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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

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wie ihm erschreckliche und gräuliche Dinge während
dem Nachtmahl zu Sinn gekommen wären. Ich
konnte, so sagte er zur Frauen: ich konnte während
dem Nachtmahl nicht beten und nicht seufzen. Mein
Herz war mir wie ein Stein -- Und da mir der
Pfarrer das Brod gab, so sah er mich an, daß es
nicht auszusprechen war; nein! ich kann's nicht aus-
sprechen; aber auch nicht vergessen, wie er mich
ansah -- Wenn ein Richter einen armen Sünder
dem Rad und dem Scheiterhaufen übergiebt, und
eben über ihn den Stab bricht; er kann ihn nicht
so ansehen. Vergessen kann ich's nicht, wie er mich
ansah. Ein kalter Schweiß floß über meine Stir-
ne, und meine Hand zitterte, da ich von ihm das
Brod nahm.

Und da ich's geessen hatte, übernahm mich ein
wütender schrecklicher Zorn über den Pfarrer, daß ich
mit meinen Zähnen knirschte, und ihn nicht mehr an-
sehen durfte.

Frau! ein Abscheulichers stieg mir dann nach
dem andern in's Herz.

Ich erschrack über diesen Gedanken, wie ich ob
grossen Donnerstrahlen erschrecke; aber ich konnte
ihrer nicht los werden.

Ich zitterte vor dem Taufsteine, *) daß ich

den
*) In Bonnal gehen die Communicanten zum Tauf-
stein, und empfangen da vom Pfarrer das Brod,
und von den Dorfvorgesetzten den Kelch.

wie ihm erſchreckliche und graͤuliche Dinge waͤhrend
dem Nachtmahl zu Sinn gekommen waͤren. Ich
konnte, ſo ſagte er zur Frauen: ich konnte waͤhrend
dem Nachtmahl nicht beten und nicht ſeufzen. Mein
Herz war mir wie ein Stein — Und da mir der
Pfarrer das Brod gab, ſo ſah er mich an, daß es
nicht auszuſprechen war; nein! ich kann’s nicht aus-
ſprechen; aber auch nicht vergeſſen, wie er mich
anſah — Wenn ein Richter einen armen Suͤnder
dem Rad und dem Scheiterhaufen uͤbergiebt, und
eben uͤber ihn den Stab bricht; er kann ihn nicht
ſo anſehen. Vergeſſen kann ich’s nicht, wie er mich
anſah. Ein kalter Schweiß floß uͤber meine Stir-
ne, und meine Hand zitterte, da ich von ihm das
Brod nahm.

Und da ich’s geeſſen hatte, uͤbernahm mich ein
wuͤtender ſchrecklicher Zorn uͤber den Pfarrer, daß ich
mit meinen Zaͤhnen knirſchte, und ihn nicht mehr an-
ſehen durfte.

Frau! ein Abſcheulichers ſtieg mir dann nach
dem andern in’s Herz.

Ich erſchrack uͤber dieſen Gedanken, wie ich ob
groſſen Donnerſtrahlen erſchrecke; aber ich konnte
ihrer nicht los werden.

Ich zitterte vor dem Taufſteine, *) daß ich

den
*) In Bonnal gehen die Communicanten zum Tauf-
ſtein, und empfangen da vom Pfarrer das Brod,
und von den Dorfvorgeſetzten den Kelch.
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[223/0248] wie ihm erſchreckliche und graͤuliche Dinge waͤhrend dem Nachtmahl zu Sinn gekommen waͤren. Ich konnte, ſo ſagte er zur Frauen: ich konnte waͤhrend dem Nachtmahl nicht beten und nicht ſeufzen. Mein Herz war mir wie ein Stein — Und da mir der Pfarrer das Brod gab, ſo ſah er mich an, daß es nicht auszuſprechen war; nein! ich kann’s nicht aus- ſprechen; aber auch nicht vergeſſen, wie er mich anſah — Wenn ein Richter einen armen Suͤnder dem Rad und dem Scheiterhaufen uͤbergiebt, und eben uͤber ihn den Stab bricht; er kann ihn nicht ſo anſehen. Vergeſſen kann ich’s nicht, wie er mich anſah. Ein kalter Schweiß floß uͤber meine Stir- ne, und meine Hand zitterte, da ich von ihm das Brod nahm. Und da ich’s geeſſen hatte, uͤbernahm mich ein wuͤtender ſchrecklicher Zorn uͤber den Pfarrer, daß ich mit meinen Zaͤhnen knirſchte, und ihn nicht mehr an- ſehen durfte. Frau! ein Abſcheulichers ſtieg mir dann nach dem andern in’s Herz. Ich erſchrack uͤber dieſen Gedanken, wie ich ob groſſen Donnerſtrahlen erſchrecke; aber ich konnte ihrer nicht los werden. Ich zitterte vor dem Taufſteine, *) daß ich den *) In Bonnal gehen die Communicanten zum Tauf- ſtein, und empfangen da vom Pfarrer das Brod, und von den Dorfvorgeſetzten den Kelch.

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/248>, abgerufen am 22.11.2024.