Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874.Die mongolenähnlichen Völker im Norden der alten Welt. missbräuchlich Mongolen genannt wurden 1). Die Geschichte gabdiesen Namen den Schaaren, die unter Tschingischan und seinen Nachfolgern in das Abendland hereinbrachen, unter denen aber die Mehrzahl türkisch redeten. Die heutige Völkerkunde rechnet zu den eigentlichen Mon- Nur sprachlich von ihnen unterschieden sind die Burjäten, 1) F. v. Erdmann, Temudschin der Unerschütterliche. Leipzig 1862. S. 168. 2) Castren, Vorlesungen. S. 37. 3) Dieser Name wird bald abgeleitet von dem türkischen Wort Khali- mak die Zurückgebliebenen, bald von dem mongolischen Gholaimak Feuer- horde, bald endlich von Kalmuck, feurige Leute. Liadoff im Journ. of the Anthrop. Institute. tom. I. p. 401. 4) Es geschah nach dem Sturze der Yuen-Dynastie, dass ein Schwarm
Kalmüken, gemischt aus Dschungaren, Turguten und Choschoden, nach dem Koko-noor auszog. Howorth, im Journal of the Anthropol. Institute. tom. I. p. 232. Die mongolenähnlichen Völker im Norden der alten Welt. missbräuchlich Mongolen genannt wurden 1). Die Geschichte gabdiesen Namen den Schaaren, die unter Tschingischan und seinen Nachfolgern in das Abendland hereinbrachen, unter denen aber die Mehrzahl türkisch redeten. Die heutige Völkerkunde rechnet zu den eigentlichen Mon- Nur sprachlich von ihnen unterschieden sind die Burjäten, 1) F. v. Erdmann, Temudschin der Unerschütterliche. Leipzig 1862. S. 168. 2) Castrén, Vorlesungen. S. 37. 3) Dieser Name wird bald abgeleitet von dem türkischen Wort Khali- mak die Zurückgebliebenen, bald von dem mongolischen Gholaïmak Feuer- horde, bald endlich von Kalmuck, feurige Leute. Liadoff im Journ. of the Anthrop. Institute. tom. I. p. 401. 4) Es geschah nach dem Sturze der Yuen-Dynastie, dass ein Schwarm
Kalmüken, gemischt aus Dschungaren, Turguten und Choschoden, nach dem Koko-noor auszog. Howorth, im Journal of the Anthropol. Institute. tom. I. p. 232. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0422" n="404"/><fw place="top" type="header">Die mongolenähnlichen Völker im Norden der alten Welt.</fw><lb/> missbräuchlich Mongolen genannt wurden <note place="foot" n="1)">F. v. <hi rendition="#g">Erdmann</hi>, Temudschin der Unerschütterliche. Leipzig 1862.<lb/> S. 168.</note>. Die Geschichte gab<lb/> diesen Namen den Schaaren, die unter Tschingischan und seinen<lb/> Nachfolgern in das Abendland hereinbrachen, unter denen aber<lb/> die Mehrzahl türkisch redeten.</p><lb/> <p>Die heutige Völkerkunde rechnet zu den eigentlichen Mon-<lb/> golen nur vier Zweige: Die Ostmongolen, die Kalmüken, die Bur-<lb/> jäten und die Hazareh oder Aimaq. Die Ostmongolen sind<lb/> diejenigen, welche ursprünglich von Chinesen den Spottnamen<lb/> Tata empfingen, später, nämlich seit dem 8. Jahrhundert, Mungku<lb/> (Mongolen) genannt wurden <note place="foot" n="2)"><hi rendition="#g">Castrén</hi>, Vorlesungen. S. 37.</note>. Sie bewohnen die östliche Hälfte<lb/> der Gobi und theilen sich in zwei Horden, die südlich sitzenden<lb/> Schara und ihre nördlichen Nachbarn, die Kalka. Als geschichts-<lb/> losen Völkern können wir ihnen keine Verdienste um die Gesittung<lb/> nachweisen. Der zweite Zweig, die Kalmüken <note place="foot" n="3)">Dieser Name wird bald abgeleitet von dem türkischen Wort Khali-<lb/> mak die Zurückgebliebenen, bald von dem mongolischen Gholaïmak Feuer-<lb/> horde, bald endlich von Kalmuck, feurige Leute. <hi rendition="#g">Liadoff</hi> im Journ. of the<lb/> Anthrop. Institute. tom. I. p. 401.