Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.Geheimhaltung der Beichte. borgen und verwahret. Darum absolviren sie auch dieLeute/ wenn sie gleich beichten/ daß sie diesen oder jenen Vorsatz zu sündigen führten a). Auf diese Art geschiehet es zum öfftern/ daß die Pflicht gegen GOtt/ die Liebe des Nächsten/ ja des gantzen gemeinen Wesens Wohlfahrt/ und der a) Und zwar nicht zu diesem Ende, daß sie von dem üblen sündi-Meinung der Jesuiten. gen Vorsatz abstünden. Sie können darinnen fortfahren und solchen ausführen. Die Sünde ist ihnen vergeben, und also gereichte sie der Seele zu keinem Nachtheil. Der seel. Ziegler in not. ad Lancell. Lib. II. not. 162. edit. Thomas. erzehlet aus denen Actis Anglicanis, daß der Graff von Nottingham den Jesuiten Gamet vor dem Parlament gefraget: Wenn jemand bey ihm beichtete, er wolte den folgenden Tag den König mit ei- nem Dolch erstechen, ob er ein solches verschwiegen halten wolte? Dieser hätte mit ja! darauf geantwortet. Ein glei- ches hätte der Jesuit Binet gegen Casaubonum gemeldet, und ge- sprochen: Es wäre besser, daß alle Könige umkämen, als daß man das Siegel der Beichte nur einmahl breche. Ein anderer Jesuit hat vorgegeben: Wenn unser Heyland JE- sus CHristus noch auf Erden herum gienge, und dem To- de unterworffen wäre, und es käme einer, der da beich- tete, daß er ihn umbringen wolte, so wolte er eher gesche- hen lassen, daß Christus massacriret würde, als daß er die Beichte verriethe. Dieserwegen tragen diese Herren kein Be- dencken zu sagen, man dürffte nichts aus der Beichte plaudern, wenn gleich der gantzen Welt Wohlfahrt daran hienge, daß die Sach an den Tag käme. Man müste verschwiegen seyn, wenn man gleich das gröste Unglück verhüten, und seinen unschuldi- gen retten könnte. Das Siegel der Beichte müste feste stehen, wenn auch die Welt in Trümmern gehen, die Religion umge- kehret, und alle Sacramente zu nichte werden sollten. Bey sol- chen verzweiffelten Sätzen, muß ein ehrliches Gemüthe billig er- staunen. Die Protestirende haben darum solche billig von sich verbannet. b) Beyer s s 2
Geheimhaltung der Beichte. borgen und verwahret. Darum abſolviren ſie auch dieLeute/ wenn ſie gleich beichten/ daß ſie dieſen oder jenen Vorſatz zu ſuͤndigen fuͤhrten a). Auf dieſe Art geſchiehet es zum oͤfftern/ daß die Pflicht gegen GOtt/ die Liebe des Naͤchſten/ ja des gantzen gemeinen Weſens Wohlfahrt/ und der a) Und zwar nicht zu dieſem Ende, daß ſie von dem uͤblen ſuͤndi-Meinung der Jeſuiten. gen Vorſatz abſtuͤnden. Sie koͤnnen darinnen fortfahren und ſolchen ausfuͤhren. Die Suͤnde iſt ihnen vergeben, und alſo gereichte ſie der Seele zu keinem Nachtheil. Der ſeel. Ziegler in not. ad Lancell. Lib. II. not. 162. edit. Thomaſ. erzehlet aus denen Actis Anglicanis, daß der Graff von Nottingham den Jeſuiten Gamet vor dem Parlament gefraget: Wenn jemand bey ihm beichtete, er wolte den folgenden Tag den Koͤnig mit ei- nem Dolch erſtechen, ob er ein ſolches verſchwiegen halten wolte? Dieſer haͤtte mit ja! darauf geantwortet. Ein glei- ches haͤtte der Jeſuit Binet gegen Caſaubonum gemeldet, und ge- ſprochen: Es waͤre beſſer, daß alle Koͤnige