Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Abth. I. Cap. Von Erwehlung
logi gewünschet b). Allein unsere Kirche befindet sich in ei-
nem solchen Zustand/ daß man alles nach dem Interesse abzu-
messen pfleget c). Man machet sich eine gloire daraus/ wenn

man
b) Ein ander Ur-
theil dieses
Mannes.
Jch beruffe mich abermahls auf diesen Theologum. Es lauten a-
ber feine Worte cit. l. vol. vlt. pag. 425. folgender massen: Jns-
gemein wünsche ich in der Sache eine mehrere Freyheit in der
Wahl, und auch gewisser Maaß in der Aenderung des Beicht-
Vaters, aus der Ursache, weil das mehrere oder wenigere Ver-
trauen gegen den Beicht-Vater ein grosses thut zu mehrer
oder weniger Frucht der Erbauung von dem Dienst desselben.
Daher ich nicht in Abrede bin, wo ich die Sachen einzurichten
hätte, daß ich eine ziemliche Freyheit gestatten würde, den
Beicht-Vater zu ändern, wo man entweder vorigen mit zu
vielen Geschäfften beladen siehet, oder durch eines
Collegen
Gaben sich kräfftiger gerühret befindet, welches sonderlich
bey neuen Ersetzungen Platz hat, oder da eine andere redli-
che Ursache wäre. Wie wir in Franckfurt am Mayn solcher
Freyheit uns nicht wiedersetzten, wie daher unterschiedliche,
die nach wie vor gute Freunde blieben, meiner Arbeit zu scho-
nen, in Liebe von mir abgetreten, andere hingegen, sich zu
mir gewandt, ohne einigen daher entstandenen Mißverstand,
welcher immer frey bleibet,
excepto solo casu ob fugam disciplinae.
Daher der neue Beicht-Vater von dem vorigen nichts an-
ders zu fragen hätte, als ob es aus Verdruß seiner Amts-
Treue geschehen wäre, da mans nicht bloß hingehen liesse,
sondern vor den
conuentum brächte. Mit solcher Ausnahme
will ich auch die Freyheit, die ich wünschete, verstanden haben,
daß nehmlich keiner einen, der den
Collegen verliesse, weil er
sein Straff-Amt an ihm verrichtet hatte, vor sich anzuneh-
men befugt wäre.
c) Ubel so aus
em Hochmuth
und Geitz ent-
stehen.
Hochmuth und Geitz sind diejenigen Laster, welche der Wohl-
fahrt der Kirchen gar sehr hinderlich sind. Jch will jetzo nichts
gedencken, daß fast alle Streitigkeiten in der Kirche aus einer
unzeitigen Ehrbegierde entstanden. Jch könte solches mit vie-
len Exempeln aus denen Kirchen-Geschichten darthun, wenn es
hieher

II. Abth. I. Cap. Von Erwehlung
logi gewuͤnſchet b). Allein unſere Kirche befindet ſich in ei-
nem ſolchen Zuſtand/ daß man alles nach dem Intereſſe abzu-
meſſen pfleget c). Man machet ſich eine gloire daraus/ wenn

man
b) Ein ander Ur-
theil dieſes
Mannes.
Jch beruffe mich abermahls auf dieſen Theologum. Es lauten a-
ber feine Worte cit. l. vol. vlt. pag. 425. folgender maſſen: Jns-
gemein wuͤnſche ich in der Sache eine mehrere Freyheit in der
Wahl, und auch gewiſſer Maaß in deꝛ Aenderung des Beicht-
Vaters, aus der Urſache, weil das mehrere oder wenigere Veꝛ-
trauen gegen den Beicht-Vater ein groſſes thut zu mehrer
oder weniger Frucht der Erbauung von dem Dienſt deſſelben.
Daher ich nicht in Abrede bin, wo ich die Sachen einzurichten
haͤtte, daß ich eine ziemliche Freyheit geſtatten wuͤrde, den
Beicht-Vater zu aͤndern, wo man entweder vorigen mit zu
vielen Geſchaͤfften beladen ſiehet, oder durch eines
Collegen
Gaben ſich kraͤfftiger geruͤhret befindet, welches ſonderlich
bey neuen Erſetzungen Platz hat, oder da eine andere redli-
che Urſache waͤre. Wie wir in Franckfurt am Mayn ſolcher
Freyheit uns nicht wiederſetzten, wie daher unterſchiedliche,
die nach wie vor gute Freunde blieben, meiner Arbeit zu ſcho-
nen, in Liebe von mir abgetreten, andere hingegen, ſich zu
mir gewandt, ohne einigen daher entſtandenẽ Mißverſtand,
welcher immer frey bleibet,
excepto ſolo caſu ob fugam diſciplinæ.
