Nacktheit der Männer gehört zu den Seltenheiten, soll aber auf Neu-Irland vorkommen 1). Bogen und Pfeile dürfen wir als Jagd- waffen nur auf und in nächster Nähe von Neu-Guinea suchen. Dort an der Südküste wurde schon von Capt. Cook aber nur aus der Ferne in den Händen der Eingebornen ein Rohr wahrgenom- men, welches die letzteren wie zum Zielen anlegten und aus dessen Mündung sie plötzlich eine Wolke hervorstiessen. Wäre auch ein Knall gehört worden, so hätte man den Papuanen den Besitz von Feuergewehren zuschreiben müssen. Nach Salomon Müllers Er- klärung wird aber aus dem Rohr nur ein feiner Staub heraus- geblasen, um je nach der Richtung der Wolke weithin sichtbare Signale zu geben 2).
Die Papuanen leben vom Ertrag des Ackerbaus wie der Baumzucht und zwar findet sich der Brodfruchtbaum in dem Papu- anengebiet nur in samenlosen Spielarten, demnach als Cultur- geschöpf und entlehnt von fremden Völkern 3). Die Felder und Gärten werden eingezäunt; zu ihrer Benetzung erbauen oben- drein die Neu Caledonier auf Baladea Wasserleitungen nach weiten Entfernungen 4). Nur ihnen fehlt das Schwein, neben dem Hund das einzige, sonst überall vorhandne Hausthier der Papuanen.
Durch Menschenfresserei die auf Neu-Guinea, Baladea und den Fidschiinseln, auch wohl noch an den andern Verbreitungs- orten herrscht, hat sich diese Race tief entwürdigt.
Sonst werden die Papuanen Neu-Guineas und der kleineren Inseln wegen Keuschheit und Sittsamkeit, wegen ihrer Ehrfurcht vor den Eltern und ihrer Geschwisterliebe gerühmt 5). Wenn Greise auf den Neuen Hebriden lebendig begraben werden, so geschieht es wahrscheinlich, wie auf den Fidschinseln, auf ihr eignes Ver- langen. Der Glaube an die Fortdauer nach dem Tode herrscht nämlich unerschütterlich und wie der Mensch das Diesseits ver- lässt, so denkt man sich seine jenseitige Erneuerung, daher ein frühzeitiger Tod der gänzlichen Entkräftung vorgezogen wird.
1) P. Lesson, Voyage autour du monde: Paris 1839. tom. II. p. 37.
2) Natuurlijke Geschiedenis der nederlandsche overzeesche bezittingen. Land en Volkenkunde. Leiden 1839--44. fol. 55.
3)Waitz (Gerland) Anthropologie. Bd. 6. S. 521.
4) F. Knoblauch im Ausland 1866. S. 448.
5) O. Finsch, Neu-Guinea. S. 101.
Die australischen und asiatischen Papuanen.
Nacktheit der Männer gehört zu den Seltenheiten, soll aber auf Neu-Irland vorkommen 1). Bogen und Pfeile dürfen wir als Jagd- waffen nur auf und in nächster Nähe von Neu-Guinea suchen. Dort an der Südküste wurde schon von Capt. Cook aber nur aus der Ferne in den Händen der Eingebornen ein Rohr wahrgenom- men, welches die letzteren wie zum Zielen anlegten und aus dessen Mündung sie plötzlich eine Wolke hervorstiessen. Wäre auch ein Knall gehört worden, so hätte man den Papuanen den Besitz von Feuergewehren zuschreiben müssen. Nach Salomon Müllers Er- klärung wird aber aus dem Rohr nur ein feiner Staub heraus- geblasen, um je nach der Richtung der Wolke weithin sichtbare Signale zu geben 2).
Die Papuanen leben vom Ertrag des Ackerbaus wie der Baumzucht und zwar findet sich der Brodfruchtbaum in dem Papu- anengebiet nur in samenlosen Spielarten, demnach als Cultur- geschöpf und entlehnt von fremden Völkern 3). Die Felder und Gärten werden eingezäunt; zu ihrer Benetzung erbauen oben- drein die Neu Caledonier auf Baladea Wasserleitungen nach weiten Entfernungen 4). Nur ihnen fehlt das Schwein, neben dem Hund das einzige, sonst überall vorhandne Hausthier der Papuanen.
