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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

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Der Vogt aber, da er allein war, mußte, so
sehr er auch nicht wollte, doch bey sich selber auch
seufzen, und sagte: daß mir jezt auch das noch
hat begegnen müssen; ich hatte doch heut sonst
genug.

Er verhärtete sich aber bald wieder, und sagte
dann weiter:

Der arme Schelm dauert mich, wie er sich
plagt! Aber er hat nicht Recht, es geht ihn nichts
an, wie ihn der Richter verstanden hat. Der Teufel
möchte Eide schwören, wenn man den Sinn so
genau und so scharf heraus klauben wollte. Ich
weiß auch, wie andere Leute, und eben die, so das
am besten verstehn müssen, den Eid nach ihren
Auslegungen nehmen, und ruhig sind; wo ein jeder
anderer armer Schelm, der wie der Wüst denkt,
meynen müßte, er sähe mit seinen Augen Sonnen-
klar daß sie ihn verdrehen; und doch wollte ich, ich
hätte diese Gedanken jezt aus dem Kopf, sie ma-
chen mich verdrüßlich. Ich will zurück und ein
Glas Wein trinken. So sagte er, und that treulich,
was er gesagt hatte.



§. 23.

Der Vogt aber, da er allein war, mußte, ſo
ſehr er auch nicht wollte, doch bey ſich ſelber auch
ſeufzen, und ſagte: daß mir jezt auch das noch
hat begegnen muͤſſen; ich hatte doch heut ſonſt
genug.

Er verhaͤrtete ſich aber bald wieder, und ſagte
dann weiter:

Der arme Schelm dauert mich, wie er ſich
plagt! Aber er hat nicht Recht, es geht ihn nichts
an, wie ihn der Richter verſtanden hat. Der Teufel
moͤchte Eide ſchwoͤren, wenn man den Sinn ſo
genau und ſo ſcharf heraus klauben wollte. Ich
weiß auch, wie andere Leute, und eben die, ſo das
am beſten verſtehn muͤſſen, den Eid nach ihren
Auslegungen nehmen, und ruhig ſind; wo ein jeder
anderer armer Schelm, der wie der Wuͤſt denkt,
meynen muͤßte, er ſaͤhe mit ſeinen Augen Sonnen-
klar daß ſie ihn verdrehen; und doch wollte ich, ich
haͤtte dieſe Gedanken jezt aus dem Kopf, ſie ma-
chen mich verdruͤßlich. Ich will zuruͤck und ein
Glas Wein trinken. So ſagte er, und that treulich,
was er geſagt hatte.



§. 23.
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[124/0149] Der Vogt aber, da er allein war, mußte, ſo ſehr er auch nicht wollte, doch bey ſich ſelber auch ſeufzen, und ſagte: daß mir jezt auch das noch hat begegnen muͤſſen; ich hatte doch heut ſonſt genug. Er verhaͤrtete ſich aber bald wieder, und ſagte dann weiter: Der arme Schelm dauert mich, wie er ſich plagt! Aber er hat nicht Recht, es geht ihn nichts an, wie ihn der Richter verſtanden hat. Der Teufel moͤchte Eide ſchwoͤren, wenn man den Sinn ſo genau und ſo ſcharf heraus klauben wollte. Ich weiß auch, wie andere Leute, und eben die, ſo das am beſten verſtehn muͤſſen, den Eid nach ihren Auslegungen nehmen, und ruhig ſind; wo ein jeder anderer armer Schelm, der wie der Wuͤſt denkt, meynen muͤßte, er ſaͤhe mit ſeinen Augen Sonnen- klar daß ſie ihn verdrehen; und doch wollte ich, ich haͤtte dieſe Gedanken jezt aus dem Kopf, ſie ma- chen mich verdruͤßlich. Ich will zuruͤck und ein Glas Wein trinken. So ſagte er, und that treulich, was er geſagt hatte. §. 23.

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/149>, abgerufen am 27.11.2024.