Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.Das zweyte Capitel. Von Der Bekäntnüß und Beichte der verbor- genen Sünden/ und ihrem Ursprung. §. I. WOlte ich einiger Papisten abgeschmackte MeinungDer Papi- die Bischöffe wichen auch von der Apostolischen Aufführung gantz
und gar ab. Die Apostel nenneten sich Diener der Gemeine, und erwiesen auch solches in der That; die Bischöffe aber wende- ten allen Fleiß an, daß sie Herren derselben würden. Die Kir- chen-Geschichte des dritten und der folgenden Seculorum legen sol- ches absonderlich an den Tag. Dem Hochmuth liessen sie den Zügel also schiessen, daß dieses ihre fürnehmste Sorge war, wie die Layen in Furcht zu jagen, wie ihnen ein Joch aufzulegen, das noch unerträglicher als das Mosaische. Sie dachten, wenn man sie also drücket, so ist ihnen alle Gelegenheit beschnitten, das Thun und Lassen der Geistlichkeit zu untersuchen. Sie müsten auf ei- nen Winck vollkommenen Gehorsam leisten. Der Grund-ge- lehrte Herr Thomasius hat dieser wegen nicht gezweifelt, am an- geführten Ort not 123. pag. 689. diese Worte von ihnen zu gebrau- wen, daß sie weit furchtsamer als Phalaris, Nero, Caligula, He- liogabalus, gewesen. Es wäre schon in dem dritten und vierten Seculo der Papst da gewesen, oder gelinder zu reden, die Bi- schöffliche Herrschafft sey zum Gipffel der Vollkommenheit ge- stiegen. Beydes aber sey der Antichrist. Denn der Papst hätte niemahls solche Gewalt erreichen können, wenn ihm von denen Bischöffen nicht bereits zuvor der Weg gebahnet worden. a) Die- Das zweyte Capitel. Von Der Bekaͤntnuͤß und Beichte der verbor- genen Suͤnden/ und ihrem Urſprung. §. I. WOlte ich einiger Papiſten abgeſchmackte MeinungDer Papi- die Biſchoͤffe wichen auch von der Apoſtoliſchen Auffuͤhrung gantz
und gar ab. Die Apoſtel nenneten ſich Diener der Gemeine, und erwieſen auch ſolches in der That; die Biſchoͤffe aber wende- ten allen Fleiß an, daß ſie Herren derſelben wuͤrden. Die Kir- chen-Geſchichte des dritten und der folgenden Seculorum legen ſol- ches abſonderlich an den Tag. Dem Hochmuth lieſſen ſie den Zuͤgel alſo ſchieſſen, daß dieſes ihre fuͤrnehmſte Sorge war, wie die Layen in Furcht zu jagen, wie ihnen ein Joch aufzulegen, das noch unertraͤglicher als das Moſaiſche. Sie dachten, wenn man ſie alſo druͤcket, ſo iſt ihnen alle Gelegenheit beſchnitten, das Thun und Laſſen der Geiſtlichkeit zu unterſuchen. Sie muͤſten auf ei- nen Winck vollkommenen Gehorſam leiſten. Der Grund-ge- lehrte Herr Thomaſius hat dieſer wegen nicht gezweifelt, am an- gefuͤhrten Ort not 123. pag. 689. dieſe Worte von ihnen zu gebrau- wen, daß ſie weit furchtſamer als Phalaris, Nero, Caligula, He- liogabalus, geweſen. Es waͤre ſchon in dem dritten und vierten Seculo der Papſt da geweſen, oder gelinder zu reden, die Bi- ſchoͤffliche Herrſchafft ſey zum Gipffel der Vollkommenheit ge- ſtiegen. Beydes aber ſey der Antichriſt. Denn der Papſt haͤtte niemahls ſolche Gewalt erreichen koͤnnen, wenn ihm von denen Biſchoͤffen nicht bereits zuvor der Weg gebahnet worden. a) Die- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0090" n="71"/> <fw place="top" type="header"> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </fw> <div n="2"> <head><hi rendition="#fr">Das zweyte Capitel.</hi><lb/> Von<lb/><hi rendition="#b">Der Bekaͤntnuͤß und Beichte der verbor-<lb/> genen Suͤnden/ und ihrem Urſprung.</hi></head><lb/> <div n="3"> <head>§. <hi rendition="#aq">I.</hi></head><lb/> <p><hi rendition="#in">W</hi>Olte ich einiger Papiſten abgeſchmackte Meinung<note place="right">Der Papi-<lb/> ſten Mei-<lb/> nung vom<lb/> Urſprung<lb/> der Beichte.