Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.II. Abth. II. Cap. Wenn und wie offt soll uns darum frey gelassen werden/ ohne Beichte dashimmlische Gnaden-Mahl zu geniessen/ weil die Beichte in der Bibel nicht geboten noch angerathen worden/ die er- sten Christen solche nicht gebraucht/ und dieselbe erst in dem XIII. Sec. zur vollkommenen Reiffe gediehen. Also kan man solche vor nichts anders als eine Ceremonie an- sehen/ die noch dazu vielem Mißbrauch unterworffen d). §. VII. ne Beichte zum Abendmahl zu gehen.da es also heisset: Jch rathe, wie auch Joh. Gerson etliche mahl gerathen hat, daß einer zuweilen das hochwürdige Sacrament empfangen und nehmen soll, ohne Beicht. Wiltu wissen warum? So höre, auf daß der Mensch desto mehr auf GOttes Barmhertzigkeit, dann auf seine Beicht sein Vertrauen lerne setzen, dann es mag nichts genug ge- schehen wieder das vermaledeyte Vertrauen auf unssere Wercke, diß ist GOttes Ehre gantz, wann wir auf seine Barmhertzigkeit unser Vertrauen setzen. Jedoch so will ich nicht, daß diß allezeit geschehe, sondern nur zuwei- len, damit das Vertrauen zu GOtt möge befestiget, hinge- gen das Vertrauen auf unsere Beicht möge verringert wer- den, dann der ist schwerlich ohne Sünd und Laster, der mehr sicher zum Altar gehet, darum, daß er gebeichtet hat, als daß GOtt barmhertzig ist etc. d) Die Beichte ist
ein Mittel- Ding, und muß das Gewissen nicht bestricken.Jch setze die Worte des seel. Speners, aus seiner Evangel. Glaubens-Lehre pag. 512. hieher. Wir haben aber dabey zu mercken, daß solche absonderliche Beicht, daß einer, son- derlich der zum Tisch des HErrn gehen wolle, seine Sün- den einem Prediger beichten müsse, kein göttlich Gebot, noch in der Schrifft befohlen ist, wie sie auch einige hundert Jah- re in der ersten Christlichen Kirchen nicht im Gebrauch gewesen ist; sondern sie ist ein freyes Mittelding, und wir nicht anders an dieselbige gebunden als an andere mensch- liche Ordnungen auch, die doch das Gewissen nicht be- stricken müssen, sondern allein wegen guter Ordnung, und wegen des Nutzens, der dabey gefunden wird, behalten werden. etc. a) Jch II. Abth. II. Cap. Wenn und wie offt ſoll uns darum frey gelaſſen werden/ ohne Beichte dashimmliſche Gnaden-Mahl zu genieſſen/ weil die Beichte in der Bibel nicht geboten noch angerathen worden/ die er- ſten Chriſten ſolche nicht gebraucht/ und dieſelbe erſt in dem XIII. Sec. zur vollkommenen Reiffe gediehen. Alſo kan man ſolche vor nichts anders als eine Ceremonie an- ſehen/ die noch dazu vielem Mißbrauch unterworffen d). §. VII. ne Beichte zum Abendmahl zu gehen.da es alſo heiſſet: Jch rathe, wie auch Joh. Gerſon etliche mahl gerathen hat, daß einer zuweilen das hochwuͤrdige Sacrament empfangen und nehmen ſoll, ohne Beicht. Wiltu wiſſen warum? So hoͤre, auf daß der Menſch deſto mehr auf GOttes Barmhertzigkeit, dann auf ſeine Beicht ſein Vertrauen lerne ſetzen, dann es mag nichts genug ge- ſchehen wieder das vermaledeyte Vertrauen auf unſſere Wercke, diß iſt GOttes Ehre gantz, wann wir auf ſeine Barmhertzigkeit unſer Vertrauen ſetzen. Jedoch ſo will ich nicht, daß diß allezeit geſchehe, ſondern nur zuwei- len, damit das Vertrauen zu GOtt moͤge befeſtiget, hinge- gen das Vertrauen auf unſere Beicht moͤge verringert wer- den, dann der iſt ſchwerlich ohne Suͤnd und Laſter, der mehr ſicher zum Altar gehet, darum, daß er gebeichtet hat, als daß GOtt barmhertzig iſt ꝛc. d) Die Beichte iſt
