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Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874.

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Die Nahrungsmittel und ihre Zubereitung.
der beliebteren Früchte als Aushilfe zu dienen 1). Aehnlich ge-
staltete Schoten, wie diese Acazie des trocknen westlichen Nord-
amerika bringt auf den Pampas der Laplatagebiete die Prosopis
horrida
hervor. Ihre Früchte werden von den jetzigen Bewohnern
Johannisbrod (algarroba) genannt, sie haben aber ausser dem Namen
nichts gemein mit den Schoten der südeuropäischen Ceratonia si-
liqua
. Zweimal im Jahre wurden von den Abiponen die Früchte
aufgelesen und entweder trocken genossen oder mit Wasser ver-
mengt durch Gährung in ein weinartiges Getränk verwandelt 2).

Gehören die bisher aufgezählten Nahrungsmittel vorzugsweise
den Ebenen an, so sind auch Gebirgsabhänge nicht gänzlich leer
ausgegangen. In den chilenischen Cordilleren tragen die Arau-
carien, welche dort unsere Nadelhölzer vertreten, in ihren menschen-
kopfgrossen kugeligen Früchten nicht weniger als 2--300 Nüsse,
doppelt so gross als eine Mandel und frisch geröstet vom Ge-
schmacke der Kastanien. Da 200 dieser Nüsse dem stärksten
Esser eine reichliche Tagesnahrung gewähren, so genügen ihm
18 Araucarien für einen Jahresunterhalt 3). Wir brauchen aber
solche Beispiele nicht in den Anden von Antuco zu suchen, auch
die Pinienwälder Südeuropas könnten angeführt werden, ja selbst
in der Zirbel unsrer Hochgebirge, welche nicht gern und nur ver-
einzelt tiefer als 4000 F. herabsteigt, besitzen auch wir einen Nähr-
baum der Freiheit. Es sei uns an dieser Stelle verstattet, noch
daran zu erinnern, dass auf den Hochlanden Chile's die Kartoffel
wild gefunden worden ist und auf Montblanc-Höhe in Peru die
Kinoahirse (Chenopodium Quinoa) wächst, ohne deren Gegenwart
es gar nicht denkbar gewesen wäre, dass am Titicaca See eine
jedenfalls dichte Bevölkerung die berühmten, dem Sonnendienst
geweihten Tempel erbaut hätte.

Während noch immer vergeblich nach der Heimath unsrer
Getreidepflanzen gesucht wird, gibt es in seichten stehenden Ge-
wässern noch wild wachsende Körnerfrüchte, welche der Cultur sich
bisher entzogen haben. In Nordamerika sammelten und sammeln
noch jetzt die Eingebornen die Aehren der Sumpfhirse (Zizania

1) Möllhausen, Tagebuch. S. 397.
2) Dobrizhoffer, Geschichte der Abiponer. Bd. 2. S. 74. S. 139.
3) Pöppig, Reisen. Bd. 1. S. 400.
Peschel, Völkerkunde. 11

Die Nahrungsmittel und ihre Zubereitung.
der beliebteren Früchte als Aushilfe zu dienen 1). Aehnlich ge-
staltete Schoten, wie diese Acazie des trocknen westlichen Nord-
amerika bringt auf den Pampas der Laplatagebiete die Prosopis
horrida
hervor. Ihre Früchte werden von den jetzigen Bewohnern
Johannisbrod (algarróba) genannt, sie haben aber ausser dem Namen
nichts gemein mit den Schoten der südeuropäischen Ceratonia si-
liqua
. Zweimal im Jahre wurden von den Abiponen die Früchte
aufgelesen und entweder trocken genossen oder mit Wasser ver-
mengt durch Gährung in ein weinartiges Getränk verwandelt 2).

Gehören die bisher aufgezählten Nahrungsmittel vorzugsweise
den Ebenen an, so sind auch Gebirgsabhänge nicht gänzlich leer
ausgegangen. In den chilenischen Cordilleren tragen die Arau-
carien, welche dort unsere Nadelhölzer vertreten, in ihren menschen-
kopfgrossen kugeligen Früchten nicht weniger als 2—300 Nüsse,
doppelt so gross als eine Mandel und frisch geröstet vom Ge-
schmacke der Kastanien. Da 200 dieser Nüsse dem stärksten
Esser eine reichliche Tagesnahrung gewähren, so genügen ihm
18 Araucarien für einen Jahresunterhalt 3). Wir brauchen aber
solche Beispiele nicht in den Anden von Antuco zu suchen, auch
die Pinienwälder Südeuropas könnten angeführt werden, ja selbst
in der Zirbel unsrer Hochgebirge, welche nicht gern und nur ver-
einzelt tiefer als 4000 F. herabsteigt, besitzen auch wir einen Nähr-
baum der Freiheit. Es sei uns an dieser Stelle verstattet, noch
daran zu erinnern, dass auf den Hochlanden Chile’s die Kartoffel
wild gefunden worden ist und auf Montblanc-Höhe in Peru die
Kinoahirse (Chenopodium Quinoa) wächst, ohne deren Gegenwart
es gar nicht denkbar gewesen wäre, dass am Titicaca See eine
jedenfalls dichte Bevölkerung die berühmten, dem Sonnendienst
geweihten Tempel erbaut hätte.

Während noch immer vergeblich nach der Heimath unsrer
Getreidepflanzen gesucht wird, gibt es in seichten stehenden Ge-
wässern noch wild wachsende Körnerfrüchte, welche der Cultur sich
bisher entzogen haben. In Nordamerika sammelten und sammeln
noch jetzt die Eingebornen die Aehren der Sumpfhirse (Zizania

1) Möllhausen, Tagebuch. S. 397.
2) Dobrizhoffer, Geschichte der Abiponer. Bd. 2. S. 74. S. 139.
3) Pöppig, Reisen. Bd. 1. S. 400.
Peschel, Völkerkunde. 11
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[161/0179] Die Nahrungsmittel und ihre Zubereitung. der beliebteren Früchte als Aushilfe zu dienen 1). Aehnlich ge- staltete Schoten, wie diese Acazie des trocknen westlichen Nord- amerika bringt auf den Pampas der Laplatagebiete die Prosopis horrida hervor. Ihre Früchte werden von den jetzigen Bewohnern Johannisbrod (algarróba) genannt, sie haben aber ausser dem Namen nichts gemein mit den Schoten der südeuropäischen Ceratonia si- liqua. Zweimal im Jahre wurden von den Abiponen die Früchte aufgelesen und entweder trocken genossen oder mit Wasser ver- mengt durch Gährung in ein weinartiges Getränk verwandelt 2). Gehören die bisher aufgezählten Nahrungsmittel vorzugsweise den Ebenen an, so sind auch Gebirgsabhänge nicht gänzlich leer ausgegangen. In den chilenischen Cordilleren tragen die Arau- carien, welche dort unsere Nadelhölzer vertreten, in ihren menschen- kopfgrossen kugeligen Früchten nicht weniger als 2—300 Nüsse, doppelt so gross als eine Mandel und frisch geröstet vom Ge- schmacke der Kastanien. Da 200 dieser Nüsse dem stärksten Esser eine reichliche Tagesnahrung gewähren, so genügen ihm 18 Araucarien für einen Jahresunterhalt 3). Wir brauchen aber solche Beispiele nicht in den Anden von Antuco zu suchen, auch die Pinienwälder Südeuropas könnten angeführt werden, ja selbst in der Zirbel unsrer Hochgebirge, welche nicht gern und nur ver- einzelt tiefer als 4000 F. herabsteigt, besitzen auch wir einen Nähr- baum der Freiheit. Es sei uns an dieser Stelle verstattet, noch daran zu erinnern, dass auf den Hochlanden Chile’s die Kartoffel wild gefunden worden ist und auf Montblanc-Höhe in Peru die Kinoahirse (Chenopodium Quinoa) wächst, ohne deren Gegenwart es gar nicht denkbar gewesen wäre, dass am Titicaca See eine jedenfalls dichte Bevölkerung die berühmten, dem Sonnendienst geweihten Tempel erbaut hätte. Während noch immer vergeblich nach der Heimath unsrer Getreidepflanzen gesucht wird, gibt es in seichten stehenden Ge- wässern noch wild wachsende Körnerfrüchte, welche der Cultur sich bisher entzogen haben. In Nordamerika sammelten und sammeln noch jetzt die Eingebornen die Aehren der Sumpfhirse (Zizania 1) Möllhausen, Tagebuch. S. 397. 2) Dobrizhoffer, Geschichte der Abiponer. Bd. 2. S. 74. S. 139. 3) Pöppig, Reisen. Bd. 1. S. 400. Peschel, Völkerkunde. 11

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Zitationshilfe: Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874/179>, abgerufen am 23.12.2024.