</note><lb/> ergreiffen/ ſo muͤſte ich ſagen/ daß die <hi rendition="#fr">Beichte und<lb/> Bekaͤntnuͤß der Suͤnden,</hi> und was das Vornehm-<lb/> ſte/ auch <hi rendition="#fr">der Verborgenen,</hi> in dem goͤttlichen Recht gegruͤn-<lb/> det und geboten waͤre. Denn einige unter ihnen wollen<lb/> aus der von Chriſto denen Apoſteln verliehenen Gewalt/<lb/> <fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/><note xml:id="f57" prev="#f56" place="foot" n="b)">Biſchoͤffe wichen auch von der Apoſtoliſchen Auffuͤhrung gantz<lb/> und gar ab. Die Apoſtel nenneten ſich Diener der Gemeine,<lb/> und erwieſen auch ſolches in der That; die Biſchoͤffe aber wende-<lb/> ten allen Fleiß an, daß ſie Herren derſelben wuͤrden. Die Kir-<lb/> chen-Geſchichte des dritten und der folgenden <hi rendition="#aq">Seculorum</hi> legen ſol-<lb/> ches abſonderlich an den Tag. Dem Hochmuth lieſſen ſie den<lb/> Zuͤgel alſo ſchieſſen, daß dieſes ihre fuͤrnehmſte Sorge war, wie<lb/> die Layen in Furcht zu jagen, wie ihnen ein Joch aufzulegen, das<lb/> noch unertraͤglicher als das <hi rendition="#aq">Moſai</hi>ſche. Sie dachten, wenn man<lb/> ſie alſo druͤcket, ſo iſt ihnen alle Gelegenheit beſchnitten, das Thun<lb/> und Laſſen der Geiſtlichkeit zu unterſuchen. Sie muͤſten auf ei-<lb/> nen Winck vollkommenen Gehorſam leiſten. Der Grund-ge-<lb/> lehrte Herr <hi rendition="#aq">Thomaſius</hi> hat dieſer wegen nicht gezweifelt, am an-<lb/> gefuͤhrten Ort <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">not 123. pag. 689.</hi></hi> dieſe Worte von ihnen zu gebrau-<lb/> wen, daß ſie weit furchtſamer als <hi rendition="#aq">Phalaris, Nero, Caligula, He-<lb/> liogabalus,</hi> geweſen. Es waͤre ſchon in dem dritten und vierten<lb/><hi rendition="#aq">Seculo</hi> der Papſt da geweſen, oder gelinder zu reden, die Bi-<lb/> ſchoͤffliche Herrſchafft ſey zum Gipffel der Vollkommenheit ge-<lb/> ſtiegen. Beydes aber ſey der Antichriſt. Denn der Papſt haͤtte<lb/> niemahls ſolche Gewalt erreichen koͤnnen, wenn ihm von denen<lb/> Biſchoͤffen nicht bereits zuvor der Weg gebahnet worden.<lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">a)</hi> Die-</fw></note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [71/0090]
Das zweyte Capitel.
Von
Der Bekaͤntnuͤß und Beichte der verbor-
genen Suͤnden/ und ihrem Urſprung.
§. I.
WOlte ich einiger Papiſten abgeſchmackte Meinung
ergreiffen/ ſo muͤſte ich ſagen/ daß die Beichte und
Bekaͤntnuͤß der Suͤnden, und was das Vornehm-
ſte/ auch der Verborgenen, in dem goͤttlichen Recht gegruͤn-
det und geboten waͤre. Denn einige unter ihnen wollen
aus der von Chriſto denen Apoſteln verliehenen Gewalt/
die
b)
Der Papi-
ſten Mei-
nung vom
Urſprung
der Beichte.
b) Biſchoͤffe wichen auch von der Apoſtoliſchen Auffuͤhrung gantz
und gar ab. Die Apoſtel nenneten ſich Diener der Gemeine,
und erwieſen auch ſolches in der That; die Biſchoͤffe aber wende-
ten allen Fleiß an, daß ſie Herren derſelben wuͤrden. Die Kir-
chen-Geſchichte des dritten und der folgenden Seculorum legen ſol-
ches abſonderlich an den Tag. Dem Hochmuth lieſſen ſie den
Zuͤgel alſo ſchieſſen, daß dieſes ihre fuͤrnehmſte Sorge war, wie
die Layen in Furcht zu jagen, wie ihnen ein Joch aufzulegen, das
noch unertraͤglicher als das Moſaiſche. Sie dachten, wenn man
ſie alſo druͤcket, ſo iſt ihnen alle Gelegenheit beſchnitten, das Thun
und Laſſen der Geiſtlichkeit zu unterſuchen. Sie muͤſten auf ei-
nen Winck vollkommenen Gehorſam leiſten. Der Grund-ge-
lehrte Herr Thomaſius hat dieſer wegen nicht gezweifelt, am an-
gefuͤhrten Ort not 123. pag. 689. dieſe Worte von ihnen zu gebrau-
wen, daß ſie weit furchtſamer als Phalaris, Nero, Caligula, He-
liogabalus, geweſen. Es waͤre ſchon in dem dritten und vierten
Seculo der Papſt da geweſen, oder gelinder zu reden, die Bi-
ſchoͤffliche Herrſchafft ſey zum Gipffel der Vollkommenheit ge-
ſtiegen. Beydes aber ſey der Antichriſt. Denn der Papſt haͤtte
niemahls ſolche Gewalt erreichen koͤnnen, wenn ihm von denen
Biſchoͤffen nicht bereits zuvor der Weg gebahnet worden.
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