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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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III. Abth. II. Cap. Vom Recht eines Fürsten
allgemeiner
Gebräuche
von einzel-
nen Kirchen
wird mit
Exempeln
erwiesen.
gesammten Kirchen nöthig seyn/ da man vor diesem nicht
darauf gesehen. Denn ware nicht vormahls der allgemei-
meine Gebrauch/ daß man am Sonntag das Gebet ste-
hend verrichtete. Man durffte nicht dazu niederknien a).
Aber wie ist solcher Gebrauch abkommen? Ohnfehlbar ha-
ben ihn einzelne Gemeinen nach und nach unterlassen b).
Die Salbung bey der Tauffe ware ein allgemeiner Ge-
brauch c). Aber warum haben ihn denn die Protestiren-
den wieder Willen der Catholicken abgeschafft. Also ist es
klar/ daß einzelne Kirchen/ von allgemeinen Kirchen Cere-
monien abgehen können.

§. VIII.
a) Wenn die Chri-
sten stehend ge-
betet.
Dieses geschahe auch von Ostern biß Pfingsten. Denn so schrei-
bet Tertullianus da corona militis cap. 3. Die dominico jejunium
nefas dicimus, vel de geniculis adorare. Eadem immunitate a
die Paschae in Pentecosten vsque gaudemus.
b) Wie solcher
Gebrauch ab-
kommen.
Hildebrand hat dergleichen Einwurff gemercket, und darum
cit. l. §. 18. vorgegeben, daß wo nicht alle, doch die meisten Kir-
chen, nach der vollkommenen Macht, so sie gehabt, diesen Ge-
brauch abgeschafft. Allein auf was Art und Weise ist die Ab-
schaffung geschehen? Und da er saget, daß nur die meisten ein
solches gethan, so weiß man nicht, was durch seine Vollkom-
menheit der Macht und Gewalt
angedeutet wird. Verste-
het er dadurch die allen Kirchen eigene Freyheit, so ist die Ein-
willigung der gesammten allgemeinen Kirche nicht nöthig. Bil-
det er sich ein besonderes Recht ein, so allen einzelnen Kirchen
zusammen zustehet, so hätte er zeigen sollen, daß die Kirchen ins-
gesammt
dergleichen ausgeübt. Also ist es am wahrscheinlich-
sten, daß eine jede eintzelne Kirche von diesem Gebrauch abge-
gangen.
c) Ursach der Sal-
bung.
Vid. Tertull. de baptism. cap. 7. Hiermit wolten die Christen an-
zeigen, sie wären rechte Christen, oder Gesalbte mit dem heili-
gen Geist. Dieser Gebrauch ist auch noch heute in der Griechi-
schen und Lateinischen Kirche.
a) Der

III. Abth. II. Cap. Vom Recht eines Fuͤrſten
allgemeiner
Gebraͤuche
von einzel-
nen Kirchen
wird mit
Exempeln
erwieſen.
geſammten Kirchen noͤthig ſeyn/ da man vor dieſem nicht
darauf geſehen. Denn ware nicht vormahls der allgemei-
meine Gebrauch/ daß man am Sonntag das Gebet ſte-
hend verrichtete. Man durffte nicht dazu niederknien a).
Aber wie iſt ſolcher Gebrauch abkommen? Ohnfehlbar ha-
ben ihn einzelne Gemeinen nach und nach unterlaſſen b).
Die Salbung bey der Tauffe ware ein allgemeiner Ge-
brauch c). Aber warum haben ihn denn die Proteſtiren-
den wieder Willen der Catholicken abgeſchafft. Alſo iſt es
klar/ daß einzelne Kirchen/ von allgemeinen Kirchen Cere-
monien abgehen koͤnnen.