Durch Menschenfresserei die auf Neu-Guinea, Baladea und den Fidschiinseln, auch wohl noch an den andern Verbreitungs- orten herrscht, hat sich diese Race tief entwürdigt.
Sonst werden die Papuanen Neu-Guineas und der kleineren Inseln wegen Keuschheit und Sittsamkeit, wegen ihrer Ehrfurcht vor den Eltern und ihrer Geschwisterliebe gerühmt 5). Wenn Greise auf den Neuen Hebriden lebendig begraben werden, so geschieht es wahrscheinlich, wie auf den Fidschinseln, auf ihr eignes Ver- langen. Der Glaube an die Fortdauer nach dem Tode herrscht nämlich unerschütterlich und wie der Mensch das Diesseits ver- lässt, so denkt man sich seine jenseitige Erneuerung, daher ein frühzeitiger Tod der gänzlichen Entkräftung vorgezogen wird.
1) P. Lesson, Voyage autour du monde: Paris 1839. tom. II. p. 37.
2) Natuurlijke Geschiedenis der nederlandsche overzeesche bezittingen. Land en Volkenkunde. Leiden 1839—44. fol. 55.
3)Waitz (Gerland) Anthropologie. Bd. 6. S. 521.
4) F. Knoblauch im Ausland 1866. S. 448.
5) O. Finsch, Neu-Guinea. S. 101.
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Die australischen und asiatischen Papuanen.
Nacktheit der Männer gehört zu den Seltenheiten, soll aber auf
Neu-Irland vorkommen 1). Bogen und Pfeile dürfen wir als Jagd-
waffen nur auf und in nächster Nähe von Neu-Guinea suchen.
Dort an der Südküste wurde schon von Capt. Cook aber nur aus
der Ferne in den Händen der Eingebornen ein Rohr wahrgenom-
men, welches die letzteren wie zum Zielen anlegten und aus dessen
Mündung sie plötzlich eine Wolke hervorstiessen. Wäre auch ein
Knall gehört worden, so hätte man den Papuanen den Besitz von
Feuergewehren zuschreiben müssen. Nach Salomon Müllers Er-
klärung wird aber aus dem Rohr nur ein feiner Staub heraus-
geblasen, um je nach der Richtung der Wolke weithin sichtbare
Signale zu geben 2).
Die Papuanen leben vom Ertrag des Ackerbaus wie der
Baumzucht und zwar findet sich der Brodfruchtbaum in dem Papu-
anengebiet nur in samenlosen Spielarten, demnach als Cultur-
geschöpf und entlehnt von fremden Völkern 3). Die Felder und
Gärten werden eingezäunt; zu ihrer Benetzung erbauen oben-
drein die Neu Caledonier auf Baladea Wasserleitungen nach weiten
Entfernungen 4). Nur ihnen fehlt das Schwein, neben dem Hund
das einzige, sonst überall vorhandne Hausthier der Papuanen.
Durch Menschenfresserei die auf Neu-Guinea, Baladea und
den Fidschiinseln, auch wohl noch an den andern Verbreitungs-
orten herrscht, hat sich diese Race tief entwürdigt.
Sonst werden die Papuanen Neu-Guineas und der kleineren
Inseln wegen Keuschheit und Sittsamkeit, wegen ihrer Ehrfurcht
vor den Eltern und ihrer Geschwisterliebe gerühmt 5). Wenn Greise
auf den Neuen Hebriden lebendig begraben werden, so geschieht
es wahrscheinlich, wie auf den Fidschinseln, auf ihr eignes Ver-
langen. Der Glaube an die Fortdauer nach dem Tode herrscht
nämlich unerschütterlich und wie der Mensch das Diesseits ver-
lässt, so denkt man sich seine jenseitige Erneuerung, daher ein
frühzeitiger Tod der gänzlichen Entkräftung vorgezogen wird.
1) P. Lesson, Voyage autour du monde: Paris 1839. tom. II. p. 37.
2) Natuurlijke Geschiedenis der nederlandsche overzeesche bezittingen.
Land en Volkenkunde. Leiden 1839—44. fol. 55.
3) Waitz (Gerland) Anthropologie. Bd. 6. S. 521.
4) F. Knoblauch im Ausland 1866. S. 448.
5) O. Finsch, Neu-Guinea. S. 101.
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Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874/383>, abgerufen am 16.07.2024.
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