umkaͤmen, als daß man das Siegel der Beichte nur einmahl breche. Ein anderer Jeſuit hat vorgegeben: Wenn unſer Heyland JE- ſus CHriſtus noch auf Erden herum gienge, und dem To- de unterworffen waͤre, und es kaͤme einer, der da beich- tete, daß er ihn umbringen wolte, ſo wolte er eher geſche- hen laſſen, daß Chriſtus maſſacriret wuͤrde, als daß er die Beichte verriethe. Dieſerwegen tragen dieſe Herren kein Be- dencken zu ſagen, man duͤrffte nichts aus der Beichte plaudern, wenn gleich der gantzen Welt Wohlfahrt daran hienge, daß die Sach an den Tag kaͤme. Man muͤſte verſchwiegen ſeyn, wenn man gleich das groͤſte Ungluͤck verhuͤten, und ſeinen unſchuldi- gen retten koͤnnte. Das Siegel der Beichte muͤſte feſte ſtehen, wenn auch die Welt in Truͤmmern gehen, die Religion umge- kehret, und alle Sacramente zu nichte werden ſollten. Bey ſol- chen verzweiffelten Saͤtzen, muß ein ehrliches Gemuͤthe billig er- ſtaunen. Die Proteſtirende haben darum ſolche billig von ſich verbannet. b) Beyer ſ ſ 2
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Geheimhaltung der Beichte.
borgen und verwahret. Darum abſolviren ſie auch die
Leute/ wenn ſie gleich beichten/ daß ſie dieſen oder jenen
Vorſatz zu ſuͤndigen fuͤhrten a). Auf dieſe Art geſchiehet
es zum oͤfftern/ daß die Pflicht gegen GOtt/ die Liebe des
Naͤchſten/ ja des gantzen gemeinen Weſens Wohlfahrt/ und
der
a) Und zwar nicht zu dieſem Ende, daß ſie von dem uͤblen ſuͤndi-
gen Vorſatz abſtuͤnden. Sie koͤnnen darinnen fortfahren und
ſolchen ausfuͤhren. Die Suͤnde iſt ihnen vergeben, und alſo
gereichte ſie der Seele zu keinem Nachtheil. Der ſeel. Ziegler
in not. ad Lancell. Lib. II. not. 162. edit. Thomaſ. erzehlet aus denen
Actis Anglicanis, daß der Graff von Nottingham den Jeſuiten
Gamet vor dem Parlament gefraget: Wenn jemand bey ihm
beichtete, er wolte den folgenden Tag den Koͤnig mit ei-
nem Dolch erſtechen, ob er ein ſolches verſchwiegen halten
wolte? Dieſer haͤtte mit ja! darauf geantwortet. Ein glei-
ches haͤtte der Jeſuit Binet gegen Caſaubonum gemeldet, und ge-
ſprochen: Es waͤre beſſer, daß alle Koͤnige umkaͤmen, als
daß man das Siegel der Beichte nur einmahl breche. Ein
anderer Jeſuit hat vorgegeben: Wenn unſer Heyland JE-
ſus CHriſtus noch auf Erden herum gienge, und dem To-
de unterworffen waͤre, und es kaͤme einer, der da beich-
tete, daß er ihn umbringen wolte, ſo wolte er eher geſche-
hen laſſen, daß Chriſtus maſſacriret wuͤrde, als daß er die
Beichte verriethe. Dieſerwegen tragen dieſe Herren kein Be-
dencken zu ſagen, man duͤrffte nichts aus der Beichte plaudern,
wenn gleich der gantzen Welt Wohlfahrt daran hienge, daß die
Sach an den Tag kaͤme. Man muͤſte verſchwiegen ſeyn, wenn
man gleich das groͤſte Ungluͤck verhuͤten, und ſeinen unſchuldi-
gen retten koͤnnte. Das Siegel der Beichte muͤſte feſte ſtehen,
wenn auch die Welt in Truͤmmern gehen, die Religion umge-
kehret, und alle Sacramente zu nichte werden ſollten. Bey ſol-
chen verzweiffelten Saͤtzen, muß ein ehrliches Gemuͤthe billig er-
ſtaunen. Die Proteſtirende haben darum ſolche billig von ſich
verbannet.
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