Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

Seine Frau weinte in einer Ecke, und sagte:
Um Gottes willen! thue doch nicht so; mit diesem
Rasen bringst du Arnern nur immer mehr auf. Er
ruht nicht, bis du dich zum Ziel legst.

Er wird nicht ruhen, ich mag thun, was ich will;
er wird nicht ruhen, bis er mich zu Grunde gerichtet
haben wird. Ein Schelm, ein Dieb, ein Hund ist
er; der Verfluchteste unter allen Verfluchten, sagte
der Mann.

Und die Frau: Herr Jesus! um Gottes willen!
wie du redest, du bist von Sinnen.

Vogt. Hab ich nicht Ursache? Weißst du es
nicht? Er nimmt mir das Wirthsrecht oder den
Mantel innert vierzehn Tagen.

Vögtinn. Ich weiß es; aber um Gottes wil-
len! thue doch jezt nicht so. Das ganze Dorf
weiß es schon. Der Schloßschreiber hat's dem
Weibel gesagt, und dieser hat's allerorten ausge-
kramt. Ich wußte nichts bis auf den Abend, da
ich tränkte; da lachten die Leute auf beyden Sei-
ten der Gasse vor allen Häusern, und die Margreth,
die auch tränkte, nahm mich beyseits, und sagte
mir das Unglück. Und noch etwas: Hans Wüst
hat die acht Gulden zurückgebracht. Woher kömmt
jezt dieser zu acht Gulden? Auch darhinder steckt
Arner. Ach Gott! ach Gott! allenthalben droht
ein Ungewitter -- so sagte die Frau.

Wie ein Donnerschlag erschreckte das Wort,

Hans
T 4

Seine Frau weinte in einer Ecke, und ſagte:
Um Gottes willen! thue doch nicht ſo; mit dieſem
Raſen bringſt du Arnern nur immer mehr auf. Er
ruht nicht, bis du dich zum Ziel legſt.

Er wird nicht ruhen, ich mag thun, was ich will;
er wird nicht ruhen, bis er mich zu Grunde gerichtet
haben wird. Ein Schelm, ein Dieb, ein Hund iſt
er; der Verfluchteſte unter allen Verfluchten, ſagte
der Mann.

Und die Frau: Herr Jeſus! um Gottes willen!
wie du redeſt, du biſt von Sinnen.

Vogt. Hab ich nicht Urſache? Weißſt du es
nicht? Er nimmt mir das Wirthsrecht oder den
Mantel innert vierzehn Tagen.

Voͤgtinn. Ich weiß es; aber um Gottes wil-
len! thue doch jezt nicht ſo. Das ganze Dorf
weiß es ſchon. Der Schloßſchreiber hat’s dem
Weibel geſagt, und dieſer hat’s allerorten ausge-
kramt. Ich wußte nichts bis auf den Abend, da
ich traͤnkte; da lachten die Leute auf beyden Sei-
ten der Gaſſe vor allen Haͤuſern, und die Margreth,
die auch traͤnkte, nahm mich beyſeits, und ſagte
mir das Ungluͤck. Und noch etwas: Hans Wuͤſt
hat die acht Gulden zuruͤckgebracht. Woher koͤmmt
jezt dieſer zu acht Gulden? Auch darhinder ſteckt
Arner. Ach Gott! ach Gott! allenthalben droht
ein Ungewitter — ſo ſagte die Frau.

