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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

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Und Christen fragt alsobald: Ist das vom heu-
tigen, Vogt! den des Scheerers Hund. mitsäuft?

Vogt. Ja, so ein Narr bin ich wieder.

Christen. Was hattest du wohl für eine Teu-
felsabsicht dabey?

Vogt. Bey Gott! keine. Es war ein blosser
Narreneinfall. Ich war noch nüchtern, und wollte
nicht saufen.

Christen. Pfeif das dem Scheitstock, vielleicht
glaubt er's, ich mag nicht.

Vogt. Warum nicht?

Christen. Warum nicht? Weil dein Wein,
den wir soffen, auch nach Schwefel roch wie die Pest?

Vogt. Wer sagt das?

Christen. Ich, Meister Urias! Ich merkte es
nicht in der Stube; aber da ich den leeren Krug
heim trug, roch es mir noch in die Nase, daß
es mich fast zurück schlug -- Alles und alles zusam-
men genommen, so ist einmal ziemlich am Tage,
daß du mit Gunst etwas gesucht hast.

Vogt. Ich weiß so wenig, was für Wein
die Frau geschickt hat, als ein Kind in der Wie-
ge. -- Mit deinen Einbildungen, du Narr!

Christen. Aber du weißst doch auch noch, daß
du eine schöne Predigt von den Rechten im Lande
gehalten hast? Du hast das, denk ich, auch so aus
unbedachtem Muthe gethan, wie man eine Prise
Tabak nimmt.

Vogt.

Und Chriſten fragt alſobald: Iſt das vom heu-
tigen, Vogt! den des Scheerers Hund. mitſaͤuft?

Vogt. Ja, ſo ein Narr bin ich wieder.

Chriſten. Was hatteſt du wohl fuͤr eine Teu-
felsabſicht dabey?

Vogt. Bey Gott! keine. Es war ein bloſſer
Narreneinfall. Ich war noch nuͤchtern, und wollte
nicht ſaufen.

Chriſten. Pfeif das dem Scheitſtock, vielleicht
glaubt er’s, ich mag nicht.

Vogt. Warum nicht?

Chriſten. Warum nicht? Weil dein Wein,
den wir ſoffen, auch nach Schwefel roch wie die Peſt?

Vogt. Wer ſagt das?

Chriſten. Ich, Meiſter Urias! Ich merkte es
nicht in der Stube; aber da ich den leeren Krug
heim trug, roch es mir noch in die Naſe, daß
es mich faſt zuruͤck ſchlug — Alles und alles zuſam-
men genommen, ſo iſt einmal ziemlich am Tage,
daß du mit Gunſt etwas geſucht haſt.

Vogt. Ich weiß ſo wenig, was fuͤr Wein
die Frau geſchickt hat, als ein Kind in der Wie-
ge. — Mit deinen Einbildungen, du Narr!

Chriſten. Aber du weißſt doch auch noch, daß
du eine ſchoͤne Predigt von den Rechten im Lande
gehalten haſt? Du haſt das, denk ich, auch ſo aus
unbedachtem Muthe gethan, wie man eine Priſe
Tabak nimmt.

Vogt.
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[148/0173] Und Chriſten fragt alſobald: Iſt das vom heu- tigen, Vogt! den des Scheerers Hund. mitſaͤuft? Vogt. Ja, ſo ein Narr bin ich wieder. Chriſten. Was hatteſt du wohl fuͤr eine Teu- felsabſicht dabey? Vogt. Bey Gott! keine. Es war ein bloſſer Narreneinfall. Ich war noch nuͤchtern, und wollte nicht ſaufen. Chriſten. Pfeif das dem Scheitſtock, vielleicht glaubt er’s, ich mag nicht. Vogt. Warum nicht? Chriſten. Warum nicht? Weil dein Wein, den wir ſoffen, auch nach Schwefel roch wie die Peſt? Vogt. Wer ſagt das? Chriſten. Ich, Meiſter Urias! Ich merkte es nicht in der Stube; aber da ich den leeren Krug heim trug, roch es mir noch in die Naſe, daß es mich faſt zuruͤck ſchlug — Alles und alles zuſam- men genommen, ſo iſt einmal ziemlich am Tage, daß du mit Gunſt etwas geſucht haſt. Vogt. Ich weiß ſo wenig, was fuͤr Wein die Frau geſchickt hat, als ein Kind in der Wie- ge. — Mit deinen Einbildungen, du Narr! Chriſten. Aber du weißſt doch auch noch, daß du eine ſchoͤne Predigt von den Rechten im Lande gehalten haſt? Du haſt das, denk ich, auch ſo aus unbedachtem Muthe gethan, wie man eine Priſe Tabak nimmt. Vogt.

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/173>, abgerufen am 24.11.2024.