ein Mittel- Ding, und muß das Gewiſſen nicht beſtricken.Jch ſetze die Worte des ſeel. Speners, aus ſeiner Evangel. Glaubens-Lehre pag. 512. hieher. Wir haben aber dabey zu mercken, daß ſolche abſonderliche Beicht, daß einer, ſon- derlich der zum Tiſch des HErrn gehen wolle, ſeine Suͤn- den einem Prediger beichten muͤſſe, kein goͤttlich Gebot, noch in der Schrifft befohlen iſt, wie ſie auch einige hundert Jah- re in der erſten Chriſtlichen Kirchen nicht im Gebrauch geweſen iſt; ſondern ſie iſt ein freyes Mittelding, und wir nicht anders an dieſelbige gebunden als an andere menſch- liche Ordnungen auch, die doch das Gewiſſen nicht be- ſtricken muͤſſen, ſondern allein wegen guter Ordnung, und wegen des Nutzens, der dabey gefunden wird, behalten werden. ꝛc. a) Jch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0249" n="230"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Abth. <hi rendition="#aq">II.</hi> Cap. Wenn und wie offt</hi></fw><lb/> ſoll uns darum frey gelaſſen werden/ ohne Beichte das<lb/> himmliſche Gnaden-Mahl zu genieſſen/ weil die Beichte<lb/> in der Bibel nicht geboten noch angerathen worden/ die er-<lb/> ſten Chriſten ſolche nicht gebraucht/ und dieſelbe erſt in<lb/> dem <hi rendition="#aq">XIII. Sec.</hi> zur vollkommenen Reiffe gediehen. Alſo<lb/> kan man ſolche vor nichts anders als eine Ceremonie an-<lb/> ſehen/ die noch dazu vielem Mißbrauch unterworffen <note place="foot" n="d)"><note place="left">Die Beichte iſt<lb/> ein Mittel-<lb/> Ding, und muß<lb/> das Gewiſſen<lb/> nicht beſtricken.</note>Jch ſetze die Worte des ſeel. Speners, aus ſeiner <hi rendition="#fr">Evangel.<lb/> Glaubens-Lehre</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">pag. 512.</hi></hi> hieher. <hi rendition="#fr">Wir haben aber dabey<lb/> zu mercken, daß ſolche abſonderliche Beicht, daß einer, ſon-<lb/> derlich der zum Tiſch des HErrn gehen wolle, ſeine Suͤn-<lb/> den einem Prediger beichten muͤſſe, kein goͤttlich Gebot, noch<lb/> in der Schrifft befohlen iſt, wie ſie auch einige hundert Jah-<lb/> re in der erſten Chriſtlichen Kirchen nicht im Gebrauch<lb/> geweſen iſt; ſondern ſie iſt ein freyes Mittelding, und wir<lb/> nicht anders an dieſelbige gebunden als an andere menſch-<lb/> liche Ordnungen auch, die doch das Gewiſſen nicht be-<lb/> ſtricken muͤſſen, ſondern allein wegen guter Ordnung, und<lb/> wegen des Nutzens, der dabey gefunden wird, behalten<lb/> werden. ꝛc.</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">a)</hi> Jch</fw></note>.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">§. <hi rendition="#aq">VII.</hi></fw><lb/> <p> <note xml:id="h29" prev="#h28" place="foot" n="(c)"><note place="left">ne Beichte zum<lb/> Abendmahl zu<lb/> gehen.