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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

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Wüst. Ja, dienen, das ist etwas: aber die-
nen, daß einem hernach auf Gottes Erdboden keine
Stunde mehr wohl ist, das ist etwas anders.

Vogt. Rede nicht so, Wüst! Du hast nichts
ausgesagt, als was wahr ist.

Wüst. Du sagst freylich das immer: Aber
immer ist mir in meinem Herzen, ich habe falsch
geschworen.

Vogt. Das ist nicht wahr, Wüst! es ist auf
meine Seele nicht wahr. Du beschwurest nur, was
dir vorgelesen wurde, und das war unverfänglich
geschrieben. Ich habe dir's mehr als hundertmal
vorgelesen, und du sahst es ein, wie ich, und sag-
test mir allemal: ja, dazu kann ich schwören!
War das nicht ehrlich und gerade zu? Was willst
du jezt mit deinem hinten nach Grämen? Aber es
ist dir nur um die Schuld; du denkest, wenn du so
redest, ich warte dir noch länger.

Wüst. Nein, Vogt! da irrest du. Wenn ich
das Geld hätte, so würde ich es dir in diesem Au-
genblick hinwerfen, damit ich dich nicht wieder
sehe; denn mein Herz klopft mir, so oft ich dich
erblicke.

Du bist ein Narr, sagte der Vogt: aber auch
ihm klopfte das Herz.

Wüst. Ich sah es auch lang an, wie du
vorsagtest; aber es gefiel mir doch grad im An-

fange

Wuͤſt. Ja, dienen, das iſt etwas: aber die-
nen, daß einem hernach auf Gottes Erdboden keine
Stunde mehr wohl iſt, das iſt etwas anders.

Vogt. Rede nicht ſo, Wuͤſt! Du haſt nichts
ausgeſagt, als was wahr iſt.

Wuͤſt. Du ſagſt freylich das immer: Aber
immer iſt mir in meinem Herzen, ich habe falſch
geſchworen.

Vogt. Das iſt nicht wahr, Wuͤſt! es iſt auf
meine Seele nicht wahr. Du beſchwureſt nur, was
dir vorgeleſen wurde, und das war unverfaͤnglich
geſchrieben. Ich habe dir’s mehr als hundertmal
vorgeleſen, und du ſahſt es ein, wie ich, und ſag-
teſt mir allemal: ja, dazu kann ich ſchwoͤren!
War das nicht ehrlich und gerade zu? Was willſt
du jezt mit deinem hinten nach Graͤmen? Aber es
iſt dir nur um die Schuld; du denkeſt, wenn du ſo
redeſt, ich warte dir noch laͤnger.

Wuͤſt. Nein, Vogt! da irreſt du. Wenn ich
das Geld haͤtte, ſo wuͤrde ich es dir in dieſem Au-
genblick hinwerfen, damit ich dich nicht wieder
ſehe; denn mein Herz klopft mir, ſo oft ich dich
erblicke.

Du biſt ein Narr, ſagte der Vogt: aber auch
ihm klopfte das Herz.

Wuͤſt. Ich ſah es auch lang an, wie du
vorſagteſt; aber es gefiel mir doch grad im An-

fange
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[118/0143] Wuͤſt. Ja, dienen, das iſt etwas: aber die- nen, daß einem hernach auf Gottes Erdboden keine Stunde mehr wohl iſt, das iſt etwas anders. Vogt. Rede nicht ſo, Wuͤſt! Du haſt nichts ausgeſagt, als was wahr iſt. Wuͤſt. Du ſagſt freylich das immer: Aber immer iſt mir in meinem Herzen, ich habe falſch geſchworen. Vogt. Das iſt nicht wahr, Wuͤſt! es iſt auf meine Seele nicht wahr. Du beſchwureſt nur, was dir vorgeleſen wurde, und das war unverfaͤnglich geſchrieben. Ich habe dir’s mehr als hundertmal vorgeleſen, und du ſahſt es ein, wie ich, und ſag- teſt mir allemal: ja, dazu kann ich ſchwoͤren! War das nicht ehrlich und gerade zu? Was willſt du jezt mit deinem hinten nach Graͤmen? Aber es iſt dir nur um die Schuld; du denkeſt, wenn du ſo redeſt, ich warte dir noch laͤnger. Wuͤſt. Nein, Vogt! da irreſt du. Wenn ich das Geld haͤtte, ſo wuͤrde ich es dir in dieſem Au- genblick hinwerfen, damit ich dich nicht wieder ſehe; denn mein Herz klopft mir, ſo oft ich dich erblicke. Du biſt ein Narr, ſagte der Vogt: aber auch ihm klopfte das Herz. Wuͤſt. Ich ſah es auch lang an, wie du vorſagteſt; aber es gefiel mir doch grad im An- fange

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/143>, abgerufen am 24.11.2024.