Daher der neue Beicht-Vater von dem vorigen nichts an-
ders zu fragen haͤtte, als ob es aus Verdruß ſeiner Amts-
Treue geſchehen waͤre, da mans nicht bloß hingehen lieſſe,
ſondern vor den
conuentum braͤchte. Mit ſolcher Ausnahme
will ich auch die Freyheit, die ich wuͤnſchete, verſtanden haben,
daß nehmlich keiner einen, der den
Collegen verlieſſe, weil er
ſein Straff-Amt an ihm verrichtet hatte, vor ſich anzuneh-
men befugt waͤre.
c) Ubel ſo aus
em Hochmuth
und Geitz ent-
ſtehen.
Hochmuth und Geitz ſind diejenigen Laſter, welche der Wohl-
fahrt der Kirchen gar ſehr hinderlich ſind. Jch will jetzo nichts
gedencken, daß faſt alle Streitigkeiten in der Kirche aus einer
unzeitigen Ehrbegierde entſtanden. Jch koͤnte ſolches mit vie-
len Exempeln aus denen Kirchen-Geſchichten darthun, wenn es
hieher
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0229" n="210"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Abth. <hi rendition="#aq">I.</hi> Cap. Von Erwehlung</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">logi</hi> gewu&#x0364;n&#x017F;chet <note place="foot" n="b)"><note place="left">Ein ander Ur-<lb/>
theil die&#x017F;es<lb/>
Mannes.</note>Jch beruffe mich abermahls auf die&#x017F;en <hi rendition="#aq">Theologum.</hi> Es lauten a-<lb/>
ber feine Worte <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">cit. l. vol. vlt. pag. 425.</hi></hi> folgender ma&#x017F;&#x017F;en: <hi rendition="#fr">Jns-<lb/>
gemein wu&#x0364;n&#x017F;che ich in der Sache eine mehrere Freyheit in der<lb/>
Wahl, und auch gewi&#x017F;&#x017F;er Maaß in de&#xA75B; Aenderung des Beicht-<lb/>
Vaters, aus der Ur&#x017F;ache, weil das mehrere oder wenigere Ve&#xA75B;-<lb/>
trauen gegen den Beicht-Vater ein gro&#x017F;&#x017F;es thut zu mehrer<lb/>
oder weniger Frucht der Erbauung von dem Dien&#x017F;t de&#x017F;&#x017F;elben.<lb/>
Daher ich nicht in Abrede bin, wo ich die Sachen einzurichten<lb/>
ha&#x0364;tte, daß ich eine ziemliche Freyheit ge&#x017F;tatten wu&#x0364;rde, den<lb/>
Beicht-Vater zu a&#x0364;ndern, wo man entweder vorigen mit zu<lb/>
vielen Ge&#x017F;cha&#x0364;fften beladen &#x017F;iehet, oder durch eines</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Collegen</hi></hi><lb/><hi rendition="#fr">Gaben &#x017F;ich kra&#x0364;fftiger geru&#x0364;hret befindet, welches &#x017F;onderlich<lb/>
bey neuen Er&#x017F;etzungen Platz hat, oder da eine andere redli-<lb/>
che Ur&#x017F;ache wa&#x0364;re. Wie wir in Franckfurt am Mayn &#x017F;olcher<lb/>
Freyheit uns nicht wieder&#x017F;etzten, wie daher unter&#x017F;chiedliche,<lb/>
die nach wie vor gute Freunde blieben, meiner Arbeit zu &#x017F;cho-<lb/>
nen, in Liebe von mir abgetreten, andere hingegen, &#x017F;ich zu<lb/>
mir gewandt, ohne einigen daher ent&#x017F;tandene&#x0303; Mißver&#x017F;tand,<lb/>
welcher immer frey bleibet,</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">excepto &#x017F;olo ca&#x017F;u ob fugam di&#x017F;ciplinæ.</hi></hi><lb/><hi rendition="#fr">Daher der neue Beicht-Vater von dem vorigen nichts an-<lb/>
ders zu fragen ha&#x0364;tte, als ob es aus Verdruß &#x017F;einer Amts-<lb/>
Treue ge&#x017F;chehen wa&#x0364;re, da mans nicht bloß hingehen lie&#x017F;&#x017F;e,<lb/>
&#x017F;ondern vor den</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">conuentum</hi></hi> <hi rendition="#fr">bra&#x0364;chte. Mit &#x017F;olcher Ausnahme<lb/>
will ich auch die Freyheit, die ich wu&#x0364;n&#x017F;chete, ver&#x017F;tanden haben,<lb/>
daß nehmlich keiner einen, der den</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Collegen</hi></hi> <hi rendition="#fr">verlie&#x017F;&#x017F;e, weil er<lb/>
