Mein Vater hat's mir tausendmal gesagt, wie er in der Jugend so gewesen, und es geblieben sey, bis er endlich ganz am Vogt den Narren gefres- sen hatte, sagt Aebi.
Da war's aus mit des Herrn Güte; sie triefte nur in's Vogts Kisten, und der führte ihn wie ei- nen pohlnischen Bären am Seil, wohin er wollte, sagte Leemann.
Was er für ein Hund ist, daß er uns jezt so ohne Befehl im Feld herum sprengt, und noch dazu allein läßt! sagt Lenk.
Das ist so sein Brauch, sagte der Kienast; aber ein Hundsbrauch, erwiederte der Lenk.
Ja, der Herr Untervogt ist doch ein braver Mann. Unser einer kann eben nicht alles wissen, was vorfällt, antwortete der Kriecher fast so laut, als er konnte; denn er sah, daß der Untervogt im Hohlweg still daher schlich, und nahe bey ihnen war.
Der Teufel! du magst ihn wohl rühmen; ich einmal rühme jezt den Junker, sagte Lenk auch ganz laut, denn er sah den Vogt nicht im Hohlwege.
Dieser aber trittet eben, indem ers sagte, ausser den Hag, grüßt die Nachbaren, und fragt dann den Lenk: Warum rühmst du den Junker so mächtig?
Der Lenk antwortete betroffen: Ha, wir rede- ten da mit einander, wie er so liebreich und freund- lich war.
Das
Mein Vater hat’s mir tauſendmal geſagt, wie er in der Jugend ſo geweſen, und es geblieben ſey, bis er endlich ganz am Vogt den Narren gefreſ- ſen hatte, ſagt Aebi.
Da war’s aus mit des Herrn Guͤte; ſie triefte nur in’s Vogts Kiſten, und der fuͤhrte ihn wie ei- nen pohlniſchen Baͤren am Seil, wohin er wollte, ſagte Leemann.
Was er fuͤr ein Hund iſt, daß er uns jezt ſo ohne Befehl im Feld herum ſprengt, und noch dazu allein laͤßt! ſagt Lenk.
Das iſt ſo ſein Brauch, ſagte der Kienaſt; aber ein Hundsbrauch, erwiederte der Lenk.
Ja, der Herr Untervogt iſt doch ein braver Mann. Unſer einer kann eben nicht alles wiſſen, was vorfaͤllt, antwortete der Kriecher faſt ſo laut, als er konnte; denn er ſah, daß der Untervogt im Hohlweg ſtill daher ſchlich, und nahe bey ihnen war.
Der Teufel! du magſt ihn wohl ruͤhmen; ich einmal ruͤhme jezt den Junker, ſagte Lenk auch ganz laut, denn er ſah den Vogt nicht im Hohlwege.
Dieſer aber trittet eben, indem ers ſagte, auſſer den Hag, gruͤßt die Nachbaren, und fragt dann den Lenk: Warum ruͤhmſt du den Junker ſo maͤchtig?
Der Lenk antwortete betroffen: Ha, wir rede- ten da mit einander, wie er ſo liebreich und freund- lich war.
Das
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Mein Vater hat’s mir tauſendmal geſagt, wie
er in der Jugend ſo geweſen, und es geblieben ſey,
bis er endlich ganz am Vogt den Narren gefreſ-
ſen hatte, ſagt Aebi.
Da war’s aus mit des Herrn Guͤte; ſie triefte
nur in’s Vogts Kiſten, und der fuͤhrte ihn wie ei-
nen pohlniſchen Baͤren am Seil, wohin er wollte,
ſagte Leemann.
Was er fuͤr ein Hund iſt, daß er uns jezt ſo
ohne Befehl im Feld herum ſprengt, und noch
dazu allein laͤßt! ſagt Lenk.
Das iſt ſo ſein Brauch, ſagte der Kienaſt;
aber ein Hundsbrauch, erwiederte der Lenk.
Ja, der Herr Untervogt iſt doch ein braver
Mann. Unſer einer kann eben nicht alles wiſſen,
was vorfaͤllt, antwortete der Kriecher faſt ſo laut,
als er konnte; denn er ſah, daß der Untervogt im
Hohlweg ſtill daher ſchlich, und nahe bey ihnen
war.
Der Teufel! du magſt ihn wohl ruͤhmen; ich
einmal ruͤhme jezt den Junker, ſagte Lenk auch
ganz laut, denn er ſah den Vogt nicht im Hohlwege.
Dieſer aber trittet eben, indem ers ſagte, auſſer
den Hag, gruͤßt die Nachbaren, und fragt dann den
Lenk: Warum ruͤhmſt du den Junker ſo maͤchtig?
Der Lenk antwortete betroffen: Ha, wir rede-
ten da mit einander, wie er ſo liebreich und freund-
lich war.
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/281>, abgerufen am 24.11.2024.
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