</note>, nennt sich<lb/> selbst Oelöt, die Abgesonderten, oder Durban oirad, die vier Ver-<lb/> bundenen. Die Namen dieser vier Horden lauten: Dschungar,<lb/> Turgut, Choschod, Turbet. Ein Kalmükenreich wurde 1671 ge-<lb/> stiftet, bestand aber kein volles Jahrhundert, sondern verfiel der<lb/> chinesischen Herrschaft. Die Kalmüken haben noch bis in die<lb/> neuesten Zeiten ihre Wanderungen fortgesetzt. Nach dem euro-<lb/> päischen Russland kamen sie erst 1616 und wanderten theilweise<lb/> von dort unter namenlosen Gefahren und Drangsalen 1771 nach<lb/> dem chinesischen Reiche zurück. Etliche Horden sind auch über<lb/> den Südrand der Gobi ausgeschwärmt <note place="foot" n="4)">Es geschah nach dem Sturze der Yuen-Dynastie, dass ein Schwarm<lb/> Kalmüken, gemischt aus Dschungaren, Turguten und Choschoden, nach dem<lb/> Koko-noor auszog. <hi rendition="#g">Howorth</hi>, im Journal of the Anthropol. Institute.<lb/> tom. I. p. 232.</note>.</p><lb/> <p>Nur sprachlich von ihnen unterschieden sind die Burjäten,<lb/> die schon unter Tschingischan am Baikal-See und in dessen<lb/> Umgebung sassen und ohne grossen Widerstand 1644 sich den<lb/> Kosaken unterwarfen. Alle diese drei mongolischen Zweige haben<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [404/0422]
Die mongolenähnlichen Völker im Norden der alten Welt.
missbräuchlich Mongolen genannt wurden 1). Die Geschichte gab
diesen Namen den Schaaren, die unter Tschingischan und seinen
Nachfolgern in das Abendland hereinbrachen, unter denen aber
die Mehrzahl türkisch redeten.
Die heutige Völkerkunde rechnet zu den eigentlichen Mon-
golen nur vier Zweige: Die Ostmongolen, die Kalmüken, die Bur-
jäten und die Hazareh oder Aimaq. Die Ostmongolen sind
diejenigen, welche ursprünglich von Chinesen den Spottnamen
Tata empfingen, später, nämlich seit dem 8. Jahrhundert, Mungku
(Mongolen) genannt wurden 2). Sie bewohnen die östliche Hälfte
der Gobi und theilen sich in zwei Horden, die südlich sitzenden
Schara und ihre nördlichen Nachbarn, die Kalka. Als geschichts-
losen Völkern können wir ihnen keine Verdienste um die Gesittung
nachweisen. Der zweite Zweig, die Kalmüken 3), nennt sich
selbst Oelöt, die Abgesonderten, oder Durban oirad, die vier Ver-
bundenen. Die Namen dieser vier Horden lauten: Dschungar,
Turgut, Choschod, Turbet. Ein Kalmükenreich wurde 1671 ge-
stiftet, bestand aber kein volles Jahrhundert, sondern verfiel der
chinesischen Herrschaft. Die Kalmüken haben noch bis in die
neuesten Zeiten ihre Wanderungen fortgesetzt. Nach dem euro-
päischen Russland kamen sie erst 1616 und wanderten theilweise
von dort unter namenlosen Gefahren und Drangsalen 1771 nach
dem chinesischen Reiche zurück. Etliche Horden sind auch über
den Südrand der Gobi ausgeschwärmt 4).
Nur sprachlich von ihnen unterschieden sind die Burjäten,
die schon unter Tschingischan am Baikal-See und in dessen
Umgebung sassen und ohne grossen Widerstand 1644 sich den
Kosaken unterwarfen. Alle diese drei mongolischen Zweige haben
1) F. v. Erdmann, Temudschin der Unerschütterliche. Leipzig 1862.
S. 168.
2) Castrén, Vorlesungen. S. 37.
3) Dieser Name wird bald abgeleitet von dem türkischen Wort Khali-
mak die Zurückgebliebenen, bald von dem mongolischen Gholaïmak Feuer-
horde, bald endlich von Kalmuck, feurige Leute. Liadoff im Journ. of the
Anthrop. Institute. tom. I. p. 401.
4) Es geschah nach dem Sturze der Yuen-Dynastie, dass ein Schwarm
Kalmüken, gemischt aus Dschungaren, Turguten und Choschoden, nach dem
Koko-noor auszog. Howorth, im Journal of the Anthropol. Institute.
tom. I. p. 232.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |