#x017F;tarrte mit halbgeo&#x0364;ff-<lb/>
netem Mund die Frau an, und &#x017F;agte dann: Wo<lb/>
i&#x017F;t das Geld? Wo &#x017F;ind die acht Gulden? Die<lb/>
Frau &#x017F;tellt&#x2019;s in einem zerbrochenen Trinkglas auf<lb/>
den Ti&#x017F;ch. Der Vogt &#x017F;tarrt eine Weile das Geld<lb/>
an, za&#x0364;hlt&#x2019;s nicht, und &#x017F;agt dann: Es i&#x017F;t nicht aus<lb/>
dem Schloß; der Junker giebt keine unge&#x017F;o&#x0364;nderten<lb/>
Sorten.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Vo&#x0364;gtinn.</hi> Ich bin froh, daß es nicht aus<lb/>
dem Schlo&#x017F;&#x017F;e i&#x017F;t.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Vogt.</hi> Es &#x017F;teckt doch etwas darhinter; du ha&#x0364;t-<lb/>
te&#x017F;t es ihm nicht abnehmen &#x017F;ollen.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Vo&#x0364;gtinn.</hi> Warum das?</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Vo&#x0364;gt.</hi> Ich ha&#x0364;tte ihn ausfor&#x017F;chen mo&#x0364;gen, wo-<lb/>
her er&#x2019;s habe.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Vo&#x0364;gtinn.</hi> Ich habe wohl daran gedacht; aber<lb/>
er wollte nicht warten, und ich glaube nicht, daß<lb/>
du etwas heraus gebracht ha&#x0364;tte&#x017F;t. Er war &#x017F;o kurz<lb/>
und abgebrochen, als man nur &#x017F;eyn kann.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Vogt.</hi> Es &#x017F;tu&#x0364;rmt alles auf mich los; ich weiß<lb/>
nicht, wo mir der Kopf &#x017F;teht &#x2014; Gieb mir zu trin-<lb/>
ken &#x2014; (&#x017F;ie &#x017F;tellt ihm den Krug dar) und er geht<lb/>
mit wilder Wuth die Stube hinauf und hinunter,<lb/>
&#x017F;chnaufet, trinkt, und redt mit &#x017F;ich &#x017F;elber: Ich<lb/>
will den Ma&#x0364;urer verderben, das i&#x017F;t das er&#x017F;te, &#x017F;o<lb/>
&#x017F;eyn muß. Wenn&#x2019;s mich hundert Thaler ko&#x017F;tet &#x2014;<lb/>
Der Michel muß ihn verderben; und dann will ich<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">auch</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[296/0321] Hans Wuͤſt hat die acht Gulden zuruͤckgebracht, den Bogt. Er ſtuhnd eine Weile, ſtarrte mit halbgeoͤff- netem Mund die Frau an, und ſagte dann: Wo iſt das Geld? Wo ſind die acht Gulden? Die Frau ſtellt’s in einem zerbrochenen Trinkglas auf den Tiſch. Der Vogt ſtarrt eine Weile das Geld an, zaͤhlt’s nicht, und ſagt dann: Es iſt nicht aus dem Schloß; der Junker giebt keine ungeſoͤnderten Sorten. Voͤgtinn. Ich bin froh, daß es nicht aus dem Schloſſe iſt. Vogt. Es ſteckt doch etwas darhinter; du haͤt- teſt es ihm nicht abnehmen ſollen. Voͤgtinn. Warum das? Voͤgt. Ich haͤtte ihn ausforſchen moͤgen, wo- her er’s habe. Voͤgtinn. Ich habe wohl daran gedacht; aber er wollte nicht warten, und ich glaube nicht, daß du etwas heraus gebracht haͤtteſt. Er war ſo kurz und abgebrochen, als man nur ſeyn kann. Vogt. Es ſtuͤrmt alles auf mich los; ich weiß nicht, wo mir der Kopf ſteht — Gieb mir zu trin- ken — (ſie ſtellt ihm den Krug dar) und er geht mit wilder Wuth die Stube hinauf und hinunter, ſchnaufet, trinkt, und redt mit ſich ſelber: Ich will den Maͤurer verderben, das iſt das erſte, ſo ſeyn muß. Wenn’s mich hundert Thaler koſtet — Der Michel muß ihn verderben; und dann will ich auch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/321
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/321>, abgerufen am 22.11.2024.