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Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874.

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Hottentotten und Buschmänner.
Thierfabeln fremden Ursprungs für afrikanisches Verständniss um-
zugestalten, der wird nicht länger dulden, dass die Koi-koin zu
den niedrigsten Menschenracen gezählt werden, ja er wird ihnen
sogar unter den Halbculturvölkern eine möglichst hohe Stellung
zuerkennen. Gewiss besassen sie für gesellschaftliche Verbesserungen
alle Anlagen, aber die Wasserarmuth Südafrika's, welche seine
Bewohner zwingt, immer wieder zu wandern, hat ihr Sesshaft-
werden verhindert und damit war auch eine grössere Verdichtung
der Bevölkerung ausgeschlossen.

Ehe wir diesen kurzen Abriss schliessen, möchten wir noch
auf ein merkwürdiges Zusammentreffen absonderlicher Aehnlich-
keiten zwischen den Koi-koin und den Fidschipapuanen aufmerk-
sam machen. Nicht nur ist der büschelförmige Haarwuchs und
die schmale Schädelform beiden gemeinsam, sondern es ist auch
innerhalb der papuanischen Race bei Frauen Neigung zur Steato-
pygie vorhanden 1). Weniger Gewicht dürfen wir darauf legen, dass
bei beiden Menschenstämmen Männer und Frauen getrennt speisen,
denn dieser Brauch kehrt auch häufig anderwärts wieder. Merkwürdiger
ist es schon, dass die Fidschi-Frauen zur Trauer über Todte sich
Fingerglieder abschneiden und dass diese Verstümmelung auch bei
den Koi-koin vorkommt und zwar in der Regel vorzugsweise beim
weiblichen, seltener beim männlichen Geschlecht. Seltsam ist aber
geradezu das Zusammentreffen der Sagen über die Sterblichkeit
des Menschengeschlechtes. Zwei Götter, erzählen die Fidschi,
stritten darüber, ob nicht den Menschen ein ewiges Leben zu-
kommen solle. Ra-Vula, der Mond, wollte uns einen Tod gönnen,
wie den eignen, das heisst, wir sollten eine Zeit lang verschwinden,
und dann erneuert wiederkehren. Ra-kalavo, die Ratte jedoch
verwarf den Vorschlag. Die Menschen sollten vielmehr sterben,
wie die Ratten sterben und Ra-kalavo behielt Recht 2). Die Koi-
koin dagegen haben nach Andersson 3) die Sage folgendermaassen
gestaltet. Der Mond trug dem Hasen die Botschaft an den Menschen
auf: wie ich sterbe und wieder erneuert werde, so sollt auch ihr

1) Wenigstens bei den Anwohnern des Utanataflusses in Neuguinea.
Natuurlijke Geschiedenis der nederlandsche overzeesche bezittingen. Land- en
Volkenkunde door Salomon Müller, fol. 45.
2) Williams, Fiji and the Fijians. tom. I. p. 205.
3) Lake Ngami. London 1856. p. 342.

Hottentotten und Buschmänner.
Thierfabeln fremden Ursprungs für afrikanisches Verständniss um-
zugestalten, der wird nicht länger dulden, dass die Koi-koin zu
den niedrigsten Menschenracen gezählt werden, ja er wird ihnen
sogar unter den Halbculturvölkern eine möglichst hohe Stellung
zuerkennen. Gewiss besassen sie für gesellschaftliche Verbesserungen
alle Anlagen, aber die Wasserarmuth Südafrika’s, welche seine
Bewohner zwingt, immer wieder zu wandern, hat ihr Sesshaft-
werden verhindert und damit war auch eine grössere Verdichtung
der Bevölkerung ausgeschlossen.

