§. 34. So ein Unterricht wird verstanden und geht an's Herz, aber es giebt ihn ei- ne Mutter.
Mutter.
Aber ihr Lieben! wie ist's in dieser Woche mit dem Rechtthun gegangen?
Die Kinder sehen eines das andere an, und schweigen.
Mutter. Anneli! thatest du Recht in dieser Woche?
Anneli. Nein Mutter! du weißst es wohl mit dem Brüderlein.
Mutter. Anneli! es hätte dem Kind etwas begegnen können; es sind schon Kinder, die man so allein gelassen hat, erstickt. Und über das, denk nur, wie's dir wäre, wenn man dich in eine Kammer einsperrte, und dich da hungern und dürsten und schreyen liesse. Die kleinen Kinder werden auch zornig, und schreyen, wenn man sie lang ohne Hülfe läßt, so entsetzlich, daß sie für ihr ganzes Leben elend werden können. -- Anneli! so dü[ - 1 Zeichen fehlt][f]te ich, weiß Gott! keinen Augenblick mehr ruhig vom
Hause
§. 34. So ein Unterricht wird verſtanden und geht an’s Herz, aber es giebt ihn ei- ne Mutter.
Mutter.
Aber ihr Lieben! wie iſt’s in dieſer Woche mit dem Rechtthun gegangen?
Die Kinder ſehen eines das andere an, und ſchweigen.
Mutter. Anneli! thateſt du Recht in dieſer Woche?
Anneli. Nein Mutter! du weißſt es wohl mit dem Bruͤderlein.
Mutter. Anneli! es haͤtte dem Kind etwas begegnen koͤnnen; es ſind ſchon Kinder, die man ſo allein gelaſſen hat, erſtickt. Und uͤber das, denk nur, wie’s dir waͤre, wenn man dich in eine Kammer einſperrte, und dich da hungern und duͤrſten und ſchreyen lieſſe. Die kleinen Kinder werden auch zornig, und ſchreyen, wenn man ſie lang ohne Huͤlfe laͤßt, ſo entſetzlich, daß ſie fuͤr ihr ganzes Leben elend werden koͤnnen. — Anneli! ſo duͤ[ – 1 Zeichen fehlt][f]te ich, weiß Gott! keinen Augenblick mehr ruhig vom
Hauſe
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§. 34.
So ein Unterricht wird verſtanden und
geht an’s Herz, aber es giebt ihn ei-
ne Mutter.
Mutter.
Aber ihr Lieben! wie iſt’s in dieſer Woche mit
dem Rechtthun gegangen?
Die Kinder ſehen eines das andere an, und
ſchweigen.
Mutter. Anneli! thateſt du Recht in dieſer
Woche?
Anneli. Nein Mutter! du weißſt es wohl mit
dem Bruͤderlein.
Mutter. Anneli! es haͤtte dem Kind etwas
begegnen koͤnnen; es ſind ſchon Kinder, die man ſo
allein gelaſſen hat, erſtickt. Und uͤber das, denk nur,
wie’s dir waͤre, wenn man dich in eine Kammer
einſperrte, und dich da hungern und duͤrſten und
ſchreyen lieſſe. Die kleinen Kinder werden auch
zornig, und ſchreyen, wenn man ſie lang ohne
Huͤlfe laͤßt, ſo entſetzlich, daß ſie fuͤr ihr ganzes
Leben elend werden koͤnnen. — Anneli! ſo duͤ_fte
ich, weiß Gott! keinen Augenblick mehr ruhig vom
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/198>, abgerufen am 25.11.2024.
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