Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

III. Abth. I. Cap. Vom Recht der Consistorien
offt man
beichten,
und zur
Beichte die
Leute zwin-
gen.
lich meine Meinung entdecket. Wie offt man aber zum
Abendmahl gehen soll/ ist nirgends geboten a). Also ist es
auch nicht ausgemacht/ wie offt man beichten soll. Jndem
man aber vorgiebt/ daß man Leute zwingen könte/ das
Abendmahl zu gebrauchen/ so wird nach dem gemeinen
Schlendrian ein gleiches von der Beichte zu sagen seyn b).
Die am bescheidensten einhergehen wollen/ sagen: daß die
Verrächter von der Kirchen Versammlung/ und allen ehr-
lichen Zusammenkünfften/ solten ausgeschlossen werden c).

Einer
a) Wie offt man
zum Abend-
mahl gehensoll.
Was man auch aus der heil. Schrifft hieher ziehen wolte, so hält
es dennoch keinen Stich. Die Sache kommt auf eines jeden Ge-
wissen an. vid. Brunnemann. in jur. eccles. Lib. II. cap. 1. membr. 3.
§. 6. ibique Strykius in annot.
b) Gemeine Lehre,
daß man Leute
zum Abend-
mahl gehen
zwingen könne.
Denn da sind unsere Juristen so albern, daß sie sagen dürffen:
Wenn jemand, der sich sonst zur Kirche bekennete, sich in langer
Zeit bey dem Abendmahl nicht einfände, so könte er nach vorher-
gegangener Erinnerung mit Gefängniß und andern Straffen da-
zu gezwungen werden. Bliebe er aber nichts desto weniger hals-
starrig, so könte man ihn aus dem Land jagen. Verstürbe er in
solchem Zustand, so würde ihm ein ehrlich Begräbniß versaget.
vid. Carpzov. in jurispr. eccles. Lib. 2. def. 294. vsque 297. Schilter
in Instit. jur. can. Lib. 2. tit. 3. §. 15.
Dieses, wo ich mich noch anders
recht besinne, wird auch in der That also gehalten.
c) Gedancken ü-
ber solche pro-
cedur.
Dieses ist die Meinung Brunnemanni in jur. eccles. Lib. 1. cap. 6.
membr. 4.
§. 2.
Er will zwar sonst dergleichen Zwang nicht billi-
gen. Allein der gelehrte Juriste hätte bedencken sollen, daß sol-
che procedur auch ein Zwang. Mich düncket, es sey fast einer-
ley, ob ich einen mit Gefängniß, oder mit Beschimpffung zu
etwas bringe. Das letztere fällt manchen Gemüthern noch un-
erträglicher. Den Einwurff, so man von der Kirchen-disciplin
machen könte, will in einem besondern Werck von dem Kir-
chen-Bann
beantworten. Jetzo sage nur so viel, daß aller
Zwang, so bey dergleichen Handlungen vorkommen mag, pa-
pistisch,

III. Abth. I. Cap. Vom Recht der Conſiſtorien
offt man
beichten,
und zur
Beichte die
Leute zwin-
gen.
lich meine Meinung entdecket. Wie offt man aber zum
Abendmahl gehen ſoll/ iſt nirgends geboten a). Alſo iſt es
auch nicht ausgemacht/ wie offt man beichten ſoll. Jndem
man aber vorgiebt/ daß man Leute zwingen koͤnte/ das
Abendmahl zu gebrauchen/ ſo wird nach dem gemeinen
Schlendrian ein gleiches von der Beichte zu ſagen ſeyn b).
Die am beſcheidenſten einhergehen wollen/ ſagen: daß die
Verraͤchter von der Kirchen Verſammlung/ und allen ehr-
lichen Zuſammenkuͤnfften/ ſolten ausgeſchloſſen werden c).

Einer
a) Wie offt man
zum Abend-
mahl gehenſoll.
Was man auch aus der heil. Schrifft hieher ziehen wolte, ſo haͤlt
es dennoch keinen Stich. Die Sache kommt auf eines jeden Ge-
wiſſen an. vid. Brunnemann. in jur. eccleſ. Lib. II. cap. 1. membr. 3.
§. 6. ibique Strykius in annot.
b) Gemeine Lehre,
daß man Leute
zum Abend-
mahl gehen
zwingen koͤnne.
Denn da ſind unſere Juriſten ſo albern, daß ſie ſagen duͤrffen:
Wenn jemand, der ſich ſonſt zur Kirche bekennete, ſich in langer
Zeit bey dem Abendmahl nicht einfaͤnde, ſo koͤnte er nach vorher-
gegangener Erinnerung mit Gefaͤngniß und andern Straffen da-
zu gezwungen werden. Bliebe er aber nichts deſto weniger hals-
ſtarrig, ſo koͤnte man ihn aus dem Land jagen. Verſtuͤrbe er in
ſolchem Zuſtand, ſo wuͤrde ihm ein ehrlich Begraͤbniß verſaget.
vid. Carpzov. in jurispr. eccleſ. Lib. 2. def. 294. vsque 297. Schilter
in Inſtit. jur. can. Lib. 2. tit. 3. §. 15.
