Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

eines gewissen Beicht-Vaters.
ter erwehlete. Sie würden nicht alleine auf das alte
Beicht-Kind nicht unwillig werden/ sondern auch dem neu-
en Beicht-Vater nichts in den Weg legen. Weil aber dieses
von denen wenigsten geschiehet/ so lehret freylich die Erfah-
rung/ daß man so wohl das Beicht-Kind als den neuen
Beicht-Vater anfeindet. Man suchet beyde auf allerhand
Art durch die Hechel zu ziehen/ und wütet in sein eigen Ein-
geweyde. Man ersinnet allerley Finten/ die Veränderung
zu hintertreiben. Sie meinen/ es müste bey demjenigen/
was einmahl hergebracht ist/ auch fernerweit sein Bewen-
den haben. Wenn sich nun solche Umstände ereignen/ daß
ein Beicht-Kind dem Beicht-Vater hinterbringet/ wie es
um dieser oder jener Ursache willen fernerweit nicht bey
ihm beichten/ sondern den oder jenen zum Beicht-Vater
annehmen wolte/ und der Pfarrer will solches nicht zuge-
ben/ so muß man freylich die Sache an höhere Orte gelan-
gen lassen. Man wende sich also an das Consistorium, und
zeige demselben seine Ursachen an/ die solche Veränderung
veranlasset b). Bringet man nun eine von denen bißher ge-
meldeten bey/ so ist dasselbe der Billigkeit nach verbunden/

in
b) So fähret der seel. Spener am angeführtem Orte fort: WeilnWenn der
Ausspruch des
Consistorii
bey Verände-
rung des Beicht
Vaters nöthig
ist.

aber an meisten Orten die Verbindung des Beicht-Kindes
an den Beicht-Vater
legis instar est, so hat an solchem Ort die
obgedachte Freyheit, es geschehe denn aus aller einmüthiger
Einwilligung, nicht Platz, sondern es wird, wie auch, da die
Sache als eine
constitutio ecclesiastica angesehen wird, nicht un-
billig ist, darüber zu erkennen, vor das
forum ecclesiasticum
gezogen. Allein wenn die Geistlichkeit freywillig von dem Zwang-
Recht abstünde, wie es denn absonderlich, wo in einem Kirch-Spiel
verschiedene Priester sind, nach der Billigkeit seyn solte, so hätte
man nicht nöthig, die Sache vor das Consistorium zu bringen, und
wohl gar darüber zu processiren.
a) Sie
d d 3

eines gewiſſen Beicht-Vaters.
ter erwehlete. Sie wuͤrden nicht alleine auf das alte
Beicht-Kind nicht unwillig werden/ ſondern auch dem neu-
en Beicht-Vater nichts in den Weg legen. Weil aber dieſes
von denen wenigſten geſchiehet/ ſo lehret freylich die Erfah-
rung/ daß man ſo wohl das Beicht-Kind als den neuen
Beicht-Vater anfeindet. Man ſuchet beyde auf allerhand
Art durch die Hechel zu ziehen/ und wuͤtet in ſein eigen Ein-
geweyde. Man erſinnet allerley Finten/ die Veraͤnderung
zu hintertreiben. Sie meinen/ es muͤſte bey demjenigen/
was einmahl hergebracht iſt/ auch fernerweit ſein Bewen-
den haben. Wenn ſich nun ſolche Umſtaͤnde ereignen/ daß
ein Beicht-Kind dem Beicht-Vater hinterbringet/ wie es
um dieſer oder jener Urſache willen fernerweit nicht bey
ihm beichten/ ſondern den oder jenen zum Beicht-Vater
annehmen wolte/ und der Pfarrer will ſolches nicht zuge-
ben/ ſo muß man freylich die Sache an hoͤhere Orte gelan-
gen laſſen. Man wende ſich alſo an das Conſiſtorium, und
zeige demſelben ſeine Urſachen an/ die ſolche Veraͤnderung
veranlaſſet b). Bringet man nun eine von denen bißher ge-
meldeten bey/ ſo iſt daſſelbe der Billigkeit nach verbunden/

in
b) So faͤhret der ſeel. Spener am angefuͤhrtem Orte fort: WeilnWenn der
Ausſpruch des
Conſiſtorii
bey Veraͤnde-
rung des Beicht
Vaters noͤthig
iſt.

aber an meiſten Orten die Verbindung des Beicht-Kindes
an den Beicht-Vater
legis inſtar eſt, ſo hat an ſolchem Ort die
obgedachte Freyheit, es geſchehe denn aus aller einmuͤthiger
Einwilligung, nicht Platz, ſondern es wird, wie auch, da die
Sache als eine
conſtitutio eccleſiaſtica angeſehen wird, nicht un-
billig iſt, daruͤber zu erkennen, vor das
forum eccleſiaſticum
gezogen. Allein wenn die Geiſtlichkeit freywillig von dem Zwang-
Recht abſtuͤnde, wie es denn abſonderlich, wo in einem Kirch-Spiel
verſchiedene Prieſter ſind, nach der Billigkeit ſeyn ſolte, ſo haͤtte
man nicht noͤthig, die Sache vor das Conſiſtorium zu bringen, und
wohl gar daruͤber zu proceſſiren.
a) Sie
d d 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0232" n="213"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">eines gewi&#x017F;&#x017F;en Beicht-Vaters.</hi></fw><lb/>
ter erwehlete. Sie wu&#x0364;rden nicht alleine auf das alte<lb/>
Beicht-Kind nicht unwillig werden/ &#x017F;ondern auch dem neu-<lb/>
en Beicht-Vater nichts in den Weg legen. Weil aber die&#x017F;es<lb/>
von denen wenig&#x017F;ten ge&#x017F;chiehet/ &#x017F;o lehret freylich die Erfah-<lb/>
rung/ daß man &#x017F;o wohl das Beicht-Kind als den neuen<lb/>
Beicht-Vater anfeindet. Man &#x017F;uchet beyde auf allerhand<lb/>
Art durch die Hechel zu ziehen/ und wu&#x0364;tet in &#x017F;ein eigen Ein-<lb/>
geweyde. Man er&#x017F;innet allerley Finten/ die Vera&#x0364;nderung<lb/>
zu hintertreiben. Sie meinen/ es mu&#x0364;&#x017F;te bey demjenigen/<lb/>
was einmahl <hi rendition="#fr">hergebracht</hi> i&#x017F;t/ auch fernerweit &#x017F;ein Bewen-<lb/>
den haben. Wenn &#x017F;ich nun &#x017F;olche Um&#x017F;ta&#x0364;nde ereignen/ daß<lb/>
ein Beicht-Kind dem Beicht-Vater hinterbringet/ wie es<lb/>
um die&#x017F;er oder jener Ur&#x017F;ache willen fernerweit nicht bey<lb/>
ihm beichten/ &#x017F;ondern den oder jenen zum Beicht-Vater<lb/>
annehmen wolte/ und der Pfarrer will &#x017F;olches nicht zuge-<lb/>
ben/ &#x017F;o muß man freylich die Sache an ho&#x0364;here Orte gelan-<lb/>
gen la&#x017F;&#x017F;en. Man wende &#x017F;ich al&#x017F;o an das <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Con&#x017F;i&#x017F;torium,</hi></hi> und<lb/>
zeige dem&#x017F;elben &#x017F;eine Ur&#x017F;achen an/ die &#x017F;olche Vera&#x0364;nderung<lb/>
veranla&#x017F;&#x017F;et <note place="foot" n="b)">So fa&#x0364;hret der &#x017F;eel. Spener am angefu&#x0364;hrtem Orte fort: <hi rendition="#fr">Weiln</hi><note place="right">Wenn der<lb/>
Aus&#x017F;pruch des<lb/><hi rendition="#aq">Con&#x017F;i&#x017F;torii</hi><lb/>
bey Vera&#x0364;nde-<lb/>
rung des Beicht<lb/>
Vaters no&#x0364;thig<lb/>
i&#x017F;t.</note><lb/><hi rendition="#fr">aber an mei&#x017F;ten Orten die Verbindung des Beicht-Kindes<lb/>
an den Beicht-Vater</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">legis in&#x017F;tar e&#x017F;t,</hi></hi> <hi rendition="#fr">&#x017F;o hat an &#x017F;olchem Ort die<lb/>
obgedachte Freyheit, es ge&#x017F;chehe denn aus aller einmu&#x0364;thiger<lb/>
Einwilligung, nicht Platz, &#x017F;ondern es wird, wie auch, da die<lb/>
Sache als eine</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">con&#x017F;titutio eccle&#x017F;ia&#x017F;tica</hi></hi> <hi rendition="#fr">ange&#x017F;ehen wird, nicht un-<lb/>
