hauptet wird, so kann die heutige Wissenschaft ihren Angaben keinen Werth beilegen, denn die ohnehin schwachen Farbenab- stufungen wechselten sicherlich damals wie gegenwärtig von Land- schaft zu Landschaft und innerhalb der nämlichen Horde mussten ebenfalls wieder Uebergänge die äussersten Vorkommnisse ver- mitteln.
Die heutige Völkerkunde darf sich nur an die Sprachen und die Sprachreste halten, deren Typus schon geschildert worden ist1). Sie verstatten zunächst eine ziemlich strenge Scheidung in nörd- liche und südliche Semiten. Die nördlichen Völker zerfallen wieder in Aramäer, Hebräer und Kanaanäer, Assyrier und Babylonier. Das Aramäische wurde im Norden Syriens und Assyriens gesprochen, ist aber jetzt erloschen bis auf zwei mundartlich verschiedene Sprachinseln. Zwischen Mosul und Diarbekr bis nordöstlich zu den Van- und Urmia-Seen wohnen nämlich nestorianische Christen, die sich, unberechtigt ohne Zweifel, Chaldäer nennen und ein ver- dorbnes Aramäisch reden2). Die zweite aramäische Sprachinsel liegt bei Damaskus3), welches als der alte Brennpunkt des Aramäer- thums von der Bibel bezeichnet wird4).
Sprachlich standen die Hebräer den Kanaanitern, vorzüglich den Phöniciern so nahe, dass phönicische Inschriften mit Leichtig- keit aus dem Hebräischen sich erklären lassen5). Im Jahre 400 v. Chr. erlosch das Hebräische als Volkssprache und wurde von dem Syrischen oder Aramäischen verdrängt, während das Samari- tanische, eine Mischsprache aus Aramäisch und Hebräisch, noch eine Zeitlang zwischen beiden eine Brücke bildete. Der dritte Zweig des nordsemitischen Astes ist das assyrisch-babylonische, die Sprache der Keilschriften "dritter Gattung", deren Entzifferung seit der Entdeckung der erklärenden Täfelchen in Niniveh-Koyyun- dschik festen Boden gewonnen hat. Jene Schrift ist nicht überall eine Lautschrift und wo sie es ist, eine Sylbenschrift. Sie besitzt, wie die hieroglyphische und hieratische Schrift Determinativzeichen,
1) S. oben S. 130.
2)Ritter, Erdkunde Bd. IX, S. 679 ff. Bd. XI. S. 211 ff. S. 390.
3)Friedr. Müller, Reise der Fregatte Novara. Anthropologie. Bd. 3. S. 194.
4) 2. Sam. VIII, 5 u. Knobel, Völkertafel. S. 226.
5)Whitney, Language and the science of language. p. 295--297.
Die mittelländische Race.
hauptet wird, so kann die heutige Wissenschaft ihren Angaben keinen Werth beilegen, denn die ohnehin schwachen Farbenab- stufungen wechselten sicherlich damals wie gegenwärtig von Land- schaft zu Landschaft und innerhalb der nämlichen Horde mussten ebenfalls wieder Uebergänge die äussersten Vorkommnisse ver- mitteln.
Die heutige Völkerkunde darf sich nur an die Sprachen und die Sprachreste halten, deren Typus schon geschildert worden ist1). Sie verstatten zunächst eine ziemlich strenge Scheidung in nörd- liche und südliche Semiten. Die nördlichen Völker zerfallen wieder in Aramäer, Hebräer und Kanaanäer, Assyrier und Babylonier. Das Aramäische wurde im Norden Syriens und Assyriens gesprochen, ist aber jetzt erloschen bis auf zwei mundartlich verschiedene Sprachinseln. Zwischen Mosul und Diarbekr bis nordöstlich zu den Van- und Urmia-Seen wohnen nämlich nestorianische Christen, die sich, unberechtigt ohne Zweifel, Chaldäer nennen und ein ver- dorbnes Aramäisch reden2). Die zweite aramäische Sprachinsel liegt bei Damaskus3), welches als der alte Brennpunkt des Aramäer- thums von der Bibel bezeichnet wird4).