Dieſes, wo ich mich noch anders
recht beſinne, wird auch in der That alſo gehalten.
c) Gedancken uͤ-
ber ſolche pro-
cedur.
Dieſes iſt die Meinung Brunnemanni in jur. eccleſ. Lib. 1. cap. 6.
membr. 4.
§. 2.
Er will zwar ſonſt dergleichen Zwang nicht billi-
gen. Allein der gelehrte Juriſte haͤtte bedencken ſollen, daß ſol-
che procedur auch ein Zwang. Mich duͤncket, es ſey faſt einer-
ley, ob ich einen mit Gefaͤngniß, oder mit Beſchimpffung zu
etwas bringe. Das letztere faͤllt manchen Gemuͤthern noch un-
ertraͤglicher. Den Einwurff, ſo man von der Kirchen-diſciplin
machen koͤnte, will in einem beſondern Werck von dem Kir-
chen-Bann
beantworten. Jetzo ſage nur ſo viel, daß aller
Zwang, ſo bey dergleichen Handlungen vorkommen mag, pa-
piſtiſch,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0373" n="354"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">III.</hi> Abth. <hi rendition="#aq">I.</hi> Cap. Vom Recht der <hi rendition="#aq">Con&#x017F;i&#x017F;tori</hi>en</hi></fw><lb/><note place="left">offt man<lb/><hi rendition="#g">beichten,</hi><lb/>
und zur<lb/>
Beichte die<lb/>
Leute zwin-<lb/>
gen.</note>lich meine Meinung entdecket. Wie offt man aber zum<lb/>
Abendmahl gehen &#x017F;oll/ i&#x017F;t nirgends geboten <note place="foot" n="a)"><note place="left">Wie offt man<lb/>
zum Abend-<lb/>
mahl gehen&#x017F;oll.</note>Was man auch aus der heil. Schrifft hieher ziehen wolte, &#x017F;o ha&#x0364;lt<lb/>
es dennoch keinen Stich. Die Sache kommt auf eines jeden Ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en an. <hi rendition="#aq">vid. Brunnemann. <hi rendition="#i">in jur. eccle&#x017F;. Lib. II. cap. 1. membr. 3.</hi><lb/>
§. <hi rendition="#i">6. ibique</hi> Strykius <hi rendition="#i">in annot.</hi></hi></note>. Al&#x017F;o i&#x017F;t es<lb/>
auch nicht ausgemacht/ wie offt man beichten &#x017F;oll. Jndem<lb/>
man aber vorgiebt/ daß man Leute zwingen ko&#x0364;nte/ das<lb/>
Abendmahl zu gebrauchen/ &#x017F;o wird nach dem gemeinen<lb/>
Schlendrian ein gleiches von der Beichte zu &#x017F;agen &#x017F;eyn <note place="foot" n="b)"><note place="left">Gemeine Lehre,<lb/>
daß man Leute<lb/>
zum Abend-<lb/>
mahl gehen<lb/>
zwingen ko&#x0364;nne.</note>Denn da &#x017F;ind un&#x017F;ere Juri&#x017F;ten &#x017F;o albern, daß &#x017F;ie &#x017F;agen du&#x0364;rffen:<lb/>
Wenn jemand, der &#x017F;ich &#x017F;on&#x017F;t zur Kirche bekennete, &#x017F;ich in langer<lb/>
Zeit bey dem Abendmahl nicht einfa&#x0364;nde, &#x017F;o ko&#x0364;nte er nach vorher-<lb/>
gegangener Erinnerung mit Gefa&#x0364;ngniß und andern Straffen da-<lb/>
zu gezwungen werden. Bliebe er aber nichts de&#x017F;to weniger hals-<lb/>
&#x017F;tarrig, &#x017F;o ko&#x0364;nte man ihn aus dem Land jagen. Ver&#x017F;tu&#x0364;rbe er in<lb/>
&#x017F;olchem Zu&#x017F;tand, &#x017F;o wu&#x0364;rde ihm ein ehrlich Begra&#x0364;bniß ver&#x017F;aget.<lb/><hi rendition="#aq">vid. Carpzov. <hi rendition="#i">in jurispr. eccle&#x017F;. Lib. 2. def. 294. vsque 297.</hi> Schilter<lb/><hi rendition="#i">in In&#x017F;tit. jur. can. Lib. 2. tit. 3.</hi> §. <hi rendition="#i">15.</hi></hi> Die&#x017F;es, wo ich mich noch anders<lb/>
recht be&#x017F;inne, wird auch in der That al&#x017F;o gehalten.</note>.<lb/>
Die am be&#x017F;cheiden&#x017F;ten einhergehen wollen/ &#x017F;agen: daß die<lb/>
Verra&#x0364;chter von der Kirchen Ver&#x017F;ammlung/ und allen ehr-<lb/>
lichen Zu&#x017F;ammenku&#x0364;nfften/ &#x017F;olten ausge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en werden <note xml:id="i49" next="#i50" place="foot" n="c)"><note place="left">Gedancken u&#x0364;-<lb/>
