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Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874.

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Die amerikanische Urbevölkerung.

Es lässt sich dagegen nicht entscheiden, ob die Tolteken im
heutigen Mexico, oder in Guatemala, oder in Honduras, oder in
Nicaragua zuerst ihre Sitze aufgeschlagen haben. Doch ist für
Nicaragua wohl noch niemand eingetreten, da die dortigen azte-
kischen Ortsnamen wahrscheinlich von einer späteren Colonisation
herrühren, was auch von Honduras gelten mag. In Guatemala,
wo einer der ältesten Brennpunkte zu suchen ist, finden wir
neben den aztekischen Ortsnamen und Sprachinseln ein anderes
Culturvolk, die Quiche, welche wiederum sprachverwandt sind mit
ihren Nachbarn auf der Halbinsel Yucatan, den Maya. Die ge-
sellschaftliche Entwickelung der Yucateken und der Quiche zu
Zeiten der Entdeckung stand auf der nämlichen Höhe, wie
in Mexico. Die Quiche und die Maya mochten auch, als die
Tolteken sie mit ihrer Cultur berührten, sich selbständig schon
auf eine höhere Stufe der Gesittung erhoben haben. Auf die
Nahuatlaken, wenn sie von Norden kamen, muss daher die Be-
rührung mit so gesitteten Völkern, wie die Maya und Quiche
jedenfalls gewesen sind, befruchtend gewirkt haben. Bemerken
wir nebenbei, dass aztekische Ortsnamen in Yucatan vollständig
fehlen, woraus sich mit einiger Sicherheit ergibt, dass die Maya-
völker beinahe ebenbürtig in Culturfortschritten den Nahuatlaken
gewesen sein müssen, denn Ansiedlungen werden immer mit Vor-
liebe unter niedriger stehenden Völkern begründet werden.

Im Reiche Mexico selbst wurden neben dem Nahuatl völlig
verschiedene Sprachen von den Otomi, den Mixteken und Zapo-
teken, den Matlazinken und Tarasken gesprochen 1).

In Südamerika sitzen alle Culturvölker entweder auf den
Hochebenen zwischen den Cordillerenketten oder am Gestade des
Stillen Meeres. So entwickelte sich auf dem Hochlande von
Bogota am rechten Ufer des Magdalenenstromes der Staat der
Muysca oder richtiger der Chibcha. Weiter nach Süden, immer
auf den Rücken der Hochebenen bis nach Chile, sassen Völker
die verwandte Sprachen redeten, nämlich in Quito und Peru die

1) Orozco y Berra hat zu seiner Geografia de las lenguas de Mexico
(Mexico 1864) eine Sprachenkarte Mexico's entworfen, das einzige Verdienst
des ganzen Buches, dessen Verfasser offen bekennt, die Sprachen linguistisch
nicht untersucht zu haben, der auch unbekannt ist mit den Forschungen
Buschmann's und längst widerlegte Irrthümer von neuem wieder verbreitet.
Die amerikanische Urbevölkerung.

Es lässt sich dagegen nicht entscheiden, ob die Tolteken im
heutigen Mexico, oder in Guatemala, oder in Honduras, oder in
Nicaragua zuerst ihre Sitze aufgeschlagen haben. Doch ist für
Nicaragua wohl noch niemand eingetreten, da die dortigen azte-
kischen Ortsnamen wahrscheinlich von einer späteren Colonisation
herrühren, was auch von Honduras gelten mag. In Guatemala,
wo einer der ältesten Brennpunkte zu suchen ist, finden wir
neben den aztekischen Ortsnamen und Sprachinseln ein anderes
Culturvolk, die Quiché, welche wiederum sprachverwandt sind mit
ihren Nachbarn auf der Halbinsel Yucatan, den Maya. Die ge-
sellschaftliche Entwickelung der Yucateken und der Quiché zu
Zeiten der Entdeckung stand auf der nämlichen Höhe, wie
in Mexico. Die Quiché und die Maya mochten auch, als die
Tolteken sie mit ihrer Cultur berührten, sich selbständig schon
auf eine höhere Stufe der Gesittung erhoben haben. Auf die
Nahuatlaken, wenn sie von Norden kamen, muss daher die Be-
rührung mit so gesitteten Völkern, wie die Maya und Quiché
jedenfalls gewesen sind, befruchtend gewirkt haben. Bemerken
wir nebenbei, dass aztekische Ortsnamen in Yucatan vollständig
fehlen, woraus sich mit einiger Sicherheit ergibt, dass die Maya-
völker beinahe ebenbürtig in Culturfortschritten den Nahuatlaken
gewesen sein müssen, denn Ansiedlungen werden immer mit Vor-
liebe unter niedriger stehenden Völkern begründet werden.

