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Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874.

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Die amerikanische Urbevölkerung.
in Mexico 1). Die nämliche Bauart hat sich noch heute bei den
sogenannten Pueblos-Indianern erhalten und ist zuletzt von Möll-
hausen 2) beschrieben und abgebildet worden. Die Sprache der
Pueblos-Indianer steht jedoch in keinem näheren oder entfernteren
Zusammenhang mit dem Nahuatl. Aehnlich wie diese Gebäude
waren wohl die südwärts gelegenen sogenannten Casas grandes
in der Nähe des Gila und in Chihuahua, über deren Bewohner
so viel geschrieben worden ist, weil wir noch nichts von ihnen
wissen. Es sassen also Culturvölker im Norden des heutigen
Mexico bis zum 35. Parallel.

Die theilweise Gemeinschaft des Sprachschatzes der Nahu-
atlaken und der heutigen Schlangenindianer verlockt zu der An-
nahme, dass die ersteren vorzeitlich den Schoschonen geglichen
haben mögen, denn entweder haben sich die Schoschonen nach
ihrer Berührung mit den Nahuatlaken in südlichen Räumen nach
Norden gewendet, oder die Nahuatlaken sassen mit den Scho-
schonen ursprünglich im Norden, bevor sie nach Mexico aus-
wanderten. Für die letztere Annahme spricht wenigstens, dass
wir von einigen nahuatlakischen Stämmen mit Sicherheit wissen,
dass sie aus dem Norden kamen. Als die Macht der ihnen ver-
schwisterten Tolteken zerfallen war, brachen beständig Barbaren-
horden vom 11ten bis zum 14ten christlichen Jahrhundert nach
Mexico herein. Unter diesen befanden sich auch die nahuatlaki-
schen Tlascalteken und die nahuatlakischen Azteken. Beide
kamen vom Norden, d. h. nicht etwa aus dem Norden des Fest-
landes, sondern zunächst nur aus dem Norden des heutigen
Mexico, doch genügt es schon, dass ihre Wanderung südwärts
gerichtet war. Bei ihrem ersten Auftreten in Mexico sollen sie
noch im Vergleich zu den verfeinerten Tolteken sehr roh gewesen
sein, doch beweist dies nur, dass jene Nahuatlaken nicht aus ihrer
nördlichen Heimat schon ihre höchste Gesittung mitgebracht haben,
sondern sie erst im Süden entfalteten, obgleich sie schon beim
Einbruche eine Culturstufe erreicht haben konnten, wie etwa die
Bewohner der Casas grandes am Gila oder die Stadtindianer von
Cibola im Jahr 1540.

1) Coronado in Ramusio's Navigationi et viaggi. tom. III. fol. 302.
2) Möllhausen, Reise nach der Südsee. S. 215.
30*

Die amerikanische Urbevölkerung.
in Mexico 1). Die nämliche Bauart hat sich noch heute bei den
sogenannten Pueblos-Indianern erhalten und ist zuletzt von Möll-
hausen 2) beschrieben und abgebildet worden. Die Sprache der
Pueblos-Indianer steht jedoch in keinem näheren oder entfernteren
Zusammenhang mit dem Nahuatl. Aehnlich wie diese Gebäude
waren wohl die südwärts gelegenen sogenannten Casas grandes
in der Nähe des Gila und in Chihuahua, über deren Bewohner
so viel geschrieben worden ist, weil wir noch nichts von ihnen
wissen. Es sassen also Culturvölker im Norden des heutigen
Mexico bis zum 35. Parallel.