Ehe wir diesen kurzen Abriss schliessen, möchten wir noch
auf ein merkwürdiges Zusammentreffen absonderlicher Aehnlich-
keiten zwischen den Koi-koin und den Fidschipapuanen aufmerk-
sam machen. Nicht nur ist der büschelförmige Haarwuchs und
die schmale Schädelform beiden gemeinsam, sondern es ist auch
innerhalb der papuanischen Race bei Frauen Neigung zur Steato-
pygie vorhanden 1). Weniger Gewicht dürfen wir darauf legen, dass
bei beiden Menschenstämmen Männer und Frauen getrennt speisen,
denn dieser Brauch kehrt auch häufig anderwärts wieder. Merkwürdiger
ist es schon, dass die Fidschi-Frauen zur Trauer über Todte sich
Fingerglieder abschneiden und dass diese Verstümmelung auch bei
den Koi-koin vorkommt und zwar in der Regel vorzugsweise beim
weiblichen, seltener beim männlichen Geschlecht. Seltsam ist aber
geradezu das Zusammentreffen der Sagen über die Sterblichkeit
des Menschengeschlechtes. Zwei Götter, erzählen die Fidschi,
stritten darüber, ob nicht den Menschen ein ewiges Leben zu-
kommen solle. Ra-Vula, der Mond, wollte uns einen Tod gönnen,
wie den eignen, das heisst, wir sollten eine Zeit lang verschwinden,
und dann erneuert wiederkehren. Ra-kalavo, die Ratte jedoch
verwarf den Vorschlag. Die Menschen sollten vielmehr sterben,
wie die Ratten sterben und Ra-kalavo behielt Recht 2). Die Koi-
koin dagegen haben nach Andersson 3) die Sage folgendermaassen
gestaltet. Der Mond trug dem Hasen die Botschaft an den Menschen
auf: wie ich sterbe und wieder erneuert werde, so sollt auch ihr

1) Wenigstens bei den Anwohnern des Utanataflusses in Neuguinea.
Natuurlijke Geschiedenis der nederlandsche overzeesche bezittingen. Land- en
Volkenkunde door Salomon Müller, fol. 45.
2) Williams, Fiji and the Fijians. tom. I. p. 205.
3) Lake Ngami. London 1856. p. 342.
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[495/0513] Hottentotten und Buschmänner. Thierfabeln fremden Ursprungs für afrikanisches Verständniss um- zugestalten, der wird nicht länger dulden, dass die Koi-koin zu den niedrigsten Menschenracen gezählt werden, ja er wird ihnen sogar unter den Halbculturvölkern eine möglichst hohe Stellung zuerkennen. Gewiss besassen sie für gesellschaftliche Verbesserungen alle Anlagen, aber die Wasserarmuth Südafrika’s, welche seine Bewohner zwingt, immer wieder zu wandern, hat ihr Sesshaft- werden verhindert und damit war auch eine grössere Verdichtung der Bevölkerung ausgeschlossen. Ehe wir diesen kurzen Abriss schliessen, möchten wir noch auf ein merkwürdiges Zusammentreffen absonderlicher Aehnlich- keiten zwischen den Koi-koin und den Fidschipapuanen aufmerk- sam machen. Nicht nur ist der büschelförmige Haarwuchs und die schmale Schädelform beiden gemeinsam, sondern es ist auch innerhalb der papuanischen Race bei Frauen Neigung zur Steato- pygie vorhanden 1). Weniger Gewicht dürfen wir darauf legen, dass bei beiden Menschenstämmen Männer und Frauen getrennt speisen, denn dieser Brauch kehrt auch häufig anderwärts wieder. Merkwürdiger ist es schon, dass die Fidschi-Frauen zur Trauer über Todte sich Fingerglieder abschneiden und dass diese Verstümmelung auch bei den Koi-koin vorkommt und zwar in der Regel vorzugsweise beim weiblichen, seltener beim männlichen Geschlecht. Seltsam ist aber geradezu das Zusammentreffen der Sagen über die Sterblichkeit des Menschengeschlechtes. Zwei Götter, erzählen die Fidschi, stritten darüber, ob nicht den Menschen ein ewiges Leben zu- kommen solle. Ra-Vula, der Mond, wollte uns einen Tod gönnen, wie den eignen, das heisst, wir sollten eine Zeit lang verschwinden, und dann erneuert wiederkehren. Ra-kalavo, die Ratte jedoch verwarf den Vorschlag. Die Menschen sollten vielmehr sterben, wie die Ratten sterben und Ra-kalavo behielt Recht 2). Die Koi- koin dagegen haben nach Andersson 3) die Sage folgendermaassen gestaltet. Der Mond trug dem Hasen die Botschaft an den Menschen auf: wie ich sterbe und wieder erneuert werde, so sollt auch ihr 1) Wenigstens bei den Anwohnern des Utanataflusses in Neuguinea. Natuurlijke Geschiedenis der nederlandsche overzeesche bezittingen. Land- en Volkenkunde door Salomon Müller, fol. 45. 2) Williams, Fiji and the Fijians. tom. I. p. 205. 3) Lake Ngami. London 1856. p. 342.

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Zitationshilfe: Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874, S. 495. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874/513>, abgerufen am 23.12.2024.