billig i&#x017F;t, daru&#x0364;ber zu erkennen, vor das</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">forum eccle&#x017F;ia&#x017F;ticum</hi></hi><lb/><hi rendition="#fr">gezogen.</hi> Allein wenn die Gei&#x017F;tlichkeit freywillig von dem Zwang-<lb/>
Recht ab&#x017F;tu&#x0364;nde, wie es denn ab&#x017F;onderlich, wo in einem Kirch-Spiel<lb/>
ver&#x017F;chiedene Prie&#x017F;ter &#x017F;ind, nach der Billigkeit &#x017F;eyn &#x017F;olte, &#x017F;o ha&#x0364;tte<lb/>
man nicht no&#x0364;thig, die Sache vor das <hi rendition="#aq">Con&#x017F;i&#x017F;torium</hi> zu bringen, und<lb/>
wohl gar daru&#x0364;ber zu <hi rendition="#aq">proce&#x017F;&#x017F;i</hi>ren.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">a)</hi> Sie</fw></note>. Bringet man nun eine von denen bißher ge-<lb/>
meldeten bey/ &#x017F;o i&#x017F;t da&#x017F;&#x017F;elbe der Billigkeit nach verbunden/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">in</fw><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">d d 3</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[213/0232] eines gewiſſen Beicht-Vaters. ter erwehlete. Sie wuͤrden nicht alleine auf das alte Beicht-Kind nicht unwillig werden/ ſondern auch dem neu- en Beicht-Vater nichts in den Weg legen. Weil aber dieſes von denen wenigſten geſchiehet/ ſo lehret freylich die Erfah- rung/ daß man ſo wohl das Beicht-Kind als den neuen Beicht-Vater anfeindet. Man ſuchet beyde auf allerhand Art durch die Hechel zu ziehen/ und wuͤtet in ſein eigen Ein- geweyde. Man erſinnet allerley Finten/ die Veraͤnderung zu hintertreiben. Sie meinen/ es muͤſte bey demjenigen/ was einmahl hergebracht iſt/ auch fernerweit ſein Bewen- den haben. Wenn ſich nun ſolche Umſtaͤnde ereignen/ daß ein Beicht-Kind dem Beicht-Vater hinterbringet/ wie es um dieſer oder jener Urſache willen fernerweit nicht bey ihm beichten/ ſondern den oder jenen zum Beicht-Vater annehmen wolte/ und der Pfarrer will ſolches nicht zuge- ben/ ſo muß man freylich die Sache an hoͤhere Orte gelan- gen laſſen. Man wende ſich alſo an das Conſiſtorium, und zeige demſelben ſeine Urſachen an/ die ſolche Veraͤnderung veranlaſſet b). Bringet man nun eine von denen bißher ge- meldeten bey/ ſo iſt daſſelbe der Billigkeit nach verbunden/ in b) So faͤhret der ſeel. Spener am angefuͤhrtem Orte fort: Weiln aber an meiſten Orten die Verbindung des Beicht-Kindes an den Beicht-Vater legis inſtar eſt, ſo hat an ſolchem Ort die obgedachte Freyheit, es geſchehe denn aus aller einmuͤthiger Einwilligung, nicht Platz, ſondern es wird, wie auch, da die Sache als eine conſtitutio eccleſiaſtica angeſehen wird, nicht un- billig iſt, daruͤber zu erkennen, vor das forum eccleſiaſticum gezogen. Allein wenn die Geiſtlichkeit freywillig von dem Zwang- Recht abſtuͤnde, wie es denn abſonderlich, wo in einem Kirch-Spiel verſchiedene Prieſter ſind, nach der Billigkeit ſeyn ſolte, ſo haͤtte man nicht noͤthig, die Sache vor das Conſiſtorium zu bringen, und wohl gar daruͤber zu proceſſiren. a) Sie d d 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/232
Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/232>, abgerufen am 26.11.2024.