Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874.Die Neger. in den Zahlwörtern mit dem Altägyptischen und wird von Lepsius 1)sogar zu den libyschen Sprachen gezählt, doch beruhen diese Aehn- lichkeiten wohl nur auf Entlehnung. Merkwürdig ist es, dass Herodot die Hausa unter dem Namen Ataranten schon in ihren heutigen Sitzen kannte 2). In Logone wird eine Sprache geredet, die zur Masagruppe gehört. Das Wandala oder Mandara fand Barth mit dem Hausa verwandt, Rohlfs hingegen mit dem Kanuri 3). Letzteres, die Sprache im Reiche Bornu, hat Aehnlichkeiten mit dem Teda, die "bis in das innerste Wesen der Wortbildung hinab- reichen" 4). Die Teda, Tebu oder Tibbu sitzen bekanntlich west- lich von der libyschen Wüste, haben die Salzgruben von Bilma im Besitz sowie die Oase Fesan, wo ihre Vertreter den Negertypus zeigen 5). Da sie Barth mit den Garamanten der alten Geo- graphen vereinigt, so hätten wir also den linguistischen Beweis, dass ein Glied der Negerrace durch die Wüste bis in die Nähe des Mittelmeeres sich verbreitet habe. Barth hat jedoch den Thatbe- stand wahrscheinlich falsch gedeutet. Der Negertypus der Fesaner lässt sich nämlich auf Blutmischungen mit Sudanerinnen zurück- führen. G. Nachtigal, der die Teda weit gründlicher kennen lernte, fand nichts negerartiges in ihren Gesichtszügen 6), während die Kanuri dem Hässlichkeitsideal der Race recht gut genügen. Die Sprachverwandtschaft der Letzteren erklärt aber Nachtigal 7) dadurch, dass das Kanuri sich durch Aufnahme von Tedaformen entwickelte. Die Teda gehören demnach nicht unter die Neger. Besondere Sprachen weiter nach Osten sind das Bagrimma 1) Zeitschrift für ägypt. Sprache und Alterthumskunde. Juli-Septbr. 1870. S. 92. 2) Barth, Vocabularien p. C. leitet atarantes bei Herodot (IV. 184) ab von a-tara die Versammelten (Eidgenossen), tara nämlich bedeutet im Hausa versammeln. 3) Ergänzungsheft zu Petermann's Mittheilungen. Nr. 34. S. 21. 4) Barth, Vocabularien. p. LXVI -- p. XCIV. 5) v. Maltzan, Tunis u. Tripolis. Leipzig 1870. Bd. 3. S. 325. 6) Petermann's Mittheilungen 1870. S. 280. 7) Zeitschrift für Erdkunde. Berlin 1871. Bd. 6. S. 344. 8) Dr. Nachtigal in Petermann's Mittheilungen 1871. S. 328.
Die Neger. in den Zahlwörtern mit dem Altägyptischen und wird von Lepsius 1)sogar zu den libyschen Sprachen gezählt, doch beruhen diese Aehn- lichkeiten wohl nur auf Entlehnung. Merkwürdig ist es, dass Herodot die Hausa unter dem Namen Ataranten schon in ihren heutigen Sitzen kannte 2). In Logone wird eine Sprache geredet, die zur Masagruppe gehört. Das Wandala oder Mandara fand Barth mit dem Hausa verwandt, Rohlfs hingegen mit dem Kanuri 3). Letzteres, die Sprache im Reiche Bornu, hat Aehnlichkeiten mit dem Téda, die „bis in das innerste Wesen der Wortbildung hinab- reichen“ 4). Die Téda, Tebu oder Tibbu sitzen bekanntlich west- lich von der libyschen Wüste, haben die Salzgruben von Bilma im Besitz sowie die Oase Fesan, wo ihre Vertreter den Negertypus zeigen 5). Da sie Barth mit den Garamanten der alten Geo- graphen vereinigt, so hätten wir also den linguistischen Beweis, dass ein Glied der Negerrace durch die Wüste bis in die Nähe des Mittelmeeres sich verbreitet habe. Barth hat jedoch den Thatbe- stand wahrscheinlich falsch gedeutet. Der Negertypus der Fesaner lässt sich nämlich auf Blutmischungen mit Sudanerinnen zurück- führen. G. Nachtigal, der die Téda weit gründlicher kennen lernte, fand nichts negerartiges in ihren Gesichtszügen 6), während die Kanuri dem Hässlichkeitsideal der Race recht gut genügen. Die Sprachverwandtschaft der Letzteren erklärt aber Nachtigal 7) dadurch, dass das Kanuri sich durch Aufnahme von Tédaformen entwickelte. Die Téda gehören demnach nicht unter die Neger. Besondere Sprachen weiter nach Osten sind das Bagrimma 1) Zeitschrift für ägypt. Sprache und Alterthumskunde. Juli-Septbr. 1870. S. 92. 2) Barth, Vocabularien p. C. leitet ἀτάραντες bei Herodot (IV. 184) ab von a-tara die Versammelten (Eidgenossen), tara nämlich bedeutet im Hausa versammeln. 3) Ergänzungsheft zu Petermann’s Mittheilungen. Nr. 34. S. 21. 4) Barth, Vocabularien. p. LXVI — p. XCIV. 5) v. Maltzan, Tunis u. Tripolis. Leipzig 1870. Bd. 3. S. 325. 6) Petermann’s Mittheilungen 1870. S. 280. 7) Zeitschrift für Erdkunde. Berlin 1871. Bd. 6. S. 344. 8) Dr. Nachtigal in Petermann’s Mittheilungen 1871. S. 328.