ber &#x017F;olche <hi rendition="#aq">pro-<lb/>
cedur.</hi></note>Die&#x017F;es i&#x017F;t die Meinung <hi rendition="#aq">Brunnemanni <hi rendition="#i">in jur. eccle&#x017F;. Lib. 1. cap. 6.<lb/>
membr. 4.</hi> §. <hi rendition="#i">2.</hi></hi> Er will zwar &#x017F;on&#x017F;t dergleichen Zwang nicht billi-<lb/>
gen. Allein der gelehrte Juri&#x017F;te ha&#x0364;tte bedencken &#x017F;ollen, daß &#x017F;ol-<lb/>
che <hi rendition="#aq">procedur</hi> auch ein <hi rendition="#fr">Zwang.</hi> Mich du&#x0364;ncket, es &#x017F;ey fa&#x017F;t einer-<lb/>
ley, ob ich einen mit <hi rendition="#fr">Gefa&#x0364;ngniß,</hi> oder mit <hi rendition="#fr">Be&#x017F;chimpffung</hi> zu<lb/>
etwas bringe. Das letztere fa&#x0364;llt manchen Gemu&#x0364;thern noch un-<lb/>
ertra&#x0364;glicher. Den Einwurff, &#x017F;o man von der Kirchen-<hi rendition="#aq">di&#x017F;ciplin</hi><lb/>
machen ko&#x0364;nte, will in einem be&#x017F;ondern Werck <hi rendition="#fr">von dem Kir-<lb/>
chen-Bann</hi> beantworten. Jetzo &#x017F;age nur &#x017F;o viel, daß aller<lb/>
Zwang, &#x017F;o bey dergleichen Handlungen vorkommen mag, <hi rendition="#fr">pa-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">pi&#x017F;ti&#x017F;ch,</hi></fw></note>.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Einer</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[354/0373] III. Abth. I. Cap. Vom Recht der Conſiſtorien lich meine Meinung entdecket. Wie offt man aber zum Abendmahl gehen ſoll/ iſt nirgends geboten a). Alſo iſt es auch nicht ausgemacht/ wie offt man beichten ſoll. Jndem man aber vorgiebt/ daß man Leute zwingen koͤnte/ das Abendmahl zu gebrauchen/ ſo wird nach dem gemeinen Schlendrian ein gleiches von der Beichte zu ſagen ſeyn b). Die am beſcheidenſten einhergehen wollen/ ſagen: daß die Verraͤchter von der Kirchen Verſammlung/ und allen ehr- lichen Zuſammenkuͤnfften/ ſolten ausgeſchloſſen werden c). Einer offt man beichten, und zur Beichte die Leute zwin- gen. a) Was man auch aus der heil. Schrifft hieher ziehen wolte, ſo haͤlt es dennoch keinen Stich. Die Sache kommt auf eines jeden Ge- wiſſen an. vid. Brunnemann. in jur. eccleſ. Lib. II. cap. 1. membr. 3. §. 6. ibique Strykius in annot. b) Denn da ſind unſere Juriſten ſo albern, daß ſie ſagen duͤrffen: Wenn jemand, der ſich ſonſt zur Kirche bekennete, ſich in langer Zeit bey dem Abendmahl nicht einfaͤnde, ſo koͤnte er nach vorher- gegangener Erinnerung mit Gefaͤngniß und andern Straffen da- zu gezwungen werden. Bliebe er aber nichts deſto weniger hals- ſtarrig, ſo koͤnte man ihn aus dem Land jagen. Verſtuͤrbe er in ſolchem Zuſtand, ſo wuͤrde ihm ein ehrlich Begraͤbniß verſaget. vid. Carpzov. in jurispr. eccleſ. Lib. 2. def. 294. vsque 297. Schilter in Inſtit. jur. can. Lib. 2. tit. 3. §. 15. Dieſes, wo ich mich noch anders recht beſinne, wird auch in der That alſo gehalten. c) Dieſes iſt die Meinung Brunnemanni in jur. eccleſ. Lib. 1. cap. 6. membr. 4. §. 2. Er will zwar ſonſt dergleichen Zwang nicht billi- gen. Allein der gelehrte Juriſte haͤtte bedencken ſollen, daß ſol- che procedur auch ein Zwang. Mich duͤncket, es ſey faſt einer- ley, ob ich einen mit Gefaͤngniß, oder mit Beſchimpffung zu etwas bringe. Das letztere faͤllt manchen Gemuͤthern noch un- ertraͤglicher. Den Einwurff, ſo man von der Kirchen-diſciplin machen koͤnte, will in einem beſondern Werck von dem Kir- chen-Bann beantworten. Jetzo ſage nur ſo viel, daß aller Zwang, ſo bey dergleichen Handlungen vorkommen mag, pa- piſtiſch,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/373
Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/373>, abgerufen am 18.12.2024.