Wie ein Donnerſchlag erſchreckte das Wort,

Hans
T 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0320" n="295"/>
          <p>Seine Frau weinte in einer Ecke, und &#x017F;agte:<lb/>
Um Gottes willen! thue doch nicht &#x017F;o; mit die&#x017F;em<lb/>
Ra&#x017F;en bring&#x017F;t du Arnern nur immer mehr auf. Er<lb/>
ruht nicht, bis du dich zum Ziel leg&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Er wird nicht ruhen, ich mag thun, was ich will;<lb/>
er wird nicht ruhen, bis er mich zu Grunde gerichtet<lb/>
haben wird. Ein Schelm, ein Dieb, ein Hund i&#x017F;t<lb/>
er; der Verfluchte&#x017F;te unter allen Verfluchten, &#x017F;agte<lb/>
der Mann.</p><lb/>
          <p>Und die Frau: Herr Je&#x017F;us! um Gottes willen!<lb/>
wie du rede&#x017F;t, du bi&#x017F;t von Sinnen.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Vogt.</hi> Hab ich nicht Ur&#x017F;ache? Weiß&#x017F;t du es<lb/>
nicht? Er nimmt mir das Wirthsrecht oder den<lb/>
Mantel innert vierzehn Tagen.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Vo&#x0364;gtinn.</hi> Ich weiß es; aber um Gottes wil-<lb/>
len! thue doch jezt nicht &#x017F;o. Das ganze Dorf<lb/>
weiß es &#x017F;chon. Der Schloß&#x017F;chreiber hat&#x2019;s dem<lb/>
Weibel ge&#x017F;agt, und die&#x017F;er hat&#x2019;s allerorten ausge-<lb/>
kramt. Ich wußte nichts bis auf den Abend, da<lb/>
ich tra&#x0364;nkte; da lachten die Leute auf beyden Sei-<lb/>
ten der Ga&#x017F;&#x017F;e vor allen Ha&#x0364;u&#x017F;ern, und die Margreth,<lb/>
die auch tra&#x0364;nkte, nahm mich bey&#x017F;eits, und &#x017F;agte<lb/>
mir das Unglu&#x0364;ck. Und noch etwas: Hans Wu&#x0364;&#x017F;t<lb/>
hat die acht Gulden zuru&#x0364;ckgebracht. Woher ko&#x0364;mmt<lb/>
jezt die&#x017F;er zu acht Gulden? Auch darhinder &#x017F;teckt<lb/>
Arner. Ach Gott! ach Gott! allenthalben droht<lb/>
ein Ungewitter &#x2014; &#x017F;o &#x017F;agte die Frau.</p><lb/>
          <p>Wie ein Donner&#x017F;chlag er&#x017F;chreckte das Wort,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">T 4</fw><fw place="bottom" type="catch">Hans</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[295/0320] Seine Frau weinte in einer Ecke, und ſagte: Um Gottes willen! thue doch nicht ſo; mit dieſem Raſen bringſt du Arnern nur immer mehr auf. Er ruht nicht, bis du dich zum Ziel legſt. Er wird nicht ruhen, ich mag thun, was ich will; er wird nicht ruhen, bis er mich zu Grunde gerichtet haben wird. Ein Schelm, ein Dieb, ein Hund iſt er; der Verfluchteſte unter allen Verfluchten, ſagte der Mann. Und die Frau: Herr Jeſus! um Gottes willen! wie du redeſt, du biſt von Sinnen. Vogt. Hab ich nicht Urſache? Weißſt du es nicht? Er nimmt mir das Wirthsrecht oder den Mantel innert vierzehn Tagen. Voͤgtinn. Ich weiß es; aber um Gottes wil- len! thue doch jezt nicht ſo. Das ganze Dorf weiß es ſchon. Der Schloßſchreiber hat’s dem Weibel geſagt, und dieſer hat’s allerorten ausge- kramt. Ich wußte nichts bis auf den Abend, da ich traͤnkte; da lachten die Leute auf beyden Sei- ten der Gaſſe vor allen Haͤuſern, und die Margreth, die auch traͤnkte, nahm mich beyſeits, und ſagte mir das Ungluͤck. Und noch etwas: Hans Wuͤſt hat die acht Gulden zuruͤckgebracht. Woher koͤmmt jezt dieſer zu acht Gulden? Auch darhinder ſteckt Arner. Ach Gott! ach Gott! allenthalben droht ein Ungewitter — ſo ſagte die Frau. Wie ein Donnerſchlag erſchreckte das Wort, Hans T 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/320
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/320>, abgerufen am 25.11.2024.