ben in Freude und Leid: so wird's ihnen auch in ihrer Armuth wohlgehen.
Verzeihe auch dem Vogt, und wenn ich todt und begraben seyn werde, so geh zu ihm hin, und sage ihm: ich sey mit einem versöhnten Herze gegen ihn gestorben; Und wenn Gott meine Bitte er- höre, so werde es ihm wohlgehen, und er werde noch zur Erkenntniß seiner selbst kommen, ehe er von hinnen scheiden werde.
Nach einer Weile sagte dann die Mutter wieder: Rudi! Gieb mir meine zwo Bibeln, mein Gebetbuch und eine Schrift, die unter meinem Halstuch in einem Schächtelchen liegt.
Und Rudi stand von seinen Knien auf, und brachte alles der Mutter.
Da sagte sie: Bring mir jezt auch die Kinder alle. Er brachte sie vom Tisch, wo sie sassen und weinten, zu ihrem Bett.
Und auch diese fielen auf ihre Knie vor dem Bette der Mutter.
Da sagte sie zu ihnen: Weinet nicht so, ihr Lieben! Euer Vater im Himmel wird euch er- halten, und euch segnen. Ihr waret mir lieb, ihr Theuern! und es thut mir weh, daß ich euch so arm und ohne eine Mutter verlassen muß. -- Aber hoffet auf Gott, und trauet auf ihn in allem, was euch begegnen wird; so werdet ihr an ihm
immer
G 3
ben in Freude und Leid: ſo wird’s ihnen auch in ihrer Armuth wohlgehen.
Verzeihe auch dem Vogt, und wenn ich todt und begraben ſeyn werde, ſo geh zu ihm hin, und ſage ihm: ich ſey mit einem verſoͤhnten Herze gegen ihn geſtorben; Und wenn Gott meine Bitte er- hoͤre, ſo werde es ihm wohlgehen, und er werde noch zur Erkenntniß ſeiner ſelbſt kommen, ehe er von hinnen ſcheiden werde.
Nach einer Weile ſagte dann die Mutter wieder: Rudi! Gieb mir meine zwo Bibeln, mein Gebetbuch und eine Schrift, die unter meinem Halstuch in einem Schaͤchtelchen liegt.
Und Rudi ſtand von ſeinen Knien auf, und brachte alles der Mutter.
Da ſagte ſie: Bring mir jezt auch die Kinder alle. Er brachte ſie vom Tiſch, wo ſie ſaſſen und weinten, zu ihrem Bett.
Und auch dieſe fielen auf ihre Knie vor dem Bette der Mutter.
Da ſagte ſie zu ihnen: Weinet nicht ſo, ihr Lieben! Euer Vater im Himmel wird euch er- halten, und euch ſegnen. Ihr waret mir lieb, ihr Theuern! und es thut mir weh, daß ich euch ſo arm und ohne eine Mutter verlaſſen muß. — Aber hoffet auf Gott, und trauet auf ihn in allem, was euch begegnen wird; ſo werdet ihr an ihm
immer
G 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0126"n="101"/>
ben in Freude und Leid: ſo wird’s ihnen auch in<lb/>
ihrer Armuth wohlgehen.</p><lb/><p>Verzeihe auch dem Vogt, und wenn ich todt<lb/>
und begraben ſeyn werde, ſo geh zu ihm hin, und<lb/>ſage ihm: ich ſey mit einem verſoͤhnten Herze gegen<lb/>
ihn geſtorben; Und wenn Gott meine Bitte er-<lb/>
hoͤre, ſo werde es ihm wohlgehen, und er werde<lb/>
noch zur Erkenntniß ſeiner ſelbſt kommen, ehe er<lb/>
von hinnen ſcheiden werde.</p><lb/><p>Nach einer Weile ſagte dann die Mutter wieder:<lb/>
Rudi! Gieb mir meine zwo Bibeln, mein Gebetbuch<lb/>
und eine Schrift, die unter meinem Halstuch in<lb/>
einem Schaͤchtelchen liegt.</p><lb/><p>Und Rudi ſtand von ſeinen Knien auf, und<lb/>
brachte alles der Mutter.</p><lb/><p>Da ſagte ſie: Bring mir jezt auch die Kinder<lb/>
alle. Er brachte ſie vom Tiſch, wo ſie ſaſſen und<lb/>
weinten, zu ihrem Bett.</p><lb/><p>Und auch dieſe fielen auf ihre Knie vor dem<lb/>
Bette der Mutter.</p><lb/><p>Da ſagte ſie zu ihnen: Weinet nicht ſo, ihr<lb/>
Lieben! Euer Vater im Himmel wird euch er-<lb/>
halten, und euch ſegnen. Ihr waret mir lieb,<lb/>
ihr Theuern! und es thut mir weh, daß ich euch<lb/>ſo arm und ohne eine Mutter verlaſſen muß. —<lb/>
Aber hoffet auf Gott, und trauet auf ihn in allem,<lb/>
was euch begegnen wird; ſo werdet ihr an ihm<lb/><fwplace="bottom"type="sig">G 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">immer</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[101/0126]
ben in Freude und Leid: ſo wird’s ihnen auch in
ihrer Armuth wohlgehen.
Verzeihe auch dem Vogt, und wenn ich todt
und begraben ſeyn werde, ſo geh zu ihm hin, und
ſage ihm: ich ſey mit einem verſoͤhnten Herze gegen
ihn geſtorben; Und wenn Gott meine Bitte er-
hoͤre, ſo werde es ihm wohlgehen, und er werde
noch zur Erkenntniß ſeiner ſelbſt kommen, ehe er
von hinnen ſcheiden werde.
Nach einer Weile ſagte dann die Mutter wieder:
Rudi! Gieb mir meine zwo Bibeln, mein Gebetbuch
und eine Schrift, die unter meinem Halstuch in
einem Schaͤchtelchen liegt.
Und Rudi ſtand von ſeinen Knien auf, und
brachte alles der Mutter.
Da ſagte ſie: Bring mir jezt auch die Kinder
alle. Er brachte ſie vom Tiſch, wo ſie ſaſſen und
weinten, zu ihrem Bett.
Und auch dieſe fielen auf ihre Knie vor dem
Bette der Mutter.
Da ſagte ſie zu ihnen: Weinet nicht ſo, ihr
Lieben! Euer Vater im Himmel wird euch er-
halten, und euch ſegnen. Ihr waret mir lieb,
ihr Theuern! und es thut mir weh, daß ich euch
ſo arm und ohne eine Mutter verlaſſen muß. —
Aber hoffet auf Gott, und trauet auf ihn in allem,
was euch begegnen wird; ſo werdet ihr an ihm
immer
G 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/126>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.