&#x017F;ein Straff-Amt an ihm verrichtet hatte, vor &#x017F;ich anzuneh-<lb/>
men befugt wa&#x0364;re.</hi></note>. Allein un&#x017F;ere Kirche befindet &#x017F;ich in ei-<lb/>
nem &#x017F;olchen Zu&#x017F;tand/ daß man alles nach dem <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Intere&#x017F;&#x017F;e</hi></hi> abzu-<lb/>
me&#x017F;&#x017F;en pfleget <note xml:id="h12" next="#h13" place="foot" n="c)"><note place="left">Ubel &#x017F;o aus<lb/>
em Hochmuth<lb/>
und Geitz ent-<lb/>
&#x017F;tehen.</note>Hochmuth und Geitz &#x017F;ind diejenigen La&#x017F;ter, welche der Wohl-<lb/>
fahrt der Kirchen gar &#x017F;ehr hinderlich &#x017F;ind. Jch will jetzo nichts<lb/>
gedencken, daß fa&#x017F;t alle Streitigkeiten in der Kirche aus einer<lb/><hi rendition="#fr">unzeitigen Ehrbegierde</hi> ent&#x017F;tanden. Jch ko&#x0364;nte &#x017F;olches mit vie-<lb/>
len Exempeln aus denen Kirchen-Ge&#x017F;chichten darthun, wenn es<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">hieher</fw></note>. Man machet &#x017F;ich eine <hi rendition="#aq">gloire</hi> daraus/ wenn<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">man</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[210/0229] II. Abth. I. Cap. Von Erwehlung logi gewuͤnſchet b). Allein unſere Kirche befindet ſich in ei- nem ſolchen Zuſtand/ daß man alles nach dem Intereſſe abzu- meſſen pfleget c). Man machet ſich eine gloire daraus/ wenn man b) Jch beruffe mich abermahls auf dieſen Theologum. Es lauten a- ber feine Worte cit. l. vol. vlt. pag. 425. folgender maſſen: Jns- gemein wuͤnſche ich in der Sache eine mehrere Freyheit in der Wahl, und auch gewiſſer Maaß in deꝛ Aenderung des Beicht- Vaters, aus der Urſache, weil das mehrere oder wenigere Veꝛ- trauen gegen den Beicht-Vater ein groſſes thut zu mehrer oder weniger Frucht der Erbauung von dem Dienſt deſſelben. Daher ich nicht in Abrede bin, wo ich die Sachen einzurichten haͤtte, daß ich eine ziemliche Freyheit geſtatten wuͤrde, den Beicht-Vater zu aͤndern, wo man entweder vorigen mit zu vielen Geſchaͤfften beladen ſiehet, oder durch eines Collegen Gaben ſich kraͤfftiger geruͤhret befindet, welches ſonderlich bey neuen Erſetzungen Platz hat, oder da eine andere redli- che Urſache waͤre. Wie wir in Franckfurt am Mayn ſolcher Freyheit uns nicht wiederſetzten, wie daher unterſchiedliche, die nach wie vor gute Freunde blieben, meiner Arbeit zu ſcho- nen, in Liebe von mir abgetreten, andere hingegen, ſich zu mir gewandt, ohne einigen daher entſtandenẽ Mißverſtand, welcher immer frey bleibet, excepto ſolo caſu ob fugam diſciplinæ. Daher der neue Beicht-Vater von dem vorigen nichts an- ders zu fragen haͤtte, als ob es aus Verdruß ſeiner Amts- Treue geſchehen waͤre, da mans nicht bloß hingehen lieſſe, ſondern vor den conuentum braͤchte. Mit ſolcher Ausnahme will ich auch die Freyheit, die ich wuͤnſchete, verſtanden haben, daß nehmlich keiner einen, der den Collegen verlieſſe, weil er ſein Straff-Amt an ihm verrichtet hatte, vor ſich anzuneh- men befugt waͤre. c) Hochmuth und Geitz ſind diejenigen Laſter, welche der Wohl- fahrt der Kirchen gar ſehr hinderlich ſind. Jch will jetzo nichts gedencken, daß faſt alle Streitigkeiten in der Kirche aus einer unzeitigen Ehrbegierde entſtanden. Jch koͤnte ſolches mit vie- len Exempeln aus denen Kirchen-Geſchichten darthun, wenn es hieher

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/229
Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/229>, abgerufen am 24.11.2024.