des Wortes. Dennoch wurden auch die semitischen Götternamen, obwohl anfangs nur Eigenschaftswörter, später persönliche Be- nennungen, so dass die verschiednen Bezeichnungen eines Wesens in Bezeichnungen verschiedener Wesen sich verwandelten. Hätten die Juden die Bedeutung von El dem Allmächtigen nicht vergessen, so würden sie Baal den Herrn nicht als eine andre Gottheit neben ihm verehrt haben. Somit schützten selbst die semitischen Sprachen nicht vor den Verirrungen in Vielgötterei, wenn auch bei ihnen die Versuchung seltener sich einstellte. Dass aber von vornherein alle Semiten ihren Göttern abstracte Namen beilegten, dazu nöthigte sie nicht sowohl ihre Sprache als vielmehr der Trieb, alles zu ver- geistigen.
In die ernste Untersuchung unsrer Zeit, ob nämlich vor der strengen typischen Ausbildung ihrer Sprachen die Semiten mit den Indoeuropäern eine engere Heimat bewohnt und einen Schatz einsylbiger Wurzeln gemeinsam besessen haben, darf eine Völker- kunde heutigen Tages sich noch nicht einmischen, so heiss sie auch ein bejahendes Ergebniss herbeisehnen mag. Selbst der neueste Versuch dieser Art1), der sich durch eine strenge Methode vor den früheren auszeichnet, hat noch keine Entscheidung her- beigeführt, sondern nur die Hoffnung stärker denn je belebt, dass der völlige Beweis einer vorzeitlichen Sprachgemeinschaft der drei grossen, leiblich sich so nahe stehenden Stämme mittelländischer Race früher oder später noch gelingen werde.
3) Europäische Völkerstämme von unbestimmter Stellung.
Unter den Bewohnern Europa's gehören mehrere Völker ihrer Körpermerkmale wegen jedenfalls zu der mittelländischen Race, müssen aber wegen ihrer Sprachen abgesondert aufgezählt werden. Es sind diess die Basken und etliche Stämme kaukasischer Länder.
a. Die Basken.
So nennen wir jetzt die Bevölkerung der nordöstlichen Pro- vinzen Spaniens und eines kleinen Winkels im Südwesten Frank-
1)Friedr. Delitzsch, Studien über indogermanisch-semitische Wurzel- verwandtschaft. Leipzig 1873.
Die mittelländische Race.
des Wortes. Dennoch wurden auch die semitischen Götternamen, obwohl anfangs nur Eigenschaftswörter, später persönliche Be- nennungen, so dass die verschiednen Bezeichnungen eines Wesens in Bezeichnungen verschiedener Wesen sich verwandelten. Hätten die Juden die Bedeutung von El dem Allmächtigen nicht vergessen, so würden sie Baal den Herrn nicht als eine andre Gottheit neben ihm verehrt haben. Somit schützten selbst die semitischen Sprachen nicht vor den Verirrungen in Vielgötterei, wenn auch bei ihnen die Versuchung seltener sich einstellte. Dass aber von vornherein alle Semiten ihren Göttern abstracte Namen beilegten, dazu nöthigte sie nicht sowohl ihre Sprache als vielmehr der Trieb, alles zu ver- geistigen.
In die ernste Untersuchung unsrer Zeit, ob nämlich vor der strengen typischen Ausbildung ihrer Sprachen die Semiten mit den Indoeuropäern eine engere Heimat bewohnt und einen Schatz einsylbiger Wurzeln gemeinsam besessen haben, darf eine Völker- kunde heutigen Tages sich noch nicht einmischen, so heiss sie auch ein bejahendes Ergebniss herbeisehnen mag. Selbst der neueste Versuch dieser Art1), der sich durch eine strenge Methode vor den früheren auszeichnet, hat noch keine Entscheidung her- beigeführt, sondern nur die Hoffnung stärker denn je belebt, dass der völlige Beweis einer vorzeitlichen Sprachgemeinschaft der drei grossen, leiblich sich so nahe stehenden Stämme mittelländischer Race früher oder später noch gelingen werde.
3) Europäische Völkerstämme von unbestimmter Stellung.
Unter den Bewohnern Europa’s gehören mehrere Völker ihrer Körpermerkmale wegen jedenfalls zu der mittelländischen Race, müssen aber wegen ihrer Sprachen abgesondert aufgezählt werden. Es sind diess die Basken und etliche Stämme kaukasischer Länder.
a. Die Basken.
So nennen wir jetzt die Bevölkerung der nordöstlichen Pro- vinzen Spaniens und eines kleinen Winkels im Südwesten Frank-
1)Friedr. Delitzsch, Studien über indogermanisch-semitische Wurzel- verwandtschaft. Leipzig 1873.
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Die mittelländische Race.
des Wortes. Dennoch wurden auch die semitischen Götternamen,
obwohl anfangs nur Eigenschaftswörter, später persönliche Be-
nennungen, so dass die verschiednen Bezeichnungen eines Wesens
in Bezeichnungen verschiedener Wesen sich verwandelten. Hätten
die Juden die Bedeutung von El dem Allmächtigen nicht vergessen,
so würden sie Baal den Herrn nicht als eine andre Gottheit neben
ihm verehrt haben. Somit schützten selbst die semitischen Sprachen
nicht vor den Verirrungen in Vielgötterei, wenn auch bei ihnen
die Versuchung seltener sich einstellte. Dass aber von vornherein alle
Semiten ihren Göttern abstracte Namen beilegten, dazu nöthigte sie
nicht sowohl ihre Sprache als vielmehr der Trieb, alles zu ver-
geistigen.
In die ernste Untersuchung unsrer Zeit, ob nämlich vor der
strengen typischen Ausbildung ihrer Sprachen die Semiten mit den
Indoeuropäern eine engere Heimat bewohnt und einen Schatz
einsylbiger Wurzeln gemeinsam besessen haben, darf eine Völker-
kunde heutigen Tages sich noch nicht einmischen, so heiss sie
auch ein bejahendes Ergebniss herbeisehnen mag. Selbst der
neueste Versuch dieser Art 1), der sich durch eine strenge Methode
vor den früheren auszeichnet, hat noch keine Entscheidung her-
beigeführt, sondern nur die Hoffnung stärker denn je belebt, dass
der völlige Beweis einer vorzeitlichen Sprachgemeinschaft der drei
grossen, leiblich sich so nahe stehenden Stämme mittelländischer
Race früher oder später noch gelingen werde.
3) Europäische Völkerstämme von unbestimmter Stellung.
Unter den Bewohnern Europa’s gehören mehrere Völker ihrer
Körpermerkmale wegen jedenfalls zu der mittelländischen Race,
müssen aber wegen ihrer Sprachen abgesondert aufgezählt werden.
Es sind diess die Basken und etliche Stämme kaukasischer Länder.
a. Die Basken.
So nennen wir jetzt die Bevölkerung der nordöstlichen Pro-
vinzen Spaniens und eines kleinen Winkels im Südwesten Frank-
1) Friedr. Delitzsch, Studien über indogermanisch-semitische Wurzel-
verwandtschaft. Leipzig 1873.
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Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874, S. 538. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874/556>, abgerufen am 04.03.2025.
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