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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

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stellte, immer um das Wirthshaus herum, und es
ist kein Mensch, ausser die Vögtinn, die in der
Kirche ist, zum Haus heraus gegangen.

Pfarrer. Sie sind also noch alle ganz gewiß
im Wirthshause?

Samuel. Ja, Herr Pfarrer! ganz gewiß.

Ehegaumer. Da seht ihr jezt, Wohlehr-
würdiger Herr Pfarrer! daß ich mich nicht geirrt
habe, und daß ich es habe anzeigen müssen.

Pfarrer. Es ist ein Unglück, daß an einem
heiligen Tage solche Sachen einem Zeit und Ruhe
rauben müssen.

Ehegaumer. Was wir thaten, Wohlehr-
würdiger Herr Pfarrer! war unsre theure Pflicht.

Pfarrer. Ich weiß es, und ich danke euch für
eure Sorgfalt; aber Nachbaren! vergesset doch ob ei-
ner kleinen leichten Pflicht die schwärern und grössern
nicht. Acht auf uns selber zu haben, und über
unsere eigene Herzen zu wachen, ist immer die erste
und wichtigste Pflicht des Menschen. Darum ist es
allemal ein Unglück, wenn solche böse Sachen ei-
nem Menschen Zerstreuungen veranlassen.

Nach einer Weile sagte er dann wieder:

Nein, es ist doch nicht länger auszustehn, die-
ses gränzenlose Unwesen -- und mit aller Nachsicht
wird es immer nur ärger.

Und darauf gieng er mit diesen Männern zur
Kirche.

§. 42.
O 5

ſtellte, immer um das Wirthshaus herum, und es
iſt kein Menſch, auſſer die Voͤgtinn, die in der
Kirche iſt, zum Haus heraus gegangen.

Pfarrer. Sie ſind alſo noch alle ganz gewiß
im Wirthshauſe?

Samuel. Ja, Herr Pfarrer! ganz gewiß.

Ehegaumer. Da ſeht ihr jezt, Wohlehr-
wuͤrdiger Herr Pfarrer! daß ich mich nicht geirrt
habe, und daß ich es habe anzeigen muͤſſen.

Pfarrer. Es iſt ein Ungluͤck, daß an einem
heiligen Tage ſolche Sachen einem Zeit und Ruhe
rauben muͤſſen.

Ehegaumer. Was wir thaten, Wohlehr-
wuͤrdiger Herr Pfarrer! war unſre theure Pflicht.

Pfarrer. Ich weiß es, und ich danke euch fuͤr
eure Sorgfalt; aber Nachbaren! vergeſſet doch ob ei-
ner kleinen leichten Pflicht die ſchwaͤrern und groͤſſern
nicht. Acht auf uns ſelber zu haben, und uͤber
unſere eigene Herzen zu wachen, iſt immer die erſte
und wichtigſte Pflicht des Menſchen. Darum iſt es
allemal ein Ungluͤck, wenn ſolche boͤſe Sachen ei-
nem Menſchen Zerſtreuungen veranlaſſen.

Nach einer Weile ſagte er dann wieder:

Nein, es iſt doch nicht laͤnger auszuſtehn, die-
ſes graͤnzenloſe Unweſen — und mit aller Nachſicht
wird es immer nur aͤrger.

Und darauf gieng er mit dieſen Maͤnnern zur
Kirche.

§. 42.
O 5
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[217/0242] ſtellte, immer um das Wirthshaus herum, und es iſt kein Menſch, auſſer die Voͤgtinn, die in der Kirche iſt, zum Haus heraus gegangen. Pfarrer. Sie ſind alſo noch alle ganz gewiß im Wirthshauſe? Samuel. Ja, Herr Pfarrer! ganz gewiß. Ehegaumer. Da ſeht ihr jezt, Wohlehr- wuͤrdiger Herr Pfarrer! daß ich mich nicht geirrt habe, und daß ich es habe anzeigen muͤſſen. Pfarrer. Es iſt ein Ungluͤck, daß an einem heiligen Tage ſolche Sachen einem Zeit und Ruhe rauben muͤſſen. Ehegaumer. Was wir thaten, Wohlehr- wuͤrdiger Herr Pfarrer! war unſre theure Pflicht. Pfarrer. Ich weiß es, und ich danke euch fuͤr eure Sorgfalt; aber Nachbaren! vergeſſet doch ob ei- ner kleinen leichten Pflicht die ſchwaͤrern und groͤſſern nicht. Acht auf uns ſelber zu haben, und uͤber unſere eigene Herzen zu wachen, iſt immer die erſte und wichtigſte Pflicht des Menſchen. Darum iſt es allemal ein Ungluͤck, wenn ſolche boͤſe Sachen ei- nem Menſchen Zerſtreuungen veranlaſſen. Nach einer Weile ſagte er dann wieder: Nein, es iſt doch nicht laͤnger auszuſtehn, die- ſes graͤnzenloſe Unweſen — und mit aller Nachſicht wird es immer nur aͤrger. Und darauf gieng er mit dieſen Maͤnnern zur Kirche. §. 42. O 5

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/242>, abgerufen am 24.11.2024.