§. VIII.
a) Wenn die Chri-
ſten ſtehend ge-
betet.
Dieſes geſchahe auch von Oſtern biß Pfingſten. Denn ſo ſchrei-
bet Tertullianus da corona militis cap. 3. Die dominico jejunium
nefas dicimus, vel de geniculis adorare. Eadem immunitate a
die Paſchæ in Pentecoſten vsque gaudemus.
b) Wie ſolcher
Gebrauch ab-
kommen.
Hildebrand hat dergleichen Einwurff gemercket, und darum
cit. l. §. 18. vorgegeben, daß wo nicht alle, doch die meiſten Kir-
chen, nach der vollkommenen Macht, ſo ſie gehabt, dieſen Ge-
brauch abgeſchafft. Allein auf was Art und Weiſe iſt die Ab-
ſchaffung geſchehen? Und da er ſaget, daß nur die meiſten ein
ſolches gethan, ſo weiß man nicht, was durch ſeine Vollkom-
menheit der Macht und Gewalt
angedeutet wird. Verſte-
het er dadurch die allen Kirchen eigene Freyheit, ſo iſt die Ein-
willigung der geſammten allgemeinen Kirche nicht noͤthig. Bil-
det er ſich ein beſonderes Recht ein, ſo allen einzelnen Kirchen
zuſammen zuſtehet, ſo haͤtte er zeigen ſollen, daß die Kirchen ins-
geſammt
dergleichen ausgeuͤbt. Alſo iſt es am wahrſcheinlich-
ſten, daß eine jede eintzelne Kirche von dieſem Gebrauch abge-
gangen.
c) Urſach der Sal-
bung.
Vid. Tertull. de baptiſm. cap. 7. Hiermit wolten die Chriſten an-
zeigen, ſie waͤren rechte Chriſten, oder Geſalbte mit dem heili-
gen Geiſt. Dieſer Gebrauch iſt auch noch heute in der Griechi-
ſchen und Lateiniſchen Kirche.
a) Der
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[368/0387] III. Abth. II. Cap. Vom Recht eines Fuͤrſten geſammten Kirchen noͤthig ſeyn/ da man vor dieſem nicht darauf geſehen. Denn ware nicht vormahls der allgemei- meine Gebrauch/ daß man am Sonntag das Gebet ſte- hend verrichtete. Man durffte nicht dazu niederknien a). Aber wie iſt ſolcher Gebrauch abkommen? Ohnfehlbar ha- ben ihn einzelne Gemeinen nach und nach unterlaſſen b). Die Salbung bey der Tauffe ware ein allgemeiner Ge- brauch c). Aber warum haben ihn denn die Proteſtiren- den wieder Willen der Catholicken abgeſchafft. Alſo iſt es klar/ daß einzelne Kirchen/ von allgemeinen Kirchen Cere- monien abgehen koͤnnen. allgemeiner Gebraͤuche von einzel- nen Kirchen wird mit Exempeln erwieſen. §. VIII. a) Dieſes geſchahe auch von Oſtern biß Pfingſten. Denn ſo ſchrei- bet Tertullianus da corona militis cap. 3. Die dominico jejunium nefas dicimus, vel de geniculis adorare. Eadem immunitate a die Paſchæ in Pentecoſten vsque gaudemus. b) Hildebrand hat dergleichen Einwurff gemercket, und darum cit. l. §. 18. vorgegeben, daß wo nicht alle, doch die meiſten Kir- chen, nach der vollkommenen Macht, ſo ſie gehabt, dieſen Ge- brauch abgeſchafft. Allein auf was Art und Weiſe iſt die Ab- ſchaffung geſchehen? Und da er ſaget, daß nur die meiſten ein ſolches gethan, ſo weiß man nicht, was durch ſeine Vollkom- menheit der Macht und Gewalt angedeutet wird. Verſte- het er dadurch die allen Kirchen eigene Freyheit, ſo iſt die Ein- willigung der geſammten allgemeinen Kirche nicht noͤthig. Bil- det er ſich ein beſonderes Recht ein, ſo allen einzelnen Kirchen zuſammen zuſtehet, ſo haͤtte er zeigen ſollen, daß die Kirchen ins- geſammt dergleichen ausgeuͤbt. Alſo iſt es am wahrſcheinlich- ſten, daß eine jede eintzelne Kirche von dieſem Gebrauch abge- gangen. c) Vid. Tertull. de baptiſm. cap. 7. Hiermit wolten die Chriſten an- zeigen, ſie waͤren rechte Chriſten, oder Geſalbte mit dem heili- gen Geiſt. Dieſer Gebrauch iſt auch noch heute in der Griechi- ſchen und Lateiniſchen Kirche. a) Der

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/387>, abgerufen am 24.11.2024.