Im Reiche Mexico selbst wurden neben dem Nahuatl völlig
verschiedene Sprachen von den Otomi, den Mixteken und Zapo-
teken, den Matlazinken und Tarasken gesprochen 1).

In Südamerika sitzen alle Culturvölker entweder auf den
Hochebenen zwischen den Cordillerenketten oder am Gestade des
Stillen Meeres. So entwickelte sich auf dem Hochlande von
Bogotá am rechten Ufer des Magdalenenstromes der Staat der
Muysca oder richtiger der Chibcha. Weiter nach Süden, immer
auf den Rücken der Hochebenen bis nach Chile, sassen Völker
die verwandte Sprachen redeten, nämlich in Quito und Peru die

1) Orozco y Berra hat zu seiner Geografia de las lenguas de Mexico
(Mexico 1864) eine Sprachenkarte Mexico’s entworfen, das einzige Verdienst
des ganzen Buches, dessen Verfasser offen bekennt, die Sprachen linguistisch
nicht untersucht zu haben, der auch unbekannt ist mit den Forschungen
Buschmann’s und längst widerlegte Irrthümer von neuem wieder verbreitet.
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[468/0486] Die amerikanische Urbevölkerung. Es lässt sich dagegen nicht entscheiden, ob die Tolteken im heutigen Mexico, oder in Guatemala, oder in Honduras, oder in Nicaragua zuerst ihre Sitze aufgeschlagen haben. Doch ist für Nicaragua wohl noch niemand eingetreten, da die dortigen azte- kischen Ortsnamen wahrscheinlich von einer späteren Colonisation herrühren, was auch von Honduras gelten mag. In Guatemala, wo einer der ältesten Brennpunkte zu suchen ist, finden wir neben den aztekischen Ortsnamen und Sprachinseln ein anderes Culturvolk, die Quiché, welche wiederum sprachverwandt sind mit ihren Nachbarn auf der Halbinsel Yucatan, den Maya. Die ge- sellschaftliche Entwickelung der Yucateken und der Quiché zu Zeiten der Entdeckung stand auf der nämlichen Höhe, wie in Mexico. Die Quiché und die Maya mochten auch, als die Tolteken sie mit ihrer Cultur berührten, sich selbständig schon auf eine höhere Stufe der Gesittung erhoben haben. Auf die Nahuatlaken, wenn sie von Norden kamen, muss daher die Be- rührung mit so gesitteten Völkern, wie die Maya und Quiché jedenfalls gewesen sind, befruchtend gewirkt haben. Bemerken wir nebenbei, dass aztekische Ortsnamen in Yucatan vollständig fehlen, woraus sich mit einiger Sicherheit ergibt, dass die Maya- völker beinahe ebenbürtig in Culturfortschritten den Nahuatlaken gewesen sein müssen, denn Ansiedlungen werden immer mit Vor- liebe unter niedriger stehenden Völkern begründet werden. Im Reiche Mexico selbst wurden neben dem Nahuatl völlig verschiedene Sprachen von den Otomi, den Mixteken und Zapo- teken, den Matlazinken und Tarasken gesprochen 1). In Südamerika sitzen alle Culturvölker entweder auf den Hochebenen zwischen den Cordillerenketten oder am Gestade des Stillen Meeres. So entwickelte sich auf dem Hochlande von Bogotá am rechten Ufer des Magdalenenstromes der Staat der Muysca oder richtiger der Chibcha. Weiter nach Süden, immer auf den Rücken der Hochebenen bis nach Chile, sassen Völker die verwandte Sprachen redeten, nämlich in Quito und Peru die 1) Orozco y Berra hat zu seiner Geografia de las lenguas de Mexico (Mexico 1864) eine Sprachenkarte Mexico’s entworfen, das einzige Verdienst des ganzen Buches, dessen Verfasser offen bekennt, die Sprachen linguistisch nicht untersucht zu haben, der auch unbekannt ist mit den Forschungen Buschmann’s und längst widerlegte Irrthümer von neuem wieder verbreitet.

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Zitationshilfe: Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874, S. 468. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874/486>, abgerufen am 23.12.2024.