Neben diesen äusserlichen und öffentlich bekann- ten Eigenschaften, hatte er auch noch einige andre, zwar nur zum stillen Gebrauch seines häuslichen Lebens; aber doch muß ich sie auch erzehlen.
Er war mit seiner Frau und mit seinen Kin- dern ein Teufel. In der äussersten Armuth wün- schet er immer etwas Gutes zu essen: und wenn er's dann nicht hatte, so lag ihm alles nicht recht; bald waren die Kinder nicht recht gekämmt, bald nicht recht gewaschen, und so tausenderley; und wenn er nichts fand zum Zanken, so sah ihn etwan das Kleine vierteljährige sauer an, dann gab er ihm tüchtig auf die kleinen Hände, daß es Respect lerne.
Du bist ein Narr! sagte ihm einst bey einem solchen Anlasse die Frau: und sie hatte freylich Recht, und nicht mehr als die reine Wahrheit geredt; aber er stiesse sie mit den Füssen; sie wollte ent- fliehn, und fiel unter der Thüre zwey Löcher in den Kopf. Ob diesen Löchern ist der Nachbar er- schrocken, denn er dachte weislich in seinem Sinn: der zerschlagene Kopf könne sein Leben ruchtbar machen.
Und wie alle Heuchler im Schrecken sich bie- gen, und schmiegen und krümmen, so krümmte und schmiegte sich damals auch Kriecher; er bat die Frau auf seinen Knien, und um tausend Gotts-
willen,
Neben dieſen aͤuſſerlichen und oͤffentlich bekann- ten Eigenſchaften, hatte er auch noch einige andre, zwar nur zum ſtillen Gebrauch ſeines haͤuslichen Lebens; aber doch muß ich ſie auch erzehlen.
Er war mit ſeiner Frau und mit ſeinen Kin- dern ein Teufel. In der aͤuſſerſten Armuth wuͤn- ſchet er immer etwas Gutes zu eſſen: und wenn er’s dann nicht hatte, ſo lag ihm alles nicht recht; bald waren die Kinder nicht recht gekaͤmmt, bald nicht recht gewaſchen, und ſo tauſenderley; und wenn er nichts fand zum Zanken, ſo ſah ihn etwan das Kleine vierteljaͤhrige ſauer an, dann gab er ihm tuͤchtig auf die kleinen Haͤnde, daß es Reſpect lerne.
Du biſt ein Narr! ſagte ihm einſt bey einem ſolchen Anlaſſe die Frau: und ſie hatte freylich Recht, und nicht mehr als die reine Wahrheit geredt; aber er ſtieſſe ſie mit den Fuͤſſen; ſie wollte ent- fliehn, und fiel unter der Thuͤre zwey Loͤcher in den Kopf. Ob dieſen Loͤchern iſt der Nachbar er- ſchrocken, denn er dachte weislich in ſeinem Sinn: der zerſchlagene Kopf koͤnne ſein Leben ruchtbar machen.
Und wie alle Heuchler im Schrecken ſich bie- gen, und ſchmiegen und kruͤmmen, ſo kruͤmmte und ſchmiegte ſich damals auch Kriecher; er bat die Frau auf ſeinen Knien, und um tauſend Gotts-
willen,
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Neben dieſen aͤuſſerlichen und oͤffentlich bekann-
ten Eigenſchaften, hatte er auch noch einige andre,
zwar nur zum ſtillen Gebrauch ſeines haͤuslichen
Lebens; aber doch muß ich ſie auch erzehlen.
Er war mit ſeiner Frau und mit ſeinen Kin-
dern ein Teufel. In der aͤuſſerſten Armuth wuͤn-
ſchet er immer etwas Gutes zu eſſen: und wenn
er’s dann nicht hatte, ſo lag ihm alles nicht recht;
bald waren die Kinder nicht recht gekaͤmmt, bald
nicht recht gewaſchen, und ſo tauſenderley; und
wenn er nichts fand zum Zanken, ſo ſah ihn etwan
das Kleine vierteljaͤhrige ſauer an, dann gab er
ihm tuͤchtig auf die kleinen Haͤnde, daß es Reſpect
lerne.
Du biſt ein Narr! ſagte ihm einſt bey einem
ſolchen Anlaſſe die Frau: und ſie hatte freylich Recht,
und nicht mehr als die reine Wahrheit geredt;
aber er ſtieſſe ſie mit den Fuͤſſen; ſie wollte ent-
fliehn, und fiel unter der Thuͤre zwey Loͤcher in
den Kopf. Ob dieſen Loͤchern iſt der Nachbar er-
ſchrocken, denn er dachte weislich in ſeinem Sinn:
der zerſchlagene Kopf koͤnne ſein Leben ruchtbar
machen.
Und wie alle Heuchler im Schrecken ſich bie-
gen, und ſchmiegen und kruͤmmen, ſo kruͤmmte und
ſchmiegte ſich damals auch Kriecher; er bat die
Frau auf ſeinen Knien, und um tauſend Gotts-
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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/151>, abgerufen am 22.11.2024.
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