Sprachlich standen die Hebräer den Kanaanitern, vorzüglich den Phöniciern so nahe, dass phönicische Inschriften mit Leichtig- keit aus dem Hebräischen sich erklären lassen5). Im Jahre 400 v. Chr. erlosch das Hebräische als Volkssprache und wurde von dem Syrischen oder Aramäischen verdrängt, während das Samari- tanische, eine Mischsprache aus Aramäisch und Hebräisch, noch eine Zeitlang zwischen beiden eine Brücke bildete. Der dritte Zweig des nordsemitischen Astes ist das assyrisch-babylonische, die Sprache der Keilschriften „dritter Gattung“, deren Entzifferung seit der Entdeckung der erklärenden Täfelchen in Niniveh-Koyyun- dschik festen Boden gewonnen hat. Jene Schrift ist nicht überall eine Lautschrift und wo sie es ist, eine Sylbenschrift. Sie besitzt, wie die hieroglyphische und hieratische Schrift Determinativzeichen,
1) S. oben S. 130.
2)Ritter, Erdkunde Bd. IX, S. 679 ff. Bd. XI. S. 211 ff. S. 390.
3)Friedr. Müller, Reise der Fregatte Novara. Anthropologie. Bd. 3. S. 194.
4) 2. Sam. VIII, 5 u. Knobel, Völkertafel. S. 226.
5)Whitney, Language and the science of language. p. 295—297.
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Die mittelländische Race.
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keinen Werth beilegen, denn die ohnehin schwachen Farbenab-
stufungen wechselten sicherlich damals wie gegenwärtig von Land-
schaft zu Landschaft und innerhalb der nämlichen Horde mussten
ebenfalls wieder Uebergänge die äussersten Vorkommnisse ver-
mitteln.
Die heutige Völkerkunde darf sich nur an die Sprachen und
die Sprachreste halten, deren Typus schon geschildert worden ist 1).
Sie verstatten zunächst eine ziemlich strenge Scheidung in nörd-
liche und südliche Semiten. Die nördlichen Völker zerfallen wieder
in Aramäer, Hebräer und Kanaanäer, Assyrier und Babylonier.
Das Aramäische wurde im Norden Syriens und Assyriens gesprochen,
ist aber jetzt erloschen bis auf zwei mundartlich verschiedene
Sprachinseln. Zwischen Mosul und Diarbekr bis nordöstlich zu
den Van- und Urmia-Seen wohnen nämlich nestorianische Christen,
die sich, unberechtigt ohne Zweifel, Chaldäer nennen und ein ver-
dorbnes Aramäisch reden 2). Die zweite aramäische Sprachinsel
liegt bei Damaskus 3), welches als der alte Brennpunkt des Aramäer-
thums von der Bibel bezeichnet wird 4).
Sprachlich standen die Hebräer den Kanaanitern, vorzüglich
den Phöniciern so nahe, dass phönicische Inschriften mit Leichtig-
keit aus dem Hebräischen sich erklären lassen 5). Im Jahre 400
v. Chr. erlosch das Hebräische als Volkssprache und wurde von
dem Syrischen oder Aramäischen verdrängt, während das Samari-
tanische, eine Mischsprache aus Aramäisch und Hebräisch, noch
eine Zeitlang zwischen beiden eine Brücke bildete. Der dritte
Zweig des nordsemitischen Astes ist das assyrisch-babylonische, die
Sprache der Keilschriften „dritter Gattung“, deren Entzifferung
seit der Entdeckung der erklärenden Täfelchen in Niniveh-Koyyun-
dschik festen Boden gewonnen hat. Jene Schrift ist nicht überall
eine Lautschrift und wo sie es ist, eine Sylbenschrift. Sie besitzt,
wie die hieroglyphische und hieratische Schrift Determinativzeichen,
1) S. oben S. 130.
2) Ritter, Erdkunde Bd. IX, S. 679 ff. Bd. XI. S. 211 ff. S. 390.
3) Friedr. Müller, Reise der Fregatte Novara. Anthropologie. Bd.
3. S. 194.
4) 2. Sam. VIII, 5 u. Knobel, Völkertafel. S. 226.
5) Whitney, Language and the science of language. p. 295—297.
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Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874, S. 532. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874/550>, abgerufen am 23.12.2024.
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