Aus diesen schüchternen Versuchen erkennen wir das hohe Verdienst einer Erfindung wie die des Steinbogens, der sich selber trägt. Die Assyrier waren in der alten Welt wohl die ersten, die zu diesem Hilfsmittel griffen und die Römer diejenigen, die vom Thür- und Fensterbogen fortschritten zu Gewölb- und Kuppel- bauten. Um jedoch sogleich diese Verirrung auf das Gebiet der Kunstgeschichte zu rechtfertigen, wollen wir nur erinnern, dass diese Thatsachen uns wichtig werden bei Abschätzung des gei- stigen Ranges amerikanischer Bevölkerungen. Steinhütten und Stein- gräber 1) finden wir auf den Puna oder den Hochebnen zwischen den Cordilleren, in dem Gebiete der incaperuanischen Cultur. Bei Caxamarca hat aber Humboldt im Palaste des Atahuallpa auch Bogengewölbe abgezeichnet 2) und südlich in Tiahuanaco, so- wie am Sonnentempel in Cuzco sind Gewölbebauten und Rund- bogen von Desjardins und J. J. v. Tschudi beschrieben worden 3).
Nicht gering dürfen wir es den Eskimo anrechnen, dass sie die Zugänge zu ihren Hütten und die Hütten tunnelartig aus Steinen wölben 4). Der Gedanke dazu stellte sich leichter bei ihnen ein, als bei den Bewohnern milderer Erdgürtel, weil sie sich früh- zeitig übten, Grotten in den Schnee oder domförmige Hütten aus Schneeblöcken aufzuthürmen 5).
4. Die Bewaffnung.
Wenn wir vor Capt. Cooks Zeiten irgend einen alten spani- schen, holländischen oder englischen Entdecker auf einer Erdfahrt über die Südsee begleiten, so gerathen wir in grosse Verlegenheit, so oft wir den Inseln, die er sah, den richtigen Namen in der Sprache der heutigen Erdkunde geben sollen. Waren auch die Messungen der geographischen Breite bis auf einen halben Grad
1)Cl. Markham, Proceedings of the R. Geogr. Soc. 1871. Vol. XV. No. 5. p. 371.
2)Alexander von Humboldt. Eine wissenschaftliche Biographie ed. Karl Bruhns. Leipzig 1872. Bd. 1. S. 381.
3) F. v. Hellwald im Ausland 1871. No. 41. S. 956.
4)Waitz, Anthropologie. Bd. 3. S. 306.
5) Die Beschreibung ihres Verfahrens bei Charles Francis Hall. Life with the Esquimaux. London 1865. p. 461.
Die Bewaffnung.
Aus diesen schüchternen Versuchen erkennen wir das hohe Verdienst einer Erfindung wie die des Steinbogens, der sich selber trägt. Die Assyrier waren in der alten Welt wohl die ersten, die zu diesem Hilfsmittel griffen und die Römer diejenigen, die vom Thür- und Fensterbogen fortschritten zu Gewölb- und Kuppel- bauten. Um jedoch sogleich diese Verirrung auf das Gebiet der Kunstgeschichte zu rechtfertigen, wollen wir nur erinnern, dass diese Thatsachen uns wichtig werden bei Abschätzung des gei- stigen Ranges amerikanischer Bevölkerungen. Steinhütten und Stein- gräber 1) finden wir auf den Puna oder den Hochebnen zwischen den Cordilleren, in dem Gebiete der incaperuanischen Cultur. Bei Caxamarca hat aber Humboldt im Palaste des Atahuallpa auch Bogengewölbe abgezeichnet 2) und südlich in Tiahuanaco, so- wie am Sonnentempel in Cuzco sind Gewölbebauten und Rund- bogen von Desjardins und J. J. v. Tschudi beschrieben worden 3).