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Die Neger.
in den Zahlwörtern mit dem Altägyptischen und wird von Lepsius 1)
sogar zu den libyschen Sprachen gezählt, doch beruhen diese Aehn-
lichkeiten wohl nur auf Entlehnung. Merkwürdig ist es, dass
Herodot die Hausa unter dem Namen Ataranten schon in ihren
heutigen Sitzen kannte 2). In Logone wird eine Sprache geredet,
die zur Masagruppe gehört. Das Wandala oder Mandara fand
Barth mit dem Hausa verwandt, Rohlfs hingegen mit dem Kanuri 3).
Letzteres, die Sprache im Reiche Bornu, hat Aehnlichkeiten mit
dem Téda, die „bis in das innerste Wesen der Wortbildung hinab-
reichen“ 4). Die Téda, Tebu oder Tibbu sitzen bekanntlich west-
lich von der libyschen Wüste, haben die Salzgruben von Bilma im
Besitz sowie die Oase Fesan, wo ihre Vertreter den Negertypus
zeigen 5). Da sie Barth mit den Garamanten der alten Geo-
graphen vereinigt, so hätten wir also den linguistischen Beweis,
dass ein Glied der Negerrace durch die Wüste bis in die Nähe
des Mittelmeeres sich verbreitet habe. Barth hat jedoch den Thatbe-
stand wahrscheinlich falsch gedeutet. Der Negertypus der Fesaner
lässt sich nämlich auf Blutmischungen mit Sudanerinnen zurück-
führen. G. Nachtigal, der die Téda weit gründlicher kennen
lernte, fand nichts negerartiges in ihren Gesichtszügen 6), während
die Kanuri dem Hässlichkeitsideal der Race recht gut genügen.
Die Sprachverwandtschaft der Letzteren erklärt aber Nachtigal 7)
dadurch, dass das Kanuri sich durch Aufnahme von Tédaformen
entwickelte. Die Téda gehören demnach nicht unter die Neger.
Besondere Sprachen weiter nach Osten sind das Bagrimma
in Baghirmi und eine Sprachenfamilie in Wadai, die Maba ge-
nannt wird 8). In den Städten von Darfur und Kordofan wird
1) Zeitschrift für ägypt. Sprache und Alterthumskunde. Juli-Septbr. 1870.
S. 92.
2) Barth, Vocabularien p. C. leitet ἀτάραντες bei Herodot (IV. 184) ab
von a-tara die Versammelten (Eidgenossen), tara nämlich bedeutet im Hausa
versammeln.
3) Ergänzungsheft zu Petermann’s Mittheilungen. Nr. 34. S. 21.
4) Barth, Vocabularien. p. LXVI — p. XCIV.
5) v. Maltzan, Tunis u. Tripolis. Leipzig 1870. Bd. 3. S. 325.
6) Petermann’s Mittheilungen 1870. S. 280.
7) Zeitschrift für Erdkunde. Berlin 1871. Bd. 6. S. 344.
8) Dr. Nachtigal in Petermann’s Mittheilungen 1871. S. 328.
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