Die theilweise Gemeinschaft des Sprachschatzes der Nahu-
atlaken und der heutigen Schlangenindianer verlockt zu der An-
nahme, dass die ersteren vorzeitlich den Schoschonen geglichen
haben mögen, denn entweder haben sich die Schoschonen nach
ihrer Berührung mit den Nahuatlaken in südlichen Räumen nach
Norden gewendet, oder die Nahuatlaken sassen mit den Scho-
schonen ursprünglich im Norden, bevor sie nach Mexico aus-
wanderten. Für die letztere Annahme spricht wenigstens, dass
wir von einigen nahuatlakischen Stämmen mit Sicherheit wissen,
dass sie aus dem Norden kamen. Als die Macht der ihnen ver-
schwisterten Tolteken zerfallen war, brachen beständig Barbaren-
horden vom 11ten bis zum 14ten christlichen Jahrhundert nach
Mexico herein. Unter diesen befanden sich auch die nahuatlaki-
schen Tlascalteken und die nahuatlakischen Azteken. Beide
kamen vom Norden, d. h. nicht etwa aus dem Norden des Fest-
landes, sondern zunächst nur aus dem Norden des heutigen
Mexico, doch genügt es schon, dass ihre Wanderung südwärts
gerichtet war. Bei ihrem ersten Auftreten in Mexico sollen sie
noch im Vergleich zu den verfeinerten Tolteken sehr roh gewesen
sein, doch beweist dies nur, dass jene Nahuatlaken nicht aus ihrer
nördlichen Heimat schon ihre höchste Gesittung mitgebracht haben,
sondern sie erst im Süden entfalteten, obgleich sie schon beim
Einbruche eine Culturstufe erreicht haben konnten, wie etwa die
Bewohner der Casas grandes am Gila oder die Stadtindianer von
Cibola im Jahr 1540.

1) Coronado in Ramusio’s Navigationi et viaggi. tom. III. fol. 302.
2) Möllhausen, Reise nach der Südsee. S. 215.
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[467/0485] Die amerikanische Urbevölkerung. in Mexico 1). Die nämliche Bauart hat sich noch heute bei den sogenannten Pueblos-Indianern erhalten und ist zuletzt von Möll- hausen 2) beschrieben und abgebildet worden. Die Sprache der Pueblos-Indianer steht jedoch in keinem näheren oder entfernteren Zusammenhang mit dem Nahuatl. Aehnlich wie diese Gebäude waren wohl die südwärts gelegenen sogenannten Casas grandes in der Nähe des Gila und in Chihuahua, über deren Bewohner so viel geschrieben worden ist, weil wir noch nichts von ihnen wissen. Es sassen also Culturvölker im Norden des heutigen Mexico bis zum 35. Parallel. Die theilweise Gemeinschaft des Sprachschatzes der Nahu- atlaken und der heutigen Schlangenindianer verlockt zu der An- nahme, dass die ersteren vorzeitlich den Schoschonen geglichen haben mögen, denn entweder haben sich die Schoschonen nach ihrer Berührung mit den Nahuatlaken in südlichen Räumen nach Norden gewendet, oder die Nahuatlaken sassen mit den Scho- schonen ursprünglich im Norden, bevor sie nach Mexico aus- wanderten. Für die letztere Annahme spricht wenigstens, dass wir von einigen nahuatlakischen Stämmen mit Sicherheit wissen, dass sie aus dem Norden kamen. Als die Macht der ihnen ver- schwisterten Tolteken zerfallen war, brachen beständig Barbaren- horden vom 11ten bis zum 14ten christlichen Jahrhundert nach Mexico herein. Unter diesen befanden sich auch die nahuatlaki- schen Tlascalteken und die nahuatlakischen Azteken. Beide kamen vom Norden, d. h. nicht etwa aus dem Norden des Fest- landes, sondern zunächst nur aus dem Norden des heutigen Mexico, doch genügt es schon, dass ihre Wanderung südwärts gerichtet war. Bei ihrem ersten Auftreten in Mexico sollen sie noch im Vergleich zu den verfeinerten Tolteken sehr roh gewesen sein, doch beweist dies nur, dass jene Nahuatlaken nicht aus ihrer nördlichen Heimat schon ihre höchste Gesittung mitgebracht haben, sondern sie erst im Süden entfalteten, obgleich sie schon beim Einbruche eine Culturstufe erreicht haben konnten, wie etwa die Bewohner der Casas grandes am Gila oder die Stadtindianer von Cibola im Jahr 1540. 1) Coronado in Ramusio’s Navigationi et viaggi. tom. III. fol. 302. 2) Möllhausen, Reise nach der Südsee. S. 215. 30*

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Zitationshilfe: Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874, S. 467. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874/485>, abgerufen am 23.12.2024.