</note>da es alſo heiſſet: <hi rendition="#fr">Jch rathe, wie auch Joh. Gerſon etliche<lb/> mahl gerathen hat, daß einer zuweilen das hochwuͤrdige<lb/> Sacrament empfangen und nehmen ſoll, ohne Beicht.<lb/> Wiltu wiſſen warum? So hoͤre, auf daß der Menſch deſto<lb/> mehr auf GOttes Barmhertzigkeit, dann auf ſeine Beicht<lb/> ſein Vertrauen lerne ſetzen, dann es mag nichts genug ge-<lb/> ſchehen wieder das vermaledeyte Vertrauen auf unſſere<lb/> Wercke, diß iſt GOttes Ehre gantz, wann wir auf<lb/> ſeine Barmhertzigkeit unſer Vertrauen ſetzen. Jedoch ſo<lb/> will ich nicht, daß diß allezeit geſchehe, ſondern nur zuwei-<lb/> len, damit das Vertrauen zu GOtt moͤge befeſtiget, hinge-<lb/> gen das Vertrauen auf unſere Beicht moͤge verringert wer-<lb/> den, dann der iſt ſchwerlich ohne Suͤnd und Laſter, der<lb/> mehr ſicher zum Altar gehet, darum, daß er gebeichtet hat,<lb/> als daß GOtt barmhertzig iſt ꝛc.</hi></note> </p> </div><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [230/0249]
II. Abth. II. Cap. Wenn und wie offt
ſoll uns darum frey gelaſſen werden/ ohne Beichte das
himmliſche Gnaden-Mahl zu genieſſen/ weil die Beichte
in der Bibel nicht geboten noch angerathen worden/ die er-
ſten Chriſten ſolche nicht gebraucht/ und dieſelbe erſt in
dem XIII. Sec. zur vollkommenen Reiffe gediehen. Alſo
kan man ſolche vor nichts anders als eine Ceremonie an-
ſehen/ die noch dazu vielem Mißbrauch unterworffen d).
§. VII.
(c)
d) Jch ſetze die Worte des ſeel. Speners, aus ſeiner Evangel.
Glaubens-Lehre pag. 512. hieher. Wir haben aber dabey
zu mercken, daß ſolche abſonderliche Beicht, daß einer, ſon-
derlich der zum Tiſch des HErrn gehen wolle, ſeine Suͤn-
den einem Prediger beichten muͤſſe, kein goͤttlich Gebot, noch
in der Schrifft befohlen iſt, wie ſie auch einige hundert Jah-
re in der erſten Chriſtlichen Kirchen nicht im Gebrauch
geweſen iſt; ſondern ſie iſt ein freyes Mittelding, und wir
nicht anders an dieſelbige gebunden als an andere menſch-
liche Ordnungen auch, die doch das Gewiſſen nicht be-
ſtricken muͤſſen, ſondern allein wegen guter Ordnung, und
wegen des Nutzens, der dabey gefunden wird, behalten
werden. ꝛc.
a) Jch
(c) da es alſo heiſſet: Jch rathe, wie auch Joh. Gerſon etliche
mahl gerathen hat, daß einer zuweilen das hochwuͤrdige
Sacrament empfangen und nehmen ſoll, ohne Beicht.
Wiltu wiſſen warum? So hoͤre, auf daß der Menſch deſto
mehr auf GOttes Barmhertzigkeit, dann auf ſeine Beicht
ſein Vertrauen lerne ſetzen, dann es mag nichts genug ge-
ſchehen wieder das vermaledeyte Vertrauen auf unſſere
Wercke, diß iſt GOttes Ehre gantz, wann wir auf
ſeine Barmhertzigkeit unſer Vertrauen ſetzen. Jedoch ſo
will ich nicht, daß diß allezeit geſchehe, ſondern nur zuwei-
len, damit das Vertrauen zu GOtt moͤge befeſtiget, hinge-
gen das Vertrauen auf unſere Beicht moͤge verringert wer-
den, dann der iſt ſchwerlich ohne Suͤnd und Laſter, der
mehr ſicher zum Altar gehet, darum, daß er gebeichtet hat,
als daß GOtt barmhertzig iſt ꝛc.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |