Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874.Arteneinheit des Menschengeschlechtes. gesetzt wird, heisst es, sie trage am stärksten die Wahrzeichen heb-räischen Blutes und es wird daraus sogleich der Beweis abgeleitet, "dass der chaldäische Typus schon vor der Ankunft Abrahams in Aegypten nachgewiesen worden sei 1)." Der Kopf des grossen Ramses wird als hoch europäisch und napoleonsähnlich gepriesen 2). Wirklich mahnt auch bei Rosellini das Ramsesbild lebhaft an den ersten Kaiser der Franzosen, allein diese Nachbildung war ent- weder nicht glücklich getroffen oder absichtlich mit bonapartischen Zügen ausgestattet worden, wie es sich aus einer genauern von Robert Hartmann veröffentlichten Zeichnung ergeben hat 3). Darwin erzählt uns, dass bei einem Besuche des britischen Museums ihm und zwei Beamten jener Anstalt, die er als urtheilsfähige Richter bezeichnet, die stark ausgesprochne Negerform der Statue Amu- noph III. auffiel. Dennoch wird sie von Nott und Gliddon als "Bastard ohne Beimischung von Negerblut" beschrieben 4). Robert Hartmann endlich konnte sich nicht überzeugen, dass der ägyp- tische Typus Änderungen durch asiatische Mischungen erlitten habe, viel eher solche, die sich aus nubischen Eroberungszügen erklären lassen 5). Beweisen die Denkmäler Aegyptens einerseits, dass nach 4000 Jahren noch die Bewohner des Nillandes ihren Voreltern gleichen, so lehren sie andrerseits, dass schon damals die soge- nannten Typen durch Mischungen ineinanderflossen. Niemand fühlt dagegen besser die Schwäche der Ansicht von der Unveränderlichkeit der Racenmerkmale als derjenige, welcher versucht hat, die Völker zu beschreiben, denn nicht ein einziges Kennzeichen ist strenges Alleingut irgend einer Menschenrace, sondern verliert sich durch un- merkliche Abstufungen. Wäre es leicht die Grenzen zwischen ver- schiednen Racen zu ziehen, so würden die Anthropologen in ihren Annahmen nicht in dem Masse von einander sich entfernen, dass der eine die Menschheit in zwei, ein andrer sie in hundertundfünfzig Arten, Racen oder Familien sondern zu müssen glaubte 6). Das Ver- fahren bei solchen Trennungen läuft gewöhnlich auf eine Täuschung 1) Morton, Types of Mankind. p. 163. Fig. 33. 2) l. c. p. 148. 3) Zeitschrift für Ethnologie. Berlin 1869. S. 153. 4) Darwin, Abstammung des Menschen I, 191. 5) Zeitschrift für Ethnologie. Berlin 1869. S. 147. 6) Quatrefages, Unite. p. 366. Nach Darwin, (Ursprung des Men-
schen I, 199) nahm Virey 2, Jacquinot 3, Kant 4, Blumenbach 5, Büffon 6, Arteneinheit des Menschengeschlechtes. gesetzt wird, heisst es, sie trage am stärksten die Wahrzeichen heb-räischen Blutes und es wird daraus sogleich der Beweis abgeleitet, „dass der chaldäische Typus schon vor der Ankunft Abrahams in Aegypten nachgewiesen worden sei 1).“ Der Kopf des grossen Ramses wird als hoch europäisch und napoleonsähnlich gepriesen 2). Wirklich mahnt auch bei Rosellini das Ramsesbild lebhaft an den ersten Kaiser der Franzosen, allein diese Nachbildung war ent- weder nicht glücklich getroffen oder absichtlich mit bonapartischen Zügen ausgestattet worden, wie es sich aus einer genauern von Robert Hartmann veröffentlichten Zeichnung ergeben hat 3). Darwin erzählt uns, dass bei einem Besuche des britischen Museums ihm und zwei Beamten jener Anstalt, die er als urtheilsfähige Richter bezeichnet, die stark ausgesprochne Negerform der Statue Amu- noph III. auffiel. Dennoch wird sie von Nott und Gliddon als „Bastard ohne Beimischung von Negerblut“ beschrieben 4). Robert Hartmann endlich konnte sich nicht überzeugen, dass der ägyp- tische Typus Änderungen durch asiatische Mischungen erlitten habe, viel eher solche, die sich aus nubischen Eroberungszügen erklären lassen 5). Beweisen die Denkmäler Aegyptens einerseits, dass nach 4000 Jahren noch die Bewohner des Nillandes ihren Voreltern gleichen, so lehren sie andrerseits, dass schon damals die soge- nannten Typen durch Mischungen ineinanderflossen. Niemand fühlt dagegen besser die Schwäche der Ansicht von der Unveränderlichkeit der Racenmerkmale als derjenige, welcher versucht hat, die Völker zu beschreiben, denn nicht ein einziges Kennzeichen ist strenges Alleingut irgend einer Menschenrace, sondern verliert sich durch un- merkliche Abstufungen. Wäre es leicht die Grenzen zwischen ver- schiednen Racen zu ziehen, so würden die Anthropologen in ihren Annahmen nicht in dem Masse von einander sich entfernen, dass der eine die Menschheit in zwei, ein andrer sie in hundertundfünfzig Arten, Racen oder Familien sondern zu müssen glaubte 6). Das Ver- fahren bei solchen Trennungen läuft gewöhnlich auf eine Täuschung 1) Morton, Types of Mankind. p. 163. Fig. 33. 2) l. c. p. 148. 3) Zeitschrift für Ethnologie. Berlin 1869. S. 153. 4) Darwin, Abstammung des Menschen I, 191. 5) Zeitschrift für Ethnologie. Berlin 1869. S. 147. 6) Quatrefages, Unité. p. 366. Nach Darwin, (Ursprung des Men-
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„dass der chaldäische Typus schon vor der Ankunft Abrahams in
Aegypten nachgewiesen worden sei 1).“ Der Kopf des grossen
Ramses wird als hoch europäisch und napoleonsähnlich gepriesen 2).
Wirklich mahnt auch bei Rosellini das Ramsesbild lebhaft an den
ersten Kaiser der Franzosen, allein diese Nachbildung war ent-
weder nicht glücklich getroffen oder absichtlich mit bonapartischen
Zügen ausgestattet worden, wie es sich aus einer genauern von
Robert Hartmann veröffentlichten Zeichnung ergeben hat 3). Darwin
erzählt uns, dass bei einem Besuche des britischen Museums ihm
und zwei Beamten jener Anstalt, die er als urtheilsfähige Richter
bezeichnet, die stark ausgesprochne Negerform der Statue Amu-
noph III. auffiel. Dennoch wird sie von Nott und Gliddon als
„Bastard ohne Beimischung von Negerblut“ beschrieben 4). Robert
Hartmann endlich konnte sich nicht überzeugen, dass der ägyp-
tische Typus Änderungen durch asiatische Mischungen erlitten habe,
viel eher solche, die sich aus nubischen Eroberungszügen erklären
lassen 5). Beweisen die Denkmäler Aegyptens einerseits, dass nach
4000 Jahren noch die Bewohner des Nillandes ihren Voreltern
gleichen, so lehren sie andrerseits, dass schon damals die soge-
nannten Typen durch Mischungen ineinanderflossen. Niemand fühlt
dagegen besser die Schwäche der Ansicht von der Unveränderlichkeit
der Racenmerkmale als derjenige, welcher versucht hat, die Völker
zu beschreiben, denn nicht ein einziges Kennzeichen ist strenges
Alleingut irgend einer Menschenrace, sondern verliert sich durch un-
merkliche Abstufungen. Wäre es leicht die Grenzen zwischen ver-
schiednen Racen zu ziehen, so würden die Anthropologen in ihren
Annahmen nicht in dem Masse von einander sich entfernen, dass der
eine die Menschheit in zwei, ein andrer sie in hundertundfünfzig Arten,
Racen oder Familien sondern zu müssen glaubte 6). Das Ver-
fahren bei solchen Trennungen läuft gewöhnlich auf eine Täuschung
1) Morton, Types of Mankind. p. 163. Fig. 33.
2) l. c. p. 148.
3) Zeitschrift für Ethnologie. Berlin 1869. S. 153.
4) Darwin, Abstammung des Menschen I, 191.
5) Zeitschrift für Ethnologie. Berlin 1869. S. 147.
6) Quatrefages, Unité. p. 366. Nach Darwin, (Ursprung des Men-
schen I, 199) nahm Virey 2, Jacquinot 3, Kant 4, Blumenbach 5, Büffon 6,
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