Nicht gering dürfen wir es den Eskimo anrechnen, dass sie die Zugänge zu ihren Hütten und die Hütten tunnelartig aus Steinen wölben 4). Der Gedanke dazu stellte sich leichter bei ihnen ein, als bei den Bewohnern milderer Erdgürtel, weil sie sich früh- zeitig übten, Grotten in den Schnee oder domförmige Hütten aus Schneeblöcken aufzuthürmen 5).
4. Die Bewaffnung.
Wenn wir vor Capt. Cooks Zeiten irgend einen alten spani- schen, holländischen oder englischen Entdecker auf einer Erdfahrt über die Südsee begleiten, so gerathen wir in grosse Verlegenheit, so oft wir den Inseln, die er sah, den richtigen Namen in der Sprache der heutigen Erdkunde geben sollen. Waren auch die Messungen der geographischen Breite bis auf einen halben Grad
1)Cl. Markham, Proceedings of the R. Geogr. Soc. 1871. Vol. XV. No. 5. p. 371.
2)Alexander von Humboldt. Eine wissenschaftliche Biographie ed. Karl Bruhns. Leipzig 1872. Bd. 1. S. 381.
3) F. v. Hellwald im Ausland 1871. No. 41. S. 956.
4)Waitz, Anthropologie. Bd. 3. S. 306.
5) Die Beschreibung ihres Verfahrens bei Charles Francis Hall. Life with the Esquimaux. London 1865. p. 461.
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Die Bewaffnung.
Aus diesen schüchternen Versuchen erkennen wir das hohe
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trägt. Die Assyrier waren in der alten Welt wohl die ersten, die
zu diesem Hilfsmittel griffen und die Römer diejenigen, die vom
Thür- und Fensterbogen fortschritten zu Gewölb- und Kuppel-
bauten. Um jedoch sogleich diese Verirrung auf das Gebiet der
Kunstgeschichte zu rechtfertigen, wollen wir nur erinnern, dass
diese Thatsachen uns wichtig werden bei Abschätzung des gei-
stigen Ranges amerikanischer Bevölkerungen. Steinhütten und Stein-
gräber 1) finden wir auf den Puna oder den Hochebnen zwischen
den Cordilleren, in dem Gebiete der incaperuanischen Cultur.
Bei Caxamarca hat aber Humboldt im Palaste des Atahuallpa
auch Bogengewölbe abgezeichnet 2) und südlich in Tiahuanaco, so-
wie am Sonnentempel in Cuzco sind Gewölbebauten und Rund-
bogen von Desjardins und J. J. v. Tschudi beschrieben worden 3).
Nicht gering dürfen wir es den Eskimo anrechnen, dass sie
die Zugänge zu ihren Hütten und die Hütten tunnelartig aus
Steinen wölben 4). Der Gedanke dazu stellte sich leichter bei ihnen
ein, als bei den Bewohnern milderer Erdgürtel, weil sie sich früh-
zeitig übten, Grotten in den Schnee oder domförmige Hütten aus
Schneeblöcken aufzuthürmen 5).
4. Die Bewaffnung.
Wenn wir vor Capt. Cooks Zeiten irgend einen alten spani-
schen, holländischen oder englischen Entdecker auf einer Erdfahrt
über die Südsee begleiten, so gerathen wir in grosse Verlegenheit,
so oft wir den Inseln, die er sah, den richtigen Namen in der
Sprache der heutigen Erdkunde geben sollen. Waren auch die
Messungen der geographischen Breite bis auf einen halben Grad
1) Cl. Markham, Proceedings of the R. Geogr. Soc. 1871. Vol. XV.
No. 5. p. 371.
2) Alexander von Humboldt. Eine wissenschaftliche Biographie ed.
Karl Bruhns. Leipzig 1872. Bd. 1. S. 381.
3) F. v. Hellwald im Ausland 1871. No. 41. S. 956.
4) Waitz, Anthropologie. Bd. 3. S. 306.
5) Die Beschreibung ihres Verfahrens bei Charles Francis Hall.
Life with the Esquimaux. London 1865. p. 461.
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Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874/206>, abgerufen am 19.11.2024.
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