[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.Marx. Bey meiner Frauen sel. Schwester, Vogt. Es war mir, ich hörte eben in der Kam- Marx. Es ist kein einziges bey Hause. Der Vogt hört das Geschrey noch einmal, Essen deine Kinder da zu Mittag, Marx? -- Marx. Um Gottes willen! sag es doch Nie- Vogt. Bist du denn auch von Sinnen? Auch Marx. Kommet jezt nur heraus; aber Vogt! Vogt.
Marx. Bey meiner Frauen ſel. Schweſter, Vogt. Es war mir, ich hoͤrte eben in der Kam- Marx. Es iſt kein einziges bey Hauſe. Der Vogt hoͤrt das Geſchrey noch einmal, Eſſen deine Kinder da zu Mittag, Marx? — Marx. Um Gottes willen! ſag es doch Nie- Vogt. Biſt du denn auch von Sinnen? Auch Marx. Kommet jezt nur heraus; aber Vogt! Vogt.
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Marx. Bey meiner Frauen ſel. Schweſter,
ſie eſſen da zu Mittag.
Vogt. Es war mir, ich hoͤrte eben in der Kam-
mer Kinder ſchreyen.
Marx. Es iſt kein einziges bey Hauſe.
Der Vogt hoͤrt das Geſchrey noch einmal,
oͤffnet ohne Complimenten die Kammerthuͤre, ſieht
die faſt nackenden Kinder, von Wind, Regen und
Schnee, die in die Kammer hinein ſtuͤrmen, zit-
ternd und ſchlotternd, daß ſie faſt nicht reden konn-
ten, und ſagt dann:
Eſſen deine Kinder da zu Mittag, Marx? —
Du biſt ein Hund und ein Heuchler, und du haſt das
um deines verdammten Hochmuths willen ſchon
mehr ſo gemacht.
Marx. Um Gottes willen! ſag es doch Nie-
mand, bring mir’s doch nicht aus, Vogt! Um
Gottes willen! unter der Sonne waͤre kein un-
gluͤcklicherer Menſch als ich, wenn’s mir auskaͤme.
Vogt. Biſt du denn auch von Sinnen? Auch
jetzo ſagſt du nicht einmal, daß ſie aus dem Hunds-
ſtall heraus kommen ſollen. Sieheſt du denn auch
nicht, daß ſie braun und blau ſind vor Frieren?
So wuͤrde ich einmal meinen Budel nicht ein-
ſperren.
Marx. Kommet jezt nur heraus; aber Vogt!
um Gottes willen! ſag’s doch Niemand.
Vogt.
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